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Vorsicht beim Mückenstich

So gefährlich ist das West-Nil-Fieber

Das West-Nil-Virus hier als Illustration zu sehen
Das West-Nil-Virus hier als Illustration zu sehen Foto: Getty Images
Martin Lewicki
Freier Autor

5. November 2018, 12:51 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

In diesem Jahr hat das West-Nil-Fieber auch Deutschland erreicht und damit viele Ängste geweckt. Denn das verantwortliche Virus wird heimtückisch durch Mücken auf Menschen übertragen. Doch wie gefährlich ist es? Und kann man sich davor schützen? FITBOOK hat dazu einen Experten befragt.

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Laut dem Robert Koch-Institut wurde 2018 das West-Nil-Virus (WNV) erstmals bei Vögeln und zwei Pferden in Deutschland gefunden. Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit berichtete erst im Oktober 2018 von einem Tierarzt, der sich mit dem Virus ansteckte und daran erkrankte. Höchstwahrscheinlich hatte er sich bei der Obduktion eines Vogels im Landkreis Ebersberg durch den Kontakt mit dessen Körperflüssigkeiten infiziert.

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Damit stellt sich die Frage, wie hoch die Gefahr für deutsche Bürger ist, sich ebenfalls mit dem WNV anzustecken. Wir beantworten diese und noch weitere Fragen rund um das Virus.

Woher kommt das West-Nil-Fieber?

1937 wurde das Virus bei einer Frau in der West-Nil-Provinz des afrikanischen Staates Uganda entdeckt, die an einem unerklärlichen Fieber litt – daher der Krankheitsname.

Weltweit bekannt wurde die Krankheit durch eine Epidemie, die 1999 in den USA vermutlich durch eine Mücke ausgelöst wurde. Diese ist wahrscheinlich mit einem Flugzeug aus Tel Aviv nach New York gelangt. Bis 2016 sollen mehr als 46.000 Menschen in den USA an dem Fieber erkrankt sein – davon gab es 2000 Todesfälle.

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Besonders verbreitet ist es in Afrika, dort vor allem in Uganda und Mosambik. Weitere Gefahrengebiete sind Ägypten, Indien, Südost-Asien und der Mittlere Osten. Seit einigen Jahren nehmen Fälle in Südeuropa (Italien, Griechenland, Frankreich), Zentraleuropa (Tschechien, Ungarn, Serbien, Österreich) und den Schwarzmeerstaaten (Bulgarien, Rumänien, Moldawien, Ukraine, Südrussland) deutlich zu.

Wie wird das Virus übertragen?

Das Virus wird hauptsächlich von Stechmücken übertragen und wurde bislang in 43 verschiedenen Arten nachgewiesen. Als Hauptwirt dienen dabei wild lebende Vögel. So kann das Virus durch Mücken von Vögeln auf Menschen gelangen. Auch Säugetiere wie Pferde können das Virus bekommen, sind allerdings selbst keine Virusquelle.

Eine weitere Gefahr sich anzustecken besteht bei Organtransplantationen, Bluttransfusionen, während der Schwangerschaft und beim Stillen von Säuglingen. So werden beispielsweise Blutspender, die in einem Risikogebiet waren, für vier Wochen nach ihrer Rückkehr „gesperrt“.

Wie verläuft die Krankheit?

Die Inkubationszeit nach einer Ansteckung beträgt etwa zwei bis 14 Tage. „Rund 80 Prozent der Infizierten zeigen keine großen Symptome. Die restlichen 20 Prozent entwickeln eine grippeähnliche Erkrankung mit Fieber, Schüttelfrost und Gliederschmerzen“, sagt Dr. Maximilian Gertler, Facharzt für Innere Medizin und Tropenmedizin vom Tropeninstitut der Berliner Charité. Zudem bekommt etwa die Hälfte der Erkrankten einen Ausschlag am ganzen Körper. Nach etwa drei bis sechs Tagen klingen die Symptome ab.

Porträt von Dr. Maximilian Gertler
Dr. Maximilian Gertler, Facharzt für Innere Medizin und Tropenmedizin vom Tropeninstitut der Berliner Charité Foto: Sebastian Bolesch / Ärzte ohne Grenzen e.V.

Laut dem Robert Koch-Institut entwickelt sich bei etwa jedem 150. Infizierten die Erkrankung schwer. „Das ist vor allem der Fall bei älteren Menschen und jenen mit einer geschwächten Immunabwehr“, erklärt Dr. Gertler. Das können auch Krebs- und HIV-Patienten sein.

In diesen Fällen kann es zu einer – meist gutartigen – Meningitis kommen, die ohne bleibende Schäden abheilt. In seltenen Fällen führt es zu einer Gehirnentzündung, die meist Spätfolgen hinterlässt oder mit dem Tod endet. „Leider lässt sich in diesem Fall die Hirnentzündung nur schwer behandeln, lediglich die Symptome wie Fieber und Schmerzen lassen sich lindern“, sagt Dr. Gertler vom Tropeninstitut in Berlin.

