12. Juni 2021, 7:04 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Während die Wintersonne in unseren Breitengraden nicht ausreicht, dass der Körper genügend Vitamin D produziert, können wir im Sommer unseren Tagesbedarf auch ohne Nahrungsergänzungsmittel decken. FITBOOK hat beim Experten nachgefragt, wie man an die tägliche Dosis kommt, ohne Hautschäden befürchten zu müssen.
Der Vitamin-D-Gehalt in unserer Nahrung, beispielsweise in fettreichem Fisch oder Pilzen, reicht bei Weitem nicht aus, um den von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) als Schätzwert angegebenen Tagesbedarf von durchschnittlich 20 Mikrogramm (ca. 800 internationale Einheiten) allein durch die Mahlzeiten zu decken. Aber das ist auch gar nicht nötig, denn glücklicherweise ist der Körper in der Lage, das lebenswichtige Vitamin – das eigentlich ein Hormon ist – selbst zu bilden. Vorausgesetzt, es gelangt genügend Sonne, genau genommen UVB-Strahlung, an die Haut. Wie lange und zu welcher Tageszeit müssen wir uns während der Sommermonate also täglich in die Sonne stellen, um einerseits optimal versorgt zu sein, aber andererseits die Haut nicht überzubeanspruchen?
Vitamin D durch Sonne: Einfache Faustregel
Ernährungswissenschaftler und Vitamin-D-Experte Prof. Nicolai Worm kennt die Antwort: „Stellen Sie sich mittags für einige Minuten in die direkte Sonne, ohne Sonnenschutzmittel, ohne Hut und mit gerade noch so viel Kleidung, dass es sozial verträglich bleibt.“ Seine Faustregel lautet: Zackig, knackig und möglichst nackig! „Je mehr Haut der Sonne ausgesetzt ist, desto schneller bildet sich auch Vitamin D“, erklärt der Experte FITBOOK.
Wer also das Glück hat, gerade im Urlaub zu sein oder über einen Garten zu verfügen, schlüpft für seine tägliche „Vitamin-D-Dusche“ am besten gleich in Badehose oder Bikini. Für Menschen mit Bürojobs gilt: Jeden Mittag Ärmel hochkrempeln und raus, um den Tagesbedarf an Vitamin D durch Sonne zu decken.
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Langsam herantasten, um die eigene optimale Sonnendosis zu finden
Die genaue Minutenzahl, die man sich in der prallen Sonne aufhalten sollte, hängt natürlich vom Hauttyp ab. „Etwa die Hälfte der Zeit, die es brauchen würde, bis sich die Haut rötet, ist optimal“, erklärt Worm. Auch gilt ebenfalls zu berücksichtigen, wie gut die Haut an die direkte Sonne gewöhnt ist. Menschen mit heller Hautfarbe produzieren schneller Vitamin D als Menschen mit dunklerem Hautton. „Im Durchschnitt reichen zehn bis 20 Minuten“, weiß Worm aus seiner Praxis. „Ich rate dennoch dazu, sich langsam heranzutasten, denn die Haut braucht für solch ein knackiges Mittagssonnenbad auch ein bisschen Training.“ Für den Rest des Tages gilt es, sich vornehmlich im Schatten aufzuhalten. „So ist man optimal versorgt, ohne dass ein Sonnenbrand droht.“
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Das Sonnenbad wie eine wichtige Mahlzeit einplanen
Die Produktion von Vitamin D durch Sonne ist nicht zu jeder Tageszeit möglich. D. h.: Auch an wolkenlosen Tagen ist der Einfallswinkel früh morgens oder abends nicht ausreichend, damit das Hormon im Körper gebildet werden kann. Das beste Zeitfenster in den späteren Frühlingsmonaten und im Hochsommer liegt zwischen 11 und 15 Uhr.
Worm zu FITBOOK: „Sobald es Richtung späteren Nachmittag geht, kann die Sonne kaum mehr etwas bewirken. Ebenfalls reicht bereits eine Sonnencreme ab Lichtschutzfaktor 15 aus, um die körpereigene Produktion zu verhindern.“ Die Sache mit dem Vitamin D verhält sich demnach ein bisschen wie eine vierte Mahlzeit, die man – zumindest von Mitte April bis Mitte Oktober – möglichst täglich einplanen sollte. Nur so ist auch sichergestellt, dass der Speicher für die kommende Winterzeit ausreichend gefüllt wird. Das Schöne an dem Ritual: Die zehn bis 20 Minuten im Licht lassen sich auch prima zum Meditieren, Sinnieren oder einfach zum Abschalten nutzen.
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Warum Vitamin D so wichtig ist
Welche Bedeutung Vitamin D für unsere Gesundheit hat, wurde gerade in den letzten Jahren durch zahlreiche Studien einmal mehr bestätigt. Es stärkt das Immunsystem, sorgt für eine verbesserte Bewegungsfähigkeit, schützt vor Osteoporose und womöglich auch vor Krebs.1,2 Auch bei Covid-19-Verläufen könnte Vitamin D eine Rolle spielen. Herrscht Mangel, drohen andauernde Erschöpfung, Müdigkeit, brüchige Knochen bis hin zu schwerwiegenden Depressionen. Deshalb raten viele Experten, während der dunklen Wintermonate mit Supplementen nachzuhelfen – sofern ärztlich ein Mangel festgestellt worden ist. Sie das ganze Jahr über durchzunehmen, wird dagegen nicht empfohlen. So weist unter anderem das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) darauf hin, dass das Vitamin D, wenn vom Körper selbst gebildet, weit besser vom Organismus verwertet werden kann als künstliche Präparate. Von Solariumgängen als Alternative wird ebenfalls gänzlich abgeraten.
Quellen:
1. von Essen MR, Kongsbak M, Schjerling P, Olgaard K, Odum N, Geisler C. Vitamin D controls T cell antigen receptor signaling and activation of human T cells. Nat Immunol. (April 2010);11(4):344-9. doi: 10.1038/ni.1851. Epub 2010 Mar 7. PMID: 20208539.
2. Chandler PD, Chen WY, Ajala ON, et al. Effect of Vitamin D3 Supplements on Development of Advanced Cancer: A Secondary Analysis of the VITAL Randomized Clinical Trial. JAMA Netw Open. 2020;3(11):e2025850. doi:10.1001/jamanetworkopen.2020.25850