18. September 2019, 15:50 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Bei sehr starken Beschwerden kommen Schwangere manchmal an einem Schmerzmittel nicht vorbei. Für solche Fälle galt Paracetamol bislang als unbedenkliche Wahl. Doch nun warnen Forscher vor Entwicklungsstörungen beim Ungeborenen durch den Arzneistoff.
Werdende Mütter sollten so wenig Medikamente wie möglich einnehmen. Und auch nicht alle Mittel sind während der Schwangerschaft zugelassen, da einige Wirkstoffe und Verbindungen eine gesunde Entwicklung des Kindes gefährden können.
Paracetamol gehört (noch) nicht dazu. Bisher galt das schmerzlindernde und fiebersenkende Mittel für jedes Schwangerschaftstrimester als sicher – so lange es nicht unbedacht und gewohnheitsmäßig konsumiert wird. Welche ungewünschten Nebenwirkungen drohen könnten, das beschäftigt eine Gruppe britischer Uni-Forscher schon länger. Nun haben sie eine Langzeitstudie zum Thema, die „Avon Longitudinal Study of Parents and Children (ALSPAC)“, gründlich analysiert. Darin sind Daten von rund 14.000 Frauen, mit detaillierten Informationen aus der Schwangerschaft, und von ihren Kindern enthalten.
Das hat die Langzeitstudie ergeben
Das Ergebnis der Analyse: Es ist häufiger zu Entwicklungsstörungen und Verhaltensauffälligkeiten gekommen, wenn die Kindesmutter in der Schwangerschaft regelmäßig Paracetamol eingenommen hatte. Das ermittelten die Forscher durch Intelligenztests mit den Kindern und anhand der Darstellung durch deren Eltern und Lehrer.
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Details zur Untersuchung sind aktuell im Fachjournal „Paediatric and Perinatal Epidemiology“ nachzulesen und auch im „Ärzteblatt“ auf Deutsch zusammengefasst.
Verhaltensauffällig, aber nicht weniger intelligent
Offenbar waren die Betroffenen im Säuglingsalter bis zum 6. Lebensmonat unterdurchschnittlich anpassungsfähig. Ab dem zweiten Lebensjahr fiel ihr mangelndes Durchhaltevermögen auf. In den Monaten vor dem vierten Geburtstag beschrieben die Eltern ihre betroffenen Kinder als hyperaktiv, und auch die Erzieher bemängelten, dass sie sich schnell ablenken ließen. Wichtig: Die Auffälligkeiten sollen sich mit den Jahren größtenteils verflüchtigt haben. Und: Die „Paracetamol-Kinder“ waren in puncto Intelligenz und Kognition mit den anderen gleichauf.
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Begleitfaktoren lassen sich nicht ausklammern
Das Forscher-Team hatte Begleitfaktoren in seine Analyse mit einbezogen, darunter, warum das Mittel jeweils eingenommen worden war. Beispiel: Diente es der kurzfristigen Schmerzlinderung oder der Behandlung chronischer Krankheiten? Auch soziale Faktoren wurden berücksichtigt, die den (womöglich leichtfertigen) Einsatz von Chemie in der Familie der Probandin begründen könnten. Ob die Folgen für das Kind einzig auf den Stoff zurückzuführen waren oder vielmehr auf Vorerkrankungen bzw. die generelle Lebensführung der Mutter, bleibt also fraglich.