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Hafer-, Mandel-, Sojadrink und Co.

Wie gesund sind eigentlich vegane Milchalternativen?

Milchalternativen gesund
Alternativen zu Kuhmilch gibt es viele. Aber: Sind sie wirklich gesünder als der Klassiker? Foto: Getty Images/500px
Laura Pomer

22. Juli 2024, 11:00 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten

Kuhmilch ist mit Vorsicht zu genießen – glauben jedenfalls viele. Sie soll unter anderem Stoffe enthalten, die Wachstumsprozesse in Gang setzen, und auf diese Weise Krebserkrankungen fördern können. Parallel zum verschlechterten Image steigt das Angebot pflanzlicher Alternativen auf dem Markt. Ob aus Mandeln, Hafer, Reis und Co. gewonnene Drinks tatsächlich gesünder sind?

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Seit einigen Jahren sinkt der Verzehr von Kuhmilch in Deutschland. Laut der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) lag der Pro-Kopf-Verzehr 2023 unter 46 Kilogramm – und hat damit den niedrigsten Wert seit 1991 erreicht.1 Daneben wächst das pflanzliche Angebot, auf welches offenbar nicht nur Veganer, Allergiker oder Personen mit Laktoseintoleranz zurückgreifen. In hippen Cafés und Restaurants gehört die Frage, ob man Kuhmilch oder eine pflanzliche Alternative haben möchte, längst zum Standardrepertoire. Und die Auswahl ist groß. Manch einem schmeckt Soja-, dem anderen Hafer- und wieder anderen Mandel-„Milch“ am besten. FITBOOK wollte dagegen herausfinden, wie gesund solche Milchalternativen eigentlich sind.

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Vegane „Milch“ darf nicht Milch heißen

Und bevor Sie sich gleich wundern, dass im Folgenden immer wieder von „Drinks“ die Rede sein wird: Pflanzliche Ersatzprodukte dürfen offiziell nicht als Milch bezeichnet werden. Auch wenn man umgangssprachlich natürlich von „Sojamilch“oder „Mandelmilch“ spricht. Dies fußt auf einem Beschluss des Europäischen Gerichtshofs, der nur dem, was aus einem tierischen Euter kommt, den Titel Milch gestattet. Alles andere nennt sich im Verkauf „-Drink“.

Auch interessant: Die Auswirkungen von Hafermilch auf den Blutzuckerspiegel

Die Nährwerte von Kuhmilch und Pflanzendrinks im Überblick

 Energie (kcal)Eiweiß (g)Fett (g)davon gesättigte Fettsäuren (g)Kohlenhydrate (g)
Milch 3,5 %653,43,52,44,7
Milch 1,5 %483,41,51,14,8
Haferdrink460,31,50,17,2
Sojadrink383,01,80,32,3
Mandeldrink220,41,10,12,4
Haselnussdrink290,41,60,23,2
Reisdrink540,11,10,211,0
Cashewdrink230,51,10,22,6
Dinkeldrink420,81,50,26,2
Kokosdrink121,70,50,11,3
Quelle: DEBInet

Welcher Drink spart Kalorien, welcher liefert reichlich Protein?

Neben den stolzen 65 Kalorien in 3,5-prozentiger Milch sind die Spitzenreiter in puncto kalorienarm glasklar Kokos-, Mandel- und Cashewdrink. Je nach Hersteller können die Kalorien natürlich variieren. Ein Marktcheck aus 2023 der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen bestätigt jedoch, dass Mandel- und Kokosdrinks gerade einmal zwischen 13 und 21 Kilokalorien pro 100 Milliliter liefern, so die dpa. Doch Vorsicht: Das gilt nur für die ungesüßten Varianten.

Sojamilch hingegen punktet mit ihrem Eiweißgehalt. Darauf weist auch das Max Rubner-Institut hin, das Soja-, Mandel- und Haferdrinks systematisch auf ihre Nährwerte hin untersucht hat. Bei den untersuchten Sojadrinks stellten die Wissenschaftler zudem eine „sehr gute Proteinqualität“ fest, was sie mit dem hohen Anteil der essenziellen Aminosäuren begründen. Bei Hafer- und Mandelmilch ist die Proteinqualität dem Bericht zufolge geringer, der Körper kann sie damit schlechter verwerten.

Apropos Haferdrinks: Weil sie auf Getreide basieren, enthalten sie mehr Kohlenhydrate und wenig Eiweiße. Und damit im Pflanzendrink-Vergleich auch eher viele Kilokalorien: durchschnittlich 46.

Barista-Varianten enthalten oft mehr Fett

Gut zu wissen für alle, die den Pflanzendrink zu Milchschaum schlagen: Barista-Varianten sind oft fett- und damit auch kalorienreicher, zeigt der Marktcheck der Verbraucherzentrale. Wer kalorienbewusst einkauft, sollte da also lieber noch einmal die Verpackung prüfen.

Was ist eigentlich mit laktosefreier Milch?

„Laktosefreie Milch hat ein fast identisches Nährstoffprofil, verglichen mit herkömmlicher Milch. Der wesentliche Unterschied liegt darin, dass in dieser Version der Milchzucker, also die Laktose, bereits in ihre Bestandteile gespalten ist: nämlich in die Einfachzucker Glukose und Galaktose. Auf diese Weise ist sie bekömmlich für Personen mit Laktoseintoleranz, welchen ein Enzym namens Laktase im Körper fehlt. Dieses übernimmt normalerweise die Spaltprozedur während der Verdauung. Übrigens: Durch die Einfachzucker sind laktosefreie Produkte ein Ticken süßer – perfekt für Desserts oder Kuchen.“

Welche Mikronährstoffe stecken in den Produkten?

Ein Glas (pflanzliche) Milch liefert natürlich auch Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente. Bei den Milchalternativen sind diese jedoch zum Teil extra hinzugefügt, da sie natürlicherweise nicht in Hafer und Co. stecken.

 Vitamin D (μg)Vitamin B2 (mg)Vitamin B12 (μg)Kalzium (mg)Jod (μg)
Milch 3,5 %0,0880,180,4091203
Milch 1,5 %0,030,180,51207
Haferdrink0,750,210,38 120-
Sojadrink0,750,10,38120-
Mandeldrink0,750,210,38120-
Haselnussdrink0,750,210,38120-
Reisdrink0,750,210,38120-
Cashewdrink0,750,210,38120-
Kokosdrink0,750,210,38120-
Dinkeldrink-----
Quelle: DEBInet
(-) keine Angabe

Zusätze, Zusätze, Zusätze

Je nach Anbieter können in den pflanzlichen Drinks nicht nur Hülsenfrüchte oder Nüsse – gemischt mit Wasser – stecken, sondern auch Zusätze, welche die Produkte vollmundiger und länger haltbar machen. Sojamilch enthält etwa neben den Grundzutaten häufig auch Zucker, Calciumcarbonat, Säureregulator (Kaliumphosphate), Aroma, Meersalz, Stabilisator (Gellan) und zugesetzte Vitamine. Beim Haferdrink sind es, neben der namengebenden Zutat Zichorienwurzelfasern, Sonnenblumenöl, Tricalciumphosphat, Meersalz, Stabilisator (Gellan) und die Vitamine B2, B12 und D2. Es gibt allerdings auch Drinks, die ohne Zusatzstoffe in der Rezeptur auskommen. Hier lohnt sich also ein Blick auf die Zutatenliste. Kleiner Tipp: Für die Bio-Varianten sind weniger Zusatzstoffe zugelassen.

Bei Kuhmilch ist es nur (meist pasteurisierte, also hoch erhitzte) Milch.

Ernährungsexperten sind kritisch

Fachleute sehen bei den Zusätzen ein Problem. „Die meisten veganen Ersatzprodukte zu Milch werden unter extremem technologischen Einsatz hergestellt“, sagt uns dazu Ernährungswissenschaftler Sven-David Müller. „Und auch wenn Zusatzstoffe nicht gefährlich sind – BESSER wäre in jedem Fall eine Ernährung ohne Zusatzstoffe.“

Herstellung von Sojamilch

„Die Sojabohnen werden zunächst eingeweicht. Danach heißt es Mahlen, Kochen und Filtrieren, manchmal werden sie auch homogenisiert und pasteurisiert – ähnlich wie die klassische Kuhmilch. Bei den Hafer-, Dinkel- und Reis-Varianten funktioniert es nicht viel anders. Die Getreidekörner werden geschrotet, mit Wasser versetzt und gekocht. Daraufhin werden ihnen Enzyme zugesetzt und sie werden mehrere Stunden lang fermentiert. Der wässrige Brei, der daraufhin entsteht, wird durchgesiebt und filtriert – und dadurch zu einer klaren Substanz, die mit Milch nicht einmal optisch Ähnlichkeit hat. Das soll sie aber! Die Flüssigkeit wird deshalb mit bestimmten Pflanzenölen emulgiert, wodurch die gewünschte, weißliche Farbe entsteht.“

Sven-David Müller, Ernährungswissenschaftler

Der Mineralstoff Kalzium ist für viele der Hauptgrund zur Milchtüte zu greifen

Aber was ist mit guten Sachen, die zugesetzt werden? Beispielsweise Kalzium, welches unter anderem für die Reizübertragung in den Nervenzellen und die Knochengesundheit wichtig ist. Diplom-Ökotrophologe Professor Dr. Nicolai Worm weist zudem darauf hin, dass pflanzliche Drinks Inhaltsstoffe, etwa Phytate, enthalten können, die die Kalziumaufnahme verringern können. Eine aktuelle Untersuchung, welche die Bioverfügbarkeit von Kalzium aus verschiedenen Lebensmitteln analysiert hat, bestätigt die Experten: Trotz ähnlichem Kalziumgehalt im Produkt lag die Bioverfügbarkeit von Kalzium bei allen pflanzlichen (angereicherten) Getränken unter fünf Prozent. Zum Vergleich: Bei Kuhmilch lag sie bei 30 Prozent (Gewinner der Untersuchung war übrigