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Gesundheit

Hilfreiche Übungen bei Kieferspannungen und Knirschen

Übungen Zähneknirschen Kieferbeschwerden
Mit gezielten Übungen können Sie Ihren Kiefer beweglich halten – hier das Zungenrollen Foto: Luise Walther / Collage: FITBOOK

18. April 2021, 18:15 Uhr | Lesezeit: 10 Minuten

Zähneknirschen und Kieferprobleme sind unangenehm. Die Ursachen sind vielfältig, auch Stress zählt dazu. FITBOOK erklärt, wie die Beschwerden entstehen, was dabei im Körper geschieht und mit welchen Übungen man die Beschwerden lindern können.

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Es gibt unterschiedliche Ursachen für Zähneknirschen und Kieferbeschwerden – beides lässt sich jedoch durch Übungen entgegenwirken. Zähneknirschen wird auch als Bruxismus bezeichnet und umfasst das unwillkürliche, also nicht bewusste, Aktivieren der Kaumuskulatur. Es geht mit einem Knirschen und Pressen der Zähne einher. Das kann sowohl tagsüber im wachen Zustand, als auch nachts während des Schlafes vorkommen. Dabei handelt es sich meist um harmlose Beschwerden, die nicht grundsätzlich bedenklich sind. 

Mögliche Auslöser von Zähneknirschen

Es gibt unterschiedliche Ansätze zur Behandlung von Zähneknirschen. Sie sollte immer individuell auf die entsprechende Lebenssituation angepasst werden. Wichtig ist es beispielsweise, die eigene Körperwahrnehmung zu verbessern. Vielen meiner Kund*innen hilft es, ein Gefühl dafür zu bekommen, wann sie Spannungen aufbauen, in welchen Situationen sie mit den Zähnen knirschen oder anfangen auf die Zähne zu beißen. Das bewusste Erkennen des Auslösers ist ein entscheidender Schritt zur Lösung des Problems. 

Ein weiterer Baustein sind Entspannungsübungen und Stressmanagement. Machen Sie sich bewusst, was Ihre eigenen Stressoren, beispielsweise im Job oder in der Familie, sind und gehen Sie diese aktiv an. Befindet sich der Körper durch Stress in einer erhöhten Aktivierung des Nervensystems, nimmt die Muskelspannung zu und das Zähneknirschen oder Stressbeißen wird verstärkt. Daher kann auch auf ganz zentraler Ebene über die Reduzierung des Stress die Spannung in den Muskeln vermindert werden. Gelingt dies nicht, klagen Betroffene zusätzlich oftmals auch über Störgeräusche, Tinnitus und Kopfschmerzen bis hin zur Migräne.

Körperliche Ursachen

Ursache für Zähneknirschen kann auch eine Dysfunktion des Kiefergelenkes sein, bekannt als CMD (Craniomandibuläre Dysfunktion). Hierbei kommst es zu Einschränkungen der Funktionen zwischen Schädel (Cranium) und Unterkiefer (Mandibula). Das Zusammenspiel aus Unterkiefer und Schädel erlaubt die Bewegung im Kiefergelenk. Bei Kund*innen erlebe ich häufig, dass die Bewegung im Kiefergelenk eingeschränkt ist und beispielsweise bei der Mundöffnung der letzte Teil der Bewegung nicht über das Herunterführen des Unterkiefers geschieht, sondern über das Strecken der Halswirbelsäule. Damit wird über den Oberkiefer und die Schädelbewegung das Gelenk geöffnet. Das führt dauerhaft zu einer Schutzspannung der Nackenmuskulatur. 

Durch das ständige Beißen und Knirschen kann es zudem zur Zerstörung der Zahnhartsubstanz kommen. Sowohl der Zahnschmelz als auch die Zähne können durch ständige Druck- und Reibebelastung abgetragen werden. Sogenannte Aufbissschienen können zum Schutz gegen diese Abnutzung dienen.

Auch interessant: Bruxane-Zahnschiene aus DHDL soll Zähneknirschen ein Ende machen

Okklusion – der Kontakt von Ober- und Unterkiefer

Das Kiefergelenk und die Kaumuskulatur arbeiten in enger Abstimmung. Der Kiefer lässt sich durch den Kaumuskel (Musculus masseter) und den Schläfenmuskel (Musculus temporalis) schließen. Zusätzlich gibt es zwei weitere Muskeln, die auch als Flügelmuskeln bezeichnet werden (Musculus pterygoidei medialis und lateralis). Diese beiden Muskeln erlauben das Vorschieben des Unterkiefers sowie die bei der Nahrungsaufnahme notwendige Mahlfunktion des Kiefers, um Nahrung zu zerkleinern.

