7. Juni 2023, 3:51 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Künstliche Süßstoffe, die Zucker in Lebensmitteln ersetzen, sind seit Jahren umstritten. Immer wieder raten Experten sowie Studien von einem häufigen Verzehr ab. Eine neue Untersuchung beunruhigt jetzt Forscher. Denn ein oft verwendeter Süßstoff kann offenbar die menschliche DNA schädigen.
Eigentlich sollen künstliche Süßstoffe einen gesundheitlichen Vorteil bieten. Indem sie Zucker in Getränken wie Softdrinks und Lebensmitteln wie Joghurts ersetzen, sorgen sie für einen niedrigen Kaloriengehalt. Dies soll vor Übergewicht schützen. Doch selbst diese plausibel klingende Erklärung ist umstritten. Forscher und Mediziner wie Dr. Stefan Kabisch, Studienarzt an der Charité in Berlin, warnen, dass Süßstoffe dem Körper vorgaukeln, dass Energie zugeführt wird. Da dies jedoch nicht passiert, haben wir anschließend immer noch Hunger und essen womöglich sogar mehr (FITBOOK berichtete). Seit Jahren hält sich auch das Gerücht, künstliche Süßstoffe könnten womöglich Krebs auslösen. Dies wurde zwar nur an Ratten und mit sehr hohen Verzehrmengen beobachtet, aber das Gerücht hält sich hartnäckig.1 Nun gibt es eine neue beunruhigende Studie: Amerikanische Forscher haben nämlich herausgefunden, dass der beliebte Süßstoff Sucralose die menschliche DNA verändern kann.2
Übersicht
Sucralose und das Abbauprodukt Sucralose-6-Acetat im Labortest
Die DNA (Desoxyribonukleinsäure) in unserem Körper enthält den genetischen Code für das Wachstum und die Entwicklung der Zellen. Wird die DNA geschädigt, kann es für uns gravierende gesundheitliche Folgen haben. Umso erschreckender ist das Forschungsergebnis, zu dem Wissenschaftler von der amerikanischen North Carolina State University kamen. Dabei untersuchten sie speziell sogenanntes Sucralose-6-Acetat. Diese chemische Verbindung ist zum Teil eine Verunreinigung bei der Herstellung des Süßstoffes. Zum anderen Teil entsteht sie auch, wenn wir Sucralose zu uns nehmen und sie im Körper abgebaut wird.
Um die Wirkung das Abbauprodukts Sucralose-6-Acetat zu untersuchen, wurden Labortests durchgeführt. Dazu nutzten die Forscher menschliche Blutzellen und Darmgewebe, um die Wirkung von Sucralose und dem Sucralose-6-Acetat zu beobachten. Speziell das Darmgewebe wurde zusätzlich auf DNA-Schäden hin analysiert.
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Die Wirkung von Sucralose auf die DNA
Die Auswertung der Labortests hat ergeben, dass Sucralose-6-Acetat genotoxisch ist. Das heißt, es führt zu Veränderungen im genetischen Material (DNA) von menschlichen Zellen. Doch nicht nur das. Die Forscher beobachteten eine Zunahme der Expression von Genen, die mit Entzündungen, oxidativem Stress und Krebs verbunden sind. Selbst die Darmschleimhaut wurde beschädigt. „Wir haben herausgefunden, dass beide Chemikalien, Saccharose und Sucralose-6-Acetat, Leaky Gut verursachen“, sagt die Studienautorin Susan Schiffman in einer Pressemitteilung der Universität.3
Als „Leaky Gut“ bezeichnet man im Englischen eine „durchlässige“ Darmwand. Das heißt, die Barriereschutzfunktion der Schleimhaut des Dünndarms ist gestört. Dadurch können sich Bakterien und Giftstoffe aus dem Darm in den Blutkreislauf gelangen und Entzündungen im Körper hervorrufen.4
Forscher raten vor dem Verzehr von Sucralose ab
Wie die Forscherin Susan Schiffman von der North Carolina State University erklärt, liege der Grenzwert der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) für alle genotoxischen Substanzen bei 0,15 Mikrogramm pro Person und Tag. „Unsere Arbeit legt nahe, dass die Spurenmengen von Sucralose-6-Acetat in einem einzigen, täglich mit Sucralose gesüßten Getränk diesen Schwellenwert überschreiten. Und das berücksichtigt nicht einmal die Menge von Sucralose-6-Acetat, welches als Abbauprodukt von Sucralose im Körper entsteht“, sagt die Studienautorin.
Aufgrund dieser erschreckenden Ergebnisse raten die verantwortlichen Forscher um Susan Schiffman eindringlich vom Konsum sucralosehaltiger Lebensmittel ab. Und das, obwohl frühere Untersuchungen zeigten, dass der künstliche Süßstoff den Körper unverändert passierte. Doch die neuen Erkenntnisse lassen daran zweifeln. Es sei an der Zeit, den Sicherheitsstatus und die Konsumrichtlinien von Sucralose neu zu überprüfen und zu überdenken, sagt Studienautorin Schiffman. Bis dahin sollte man auf Sucralose lieber verzichten, um weder die DNA noch den Dünndarm womöglich zu schädigen.
Wo ist Sucralose enthalten?
Sucralose wird insbesondere zur Süßung von kalorienarmen bzw. kalorienfreien Softdrinks sowie Energydrinks verwendet. Außerdem ist Sucralose ein Zusatzstoff (E955) in vielen Lebensmitteln, u. a. bei Obst oder Fisch in Konserven, Soßen, Backwaren oder Knabber-Snacks.
Studie lief 20 Jahre Diese Getränke erhöhen das Sterberisiko durch Leberkrankheiten
Studie aus den USA Der erschreckende Einfluss von künstlichen Süßstoffen auf das Gedächtnis
Studie Dieser Süßstoff ist weniger schädlich für den Darm als Zucker
Quellen
- 1. National Cancer Institute. Artificial Sweeteners and Cancer. (aufgerufen am 6.6.2023)
- 2. Schiffman S.S., Scholl E.H., Furey T.S., Nagle H.T. (2023). Toxicological and pharmacokinetic properties of sucralose-6-acetate and its parent sucralose: in vitro screening assays. Journal of Toxicology and Environmental Health.
- 3. North Carolina State University. Chemical found in common sweetener damages DNA. EurekAlert! (aufgerufen am 6.6.2023)
- 4. IMD Institut für Medizinische Diagnostik Berlin-Potsdam GbR: Serummarker zum Nachweis einer gestörten Darmbarriere (aufgerufen am 6.6.2023).