22. Dezember 2020, 14:19 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Wie lange brauchen Sie zum Treppensteigen? Offenbar kann es sich lohnen, die Zeit zu stoppen. Spanische Forscher vermuten in der Geschwindigkeit, mit der man Treppen hinter sich lässt, eine gewisse Aussagekraft über die Herzgesundheit.
„Der Treppentest ist eine einfache Möglichkeit, Ihre Herzgesundheit zu überprüfen“. Das erklärte Dr. Jesús Peteiro, Kardiologe am Universitätsklinikum im spanischen Coruña, im Rahmen einer Online-Tagung der European Society for Cardiology. Peteiro hat eine entsprechende Studie zum Zusammenhang von Treppensteigen und der Herzgesundheit geleitet.
Schnell beim Treppensteigen, gute Herzgesundheit?
Der von Peteiro genannte „Treppentest“ ermittelt, wie lang jemand benötigt, um vier Treppenläufe emporzusteigen. Zum Verständnis: Es sind nicht ganze Stockwerke, sondern quasi Treppeneinheiten gemeint. Ein Treppenlauf besteht immer aus mindestens drei Stufen (zur Problematik der Vergleichbarkeit lesen Sie weiter unten mehr).
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„Wenn Sie mehr als eineinhalb Minuten brauchen, um vier Treppenläufe emporzusteigen, ist Ihre Gesundheit nicht optimal“, erklärt der Studienleiter weiter. In dem Fall würde er eine ärztliche Beratung anraten.
Warum „Treppentest“?
Dr. Jesús Peteiro und seinem Team ging es um eine einfache Möglichkeit, die Aussagekraft von Alltagsbewegung über die körperliche Verfassung einzuschätzen. Zu diesem Zweck haben sie den Treppentest in einer Studie überprüft. Die Rückschlüsse, die im Treppentest mit Probanden gezogen wurde, sollen von den Daten begleitender Belastungstests bestätigt worden sein.
Ablauf der Studie
Es hatten 165 Erwachsene an der Studie teilgenommen – Menschen, die teilweise (noch) symptomfrei waren, bei denen jedoch eine koronare Herzkrankheit diagnostiziert oder zumindest vermutet wurde.
Den ersten Teil bildete ein laborüberwachter Belastungstest. Die Probanden sollten bis zur Erschöpfung auf einem Laufband trainieren, während die Wissenschaftler bestimmte Parameter ihrer körperlichen Fitness maßen. Konkret: das metabolische Äquivalent (kurz: MET). Es handelt sich dabei um eine dimensionslose Größe, die in der Wissenschaft zum Vergleich des menschlichen Energieverbrauchs im Zuge verschiedener Aktivitäten herangezogen wird. Nach einer anschließenden Ruhephase folgte der Treppentest: Es galt, in einem zügigen Tempo vier Treppenläufe (insgesamt 60 Treppenstufen) emporzusteigen. Daraufhin maßen die Forscher erneut das MET.
Metabolisches Äquivalent und Sterblichkeitsrate
Laut früheren Studien soll das Erreichen von 10 MET in Belastungstests mit einer niedrigen Sterblichkeitsrate assoziiert werden, so Peteiro.
Probanden der aktuellen Untersuchung, die in weniger als 40 bis 45 Sekunden die Treppen hinaufgestiegen waren, erreichten durchschnittlich mehr als 9 oder 10 MET. Die Studienteilnehmer hingegen, die eineinhalb Minuten oder länger für die Treppenläufe brauchten, erreichten im Schnitt MET-Werte von unter 8. Dies entspricht den Forschern zufolge einer zu erwarteten Sterblichkeitsrate von etwa 30 Prozent innerhalb der nächsten zehn Jahre.
Die Laborüberwachung sprach eine ähnliche Sprache. Bei 58 Prozent der Probanden, die den Treppentest in mehr als eineinhalb Minuten absolviert hatten, konnte während der Belastungstests eine abnormale Herzfunktion festgestellt werden. Dies betraf in der schnelleren Treppen-Gruppe nur rund 32 Prozent.
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Haken der Studie
Vermeintliche Ergebnisse eines selbst durchgeführten Treppentests bitte nicht überbewerten. Zum einen ist die Studie bisher nicht von offizieller, unbeteiligter Seite überprüft und daher noch in keinem wissenschaftlichen Fachjournal veröffentlicht worden. Zum anderen ist die Definition von vier Treppenläufen bzw. 60 Stufen schwer übertragbar. Treppenstufen haben keine genormte Höhe. Wie viel oder wenig eineinhalb Minuten fürs Treppensteigen sind, das lässt sich allgemein nicht sagen – und somit schwer Rückschlüsse auf die Herzgesundheit ziehen.
Auch die Studienverantwortlichen räumen daher ein, dass der Treppentest keine verlässliche Selbsteinschätzung ermöglicht und die fachkundige Untersuchung durch einen Experten nicht ersetzt. Dennoch können die Mühe und Zeit, die man fürs Treppensteigen benötigt, zumindest einen Hinweis auf die körperliche Gesamtsituation und die Herzgesundheit geben. Ausnahme: vorerkrankte, gebrechliche und/oder deutlich ältere Menschen, die Kraftanstrengungen jeglicher Art vermeiden sollten. Für sie ist der ansonsten harmlose Treppentest nicht geeignet.