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Das Aufeinanderbeißen von Ober- und Unterkiefer und die dabei erfolgende Verzahnung nennt man Okklusion. Bewegen sich Ober- und Unterkiefer, beeinflussen sie dementsprechend auch die Okklusion. Beides beeinflusst sich gegenseitig. Eine Fehlfunktion des Kiefergelenkes überträgt sich somit nicht nur auf den Biss, sondern über die Spannung in der Muskulatur auch auf den Nacken und damit Schultern und Rücken. 

Fehlerhafte Okklusion und ihre Folgen

Eine entspannte Kaumuskulatur und stabile Kiefergelenke erlauben also eine gleichmäßige Kaudruckverteilung. Man spricht hierbei auch von einem Vielpunktkontakt der Zähne. Wenn Sie bewusst leicht zusammenbeißen, werden Sie bemerken, dass es verschiedene Berührungspunkte der Zähne gibt. Kommt es hierbei zu einem Fehlkontakt, weil Zähne beispielsweise nicht ideal zueinander stehen oder das Kiefergelenk in seiner Beweglichkeit eingeschränkt ist, passt sich der Kiefer entsprechend an und verlagert die Position, um wieder eine gleichmäßigere Druckverteilung zu ermöglichen. Schon Abweichungen von wenigen Millimetern können so zu Kompensationsmustern führen, die sich in Muskelverspannungen und Schmerzsymptomen ausdrücken.

Diese Okklusionsstörungen können beispielsweise auch zu einem Beckenschiefstand oder einer Skoliose führen. Grund hierfür ist die muskuläre und fasziale Verkettung des Kiefergelenkes mit dem Iliosakralgelenk. Der Nerv, der die Kiefermuskulatur innerviert, sendet Informationen an den Hirnstamm. Dieser Hirnbereich ist unter anderem auch für die Regulierung der Schulter- und Nackenmuskulatur sowie für Atmung, Blutdruck und reflexive Spannung der Beuge- und Streckmuskulatur verantwortlich. Eine Positionsveränderung der Kiefergelenke wirkt sich somit direkt auf die Wirbelsäule und damit den ganzen Körper aus. 

Es ist also sehr wichtig, nicht nach einer Ursache zu suchen, sondern den Körper in seiner Komplexität wahrzunehmen. Das Positive daran: Verbessern Sie Ihre Kieferposition, beeinflussen Sie auch Ihre Wirbelsäule und Körperhaltung – und umgekehrt. 

Auch interessant: Ist Kiefer-Training für eine definierte Jawline gefährlich?

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Übungen, um das Kiefergelenk wieder in vollem Umfang bewegen zu können

Wenn Ihnen eine der Bewegungen schwerfällt, kann es helfen, die Finger leicht auf den Unterkiefer zu legen und die Bewegung zu führen. Über die Fingerspitzen können Sie auch die Spannung der Muskulatur wahrnehmen. 

Stellen Sie sich bei allen Übungen aufrecht hin. Gehen Sie bei den Bewegungen niemals in den Schmerz oder das Unwohlsein hinein. Beginnen Sie mit kleinen Bewegungen und steigern Sie die Bewegungen von Wiederholung zu Wiederholung.

Neutrale Kieferposition

Mit der folgenden Übung mobilisieren Sie nicht nur Ihre Kiefergelenke, Sie gleichen auch die Beweglichkeit und die sensorische Information ab: Also wie fühlt sich die Bewegung auf der rechten im Vergleich zur linken Seite an? Dadurch bekommen Rezeptoren in den Muskeln, Sehnen und Gelenken Informationen, wie viel Beweglichkeit und welche Positionen möglich sind. Diese Informationen werden über den Trigeminusnerv – der Hirnnerv, der die Muskeln innerviert – an den Hirnstamm gesendet. Die dort eingehende Information wird verarbeitet und die Spannung und Kieferposition dementsprechend „neu berechnet“. Daher ist es wichtig, die Übung langsam und konzentriert auszuführen, um möglichst viele Informationen und damit eine intensive Wahrnehmung zu erzielen. 

Neutrale Position

  • Mund fünfmal öffnen und schließen, dabei Muskeln und Zunge locker lassen
  • Unterkiefer fünfmal nach vorne und hinten schieben, dabei berühren sich die Zähne nicht, die Lippen sind idealerweise geschlossen
  • Unterkiefer fünfmal nach rechts und anschließend nach links verschieben, auch hierbei berühren sich die Zähne nicht und die Lippen sind idealerweise geschlossen
  • Wie fühlt sich die Bewegung rechts im Vergleich zur linken Seite an?
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Für diese Übung und die nächsten müssen Sie Ihren Unterkiefer erst nach vorne und hinten, dann nach rechts und links schieben Foto: Luise Walther / Collage: FITBOOK

Beugung der Halswirbelsäule

  • Leichte Beugung der Halswirbelsäule, Kinn führt zur Brust
  • Mund fünfmal öffnen und schließen, dabei Muskeln und Zunge locker lassen
  • Unterkiefer fünfmal nach vorne und hinten schieben, dabei berühren sich die Zähne nicht, die Lippen sind idealerweise geschlossen
  • Unterkiefer fünfmal nach rechts und anschließend nach links verschieben, auch hierbei berühren sich die Zähne nicht und die Lippen sind idealerweise geschlossen
  • Wie fühlt sich die Bewegung  in der Beugung im Vergleich zur neutralen Position an? Wie fühlst sich rechts im Vergleich zur linken Seite an?

