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Neben Rauchen

Gestörter Schlaf-Wach-Rhythmus fördert Entstehung von Lungenkrebs

Lungenkrebs
Laut dem Zentrum für Krebsregisterdaten des Robert Koch-Instituts erkrankten im Jahr 2022 in Deutschland etwa 23.655 Frauen und 32.922 Männer an bösartigen Tumoren der Lunge Foto: Getty Images

24. Januar 2025, 3:56 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Der Wechsel von Tag und Nacht nimmt Einfluss auf den Schlaf. Was viele nicht wissen: Ist der zirkadiane Rhythmus gestört – etwa durch Schichtarbeit – kann das die Entstehung von Lungenkrebs begünstigen. So entwickelten Mäuse, die unregelmäßigen Lichtverhältnissen ausgesetzt wurden, signifikant mehr Lungentumore.

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Lungenkrebs ist eine der häufigsten Krebserkrankungen in Deutschland. Rund 56.600 Menschen sind im Jahr 2022 erkrankt. Die Zahl der Männer liegt mit knapp 33.000 Betroffenen deutlich höher als die der Frauen.1 Um vorzubeugen, sollte man bekanntermaßen die Finger von Tabak lassen.2 Neben weiteren bekannten Faktoren wie einer erhöhten Exposition gegenüber Feinstaub, einer familiären Vorbelastung, dem Alter oder bereits bestehenden Lungenerkrankungen spielen möglicherweise auch Störungen des zirkadianen Rhythmus eine Rolle bei der Entwicklung von Lungenkrebs. 2022 hat eine US-Studie den Zusammenhang zwischen Lungenkrebs und diesem recht unbekannten Risikofaktor untersucht.

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Störung des zirkadianen Rhythmus Ursache für viele Krankheiten

Mit dem zirkadianen Rhythmus sind die Schlaf-Wach-Phasen gemeint. Dieser Wechsel wird auch als biologische oder innere Uhr bezeichnet. Ist dieser Rhythmus gestört, etwa aufgrund von Schichtarbeit, kann das gravierende Folgen für die Gesundheit haben: Wie der renommierte Chronobiologe und Professor am kalifornischen Salk Institute in der Vergangenheit im Gespräch mit FITBOOK erklärte, hängen damit Leiden wie Schlafstörungen, Diabetes, Bluthochdruck, Fettleber, Herzkreislauferkrankungen und psychische Erkrankungen zusammen.

Gestörter Schlaf-Wach-Rhythmus und Entstehung von Krebs

Auf eine Verbindung zwischen Störungen des zirkadianen Rhythmus und Krebs stießen Forscher bereits in den 1980er-Jahren. Untersuchungen an Tieren legten nahe, dass der daraus resultierende Melatoninmangel die Krebsentstehung fördern könnte. Eine der ersten epidemiologischen Studien, die den Zusammenhang zwischen Brustkrebs – die häufigste Krebserkrankung bei Frauen – und Nachtschichtarbeit aufzeigte, legte vor vielen Jahren der dänische Forscher Johnni Hansen vor. Er stellte bei Frauen, die nachts arbeiten, ein erhöhtes Risiko für Brustkrebs fest. Als Grund wurde die reduzierte Melatoninproduktion in der Nacht angenommen.3 Später zeigten Langzeitstudien, dass zirkadiane Störungen auch das Risiko für Prostatakrebs erhöhen können.

Mit der Entdeckung der zirkadianen Gene in den 2000er-Jahren fand man heraus, dass diese nicht nur den Schlaf-Wach-Rhythmus regulieren, sondern direkt in die Regulation von Zellzyklen und DNA-Reparaturen eingebunden sind. Und: Studien zeigten, dass Mutationen dieser Gene die Tumorbildung fördern können. So etwa eine Studie von Ayesha Shafi und Karen Knudsen aus dem Jahr 2019.4 Offenbar, so sah man nun, geraten durch eine Störung des zirkadianen Rhythmus, etwa durch Schichtarbeit oder unregelmäßigen Schlaf, grundlegende zelluläre Prozesse aus dem Gleichgewicht.

Warum die Forschung speziell Lungenkrebs in den Blick nahm

Auch die Lunge ist solchen zirkadianen Rhythmen unterworfen. Die Lungenfunktion wird meist über den Tag hinweg (= mehr Tageslicht) besser. 2022 sind Forscher des kalifornischen Scripps Research Institute und der University of Rochester daher der Frage nachgegangen, ob ein gestörter zirkadianer Rhythmus auch die Entstehung von Lungenkrebs fördert. FITBOOK hat sich die Studie und ihre Ergebnisse, welche damals in Science Advantaces veröffentlicht wurden, genauer angesehen.5

Um die Frage zu beantworten, ob ein gestörter zirkadianer Rhythmus insbesondere die Entstehung von Lungenkrebs fördert, setzte das Forscherteam Mäuse, die eine vor allem bei Lungenkrebs vorkommende Gen-Mutation hatten, gezielt einer chronischen zirkadianen Störung aus.

Die Mäuse hatten eine Mutation auf dem sogenannten KRAS-Gen. Der Name KRAS stammt daher, dass die Krankheit erstmals beim Kirsten-Ratten-Sarkomvirus als krebserregend identifiziert wurde. Mutationen des KRAS-Gens machen bei bösartigen Lungentumoren 25 bis 30 Prozent der Mutationen aus und verschlechtern die Prognose. 6

Um ihren zirkadianen Rhythmus zu stören, hielten die Forscher die Mäuse unter unterschiedlichen Lichtbedingungen. Ein Teil der Mäuse wurde unter Lichtbedingungen gehalten, die denen der biologischen Uhr nachempfunden waren. Für sie war es abwechselnd 12 Stunden hell und 12 Stunden dunkel. Die Mäuse der anderen Gruppe hielt man unter gestörten Lichtverhältnissen; entsprechend etwa denjenigen, denen Menschen ausgesetzt sind, die in Schichtarbeit tätig sind.

Erkenntnis der Studie: Gestörter zirkadianer Rhythmus Risikofaktor für Lungenkrebs

Tatsächlich zeigte sich, dass die Mäuse aus der Gruppe, deren zirkadianen Rhythmus man absichtlich gestört hatte, mehr Lungentumore entwickelten als die anderen Tiere. Bei genauerer Untersuchung der Gene stellten die Forscher zudem fest, dass bei den kränkeren Tieren die Regulierung des HSF-1-Gens gestört war. Das Hitzeschockfaktor-Protein 1 gilt als Biomarker für Krebserkrankungen.7

Die Studienverantwortlichen vermuten, dass die von ihnen entdeckte, verstärkte HSF-1-Signalisierung auf einen molekularen Zusammenhang zwischen einer Störung des zirkadianen Rhythmus und einem erhöhten Krebsrisiko hinweist.

Auch interessant: Forscher finden möglichen Grund, warum nicht alle Raucher Lungenkrebs bekommen

Chronotherapie in der Krebstherapie

Die Erkenntnisse der Studie führen zu zweierlei Schlussfolgerungen. Zum einen zeigt sie, dass neben dem Rauchen und anderen Faktoren (familiäre Vorbelastung, bestehende Lungenerkrankungen, Feinstaub) auch ein gestörter Schlaf-Wach-Rhythmus ein Risikofaktor für Lungenkrebs sein kann. Andererseits können die Erkenntnisse bei der Optimierung von Krebstherapien helfen. Darauf setzt auch die aktuelle Forschung. Denn es wurde festgestellt, dass die Wirksamkeit von Behandlungen wie Immun- und Strahlentherapie je nach Tageszeit variiert.

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Einfluss von Schlafstörungen auf Lungenkrebsrisiko bei Frauen

Weil Schichtarbeit auch Schlafstörungen verstärken kann, untersuchte eine Studie 2021 auch ein eventuell damit zusammenhängendes Lungenkrebsrisiko bei Frauen. Die Ergebnisse zeigten, dass sowohl kurze als auch lange Schlafdauern mit einem erhöhten Lungenkrebsrisiko verbunden sind. Zudem verstärkten Faktoren wie langjährige Nachtarbeit und aktueller Raucherstatus dieses Risiko.8

Themen Krebs Schlaf

Quellen

  1. Zentrum für Krebsregisterdaten: Lungenkrebs (Bronchialkarzinom) 2022, aufgerufen am 22.01.2025 ↩︎
  2. Furrukh M. (2013). Tobacco Smoking and Lung Cancer. Sultan Qaboos University Medical Journal. ↩︎
  3. Springer Nature. Risk of Breast Cancer After Night- and Shift Work: Current Evidence and Ongoing Studies in Denmark. (2006, aufgerufen am 22.01.2025) ↩︎
  4. Shafi A.A., Knudsen K.E. (2019). Cancer and the Circadian Clock. Cancer Research. ↩︎
  5. Pariollaud M., Ibrahim L.H., Irzizarry E. et al. (2022). Circadian disruption enhances HSF1 signaling and tumorigenesis in Kras-driven lung cancer. Science Advances. ↩︎
  6. Deutsches Krebszentrum. Lungenkrebs: Erster KRAS-Hemmer zugelassen. ↩︎
  7. Carpenter R.L., Gökmen-Polar Y. (2019). HSF1 as a Cancer Biomarker and Therapeutic Target. Current Cancer Drug Targets. ↩︎
  8. Cordina-Duveger E., Uchai S., Tvardik N. et al (2022): Sleep Traits, Night Shift Work and Lung Cancer Risk among Women: Results from a Population-Based Case-Control Study in France (The WELCA Study). MDPI. ↩︎

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