Wie diagnostiziert man das West-Nil-Virus?

Die meisten Menschen wissen nichts von ihrer Infektion und selbst bei einem grippeähnlichen Verlauf, wird das Virus nicht dahinter vermutet. „Genau das ist das Perfide, es lässt sich nicht so einfach diagnostizieren. Die meisten Ärzte vermuten es nicht hinter einer grippeartigen Erkrankung. Zudem sind die Diagnoseverfahren wenig verbreitet und ein expliziter Bluttest auf das Virus ist teuer“, erklärt Dr. Gertler.

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So kann es sein, dass obwohl es in Deutschland bis auf den im Oktober infizierten Tierarzt aus Bayern keine nachgewiesenen Fälle gibt, eine Dunkelziffer von WNV infizierten Menschen existiert.

Wie kann ich mich schützen?

Es gibt noch keinen Impfstoff und keine Medikamente gegen das West-Nil-Virus. Das heißt man kann sich generell nur gegen Mückenstiche schützen – was mit Sprays, Bekleidung und Moskitonetzen möglich ist. Besonders ratsam ist das in den besonders gefährdeten Regionen, die wir oben aufgelistet haben.

Zudem empfiehlt das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit tote Vögel grundsätzlich nicht anzufassen und im Fall von Häufungen von toten Vögeln das Veterinäramt zu kontaktieren.

Droht Deutschland eine Epidemie wie in den USA 1999?

„Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich das Virus in Zukunft in Deutschland stärker ausbreitet. Im deutschen Winter ist zwar das Risiko einer Übertragung durch Mücken sehr gering, doch mit der warmen Jahreszeit steigt es wieder an“, sagt der Experte vom Tropeninstitut der Charité. Ob die Häufigkeit auch durch längere und wärmere Sommer zunehmen wird, lässt sich aktuell noch nicht sicher sagen.

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Eine Entwarnung für das West-Nil-Fieber in Deutschland gibt es also nicht, die Wahrscheinlichkeit daran schwer zu erkranken, ist bisher aber sehr gering.

Mehr Sicherheit bei Blutspenden gefordert

Angesichts der Ausbreitung des West-Nil-Virus in Deutschland spricht sich Tropenmediziner Jonas Schmidt-Chanasit für eine neue Diskussion über die Sicherheit von Blutkonserven aus. „Blutspendedienste müssen sich damit in Zukunft stärker auseinandersetzen“, sagte der Experte vom Hamburger Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM). Nur einige Dienste testeten die Blutkonserven standardmäßig auf die Viren. Andere stellten Spender, die sich in bestimmten Ländern aufgehalten haben, vier Wochen zurück. „Man sollte überlegen, ob das noch sinnvoll ist.“

Bisher testeten nur einige Dienste Blutkonserven standardmäßig auf West-Nil- und das eng verwandte Usutu-Virus, sagte Schmidt-Chanasit. Bislang müssen die Dienste, die nicht testen, Blutspender zurückstellen, die sich in einem bestimmten Zeitraum in Nordamerika und einigen europäischen Ländern aufgehalten haben, in denen das West-Nil-Virus grassiert. „Man sollte überlegen, ob das noch sinnvoll ist.“ Für das eng verwandte Usutu-Virus gibt es demnach noch keine Regelung.

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Die Verbreitung des West-Nil-Fiebers 2018

Im Jahr 2018 hat das West-Nil-Fieber besonders viele Menschen in Europa krank gemacht oder getötet. In den EU-Mitgliedsstaaten gab es nach Angaben der EU-Gesundheitsbehörde ECDC bis Ende Oktober über 1460 gemeldete Infektionen.

Europaweit starben mindestens 170 Menschen an dem Virus, d05ie meisten im Süden des Kontinents. Zum Vergleich: Im gesamten Vorjahr waren es in der EU nur gut 200 gemeldete Infektionen gewesen. In allen europäischen Ländern zählte die Behörde damals 25 Todesfälle. Auch aus den Jahren davor sticht keines so heraus wie das Jahr 2018. Dabei dürfte in allen Jahren die Dunkelziffer noch höher liegen, da das Virus oft keine oder nur leichte Symptome hervorruft.

Besonders viele Todesfälle gab es 2018 in Europa in Italien (44), Griechenland (42), Rumänien (42) und Serbien (35). Dabei sind Todesfälle bei Infektionen selten. Rund 80 Prozent der Infizierten haben keine Symptome, rund 20 Prozent bekommen eine fieberhafte, grippeähnliche Erkrankung. Nur etwa jeder 150. Mensch – in der Regel ältere Patienten mit Vorerkrankungen – erkrankt schwer mit hohem Fieber und Gehirnhautentzündung. Kaltes Wetter trägt nun in Richtung Jahresende dazu bei, dass die vor allem durch Mücken übertragenen Erreger zurückgehen.

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