Streckung Halswirbelsäule

  • Leichte Streckung der Halswirbelsäule, Kopf leicht nach hinten in den Nacken legen
  • Mund fünfmal öffnen und schließen, dabei Muskeln und Zunge locker lassen
  • Unterkiefer fünfmal nach vorne und hinten schieben, dabei berühren sich die Zähne nicht, die Lippen sind idealerweise geschlossen
  • Unterkiefer fünfmal nach rechts und anschließend nach links verschieben, auch hierbei berühren sich die Zähne nicht und die Lippen sind idealerweise geschlossen
  • Wie fühlt sich die Bewegung  in der Beugung im Vergleich zur neutralen Position an? Wie fühlst sich rechts im Vergleich zur linken Seite an?

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Neutrale Zungenposition

Auch die Zungenposition hat einen starken Einfluss auf die Position und die Spannung des Kiefers. Um das zu testen, legen Sie Ihre Hände auf die Kaumuskulatur und drücken Sie Ihre Zunge vorne gegen die Zähne. Drücken Sie anschließend die Zunge nach oben, unten, rechts und links im Mundraum und achten sie auf die Spannung im Kiefer. Legen Sie anschließend Ihre Hände auf die Nackenmuskulatur und testen Sie die Zungenpositionen erneut. Sie werden merken, dass die Zungenposition direkten Einfluss auf Anspannung und Entspannung der Kiefer- und Nackenmuskulatur hat. Fast alle meine Kund*innen haben anfangs keine Wahrnehmung oder Kontrolle über ihre Zungenposition. Nach dem Training sind sie überrascht, welchen intensiven Einfluss auf Entspannung und Stressreduktion alleine die folgende Übung haben kann. Auch wenn Training mit der Zunge zunächst ungewöhnlich klingt und sich seltsam anfühlt, ist es extrem effektiv. 

Neutrale Position

Durch diese Übung wird die Zunge in ihre natürliche Ruheposition gebracht. Die Zungenspitze liegt oben am Gaumen, direkt hinter den Schneidezähnen, ohne Kontakt zu den Schneidezähnen zu haben. Das erste Drittel der Zunge liegt entspannt am oberen Gaumen und der Rest der Zunge liegt entspannt im Mundraum.  Je häufiger Sie diese „Grinse-Schluck-Bewegung“ ausführen, um so schneller lernt der Körper, diese neutrale Stellung in Ruhe wieder einzunehmen und baut somit Schluck für Schluck Spannung ab. 

  • Zungenspitze an den oberen Gaumen legen, direkt hinter die Schneidezähne, ohne Kontakt zu den Schneidezähnen zu haben
  • Breites Grinsen, sodass die Zähne gezeigt werden
  • Augen aufreißen
  • Schlucken und darauf achten, in welche Position die Zunge beim Schlucken geht

Zungenkreisen

Die folgende, ebenso effektive, Übung ist perfekt, um Spannungen aus der Kiefermuskulatur zu nehmen und die Kiefergelenkpositionen zu trainieren.  Achten Sie darauf, die Kiefermuskulatur bewusst zu entspannen. Es kann hilfreich sein, die Hände dabei an das Kiefergelenk zu legen und mit leichter Berührung oder leichtem Druck die Spannung im Kiefermuskel zu beobachten.

  • Lippen leicht schließen
  • Zungenspitze vor die Schneidezähne nach oben führen
  • Zunge führt vor den Schneidezähnen langsame Kreise im Uhrzeigersinn durch
  • Mit kleiner Bewegung beginnen und anschließend die Kreise Runde für Runde größer werden lassen
  • Bewegung im Anschluss entgegen dem Uhrzeigersinn durchführen
Übungen Zähneknirschen Kieferbeschwerden
So führen Sie das Zungenkreisen Schritt für Schritt richtig aus Foto: Luise Walther / Collage: FITBOOK

Zur Autorin: Luise Walther ist Personal Trainerin in Berlin mit Schwerpunkt funktionelle Neurologie und neurozentriertes Bewegungstraining. Sie verfügt über Fachwissen in der Rehabilitation, Verletzungsprophylaxe sowie Performance-Steigerung.

Themen Übungen Zahngesundheit
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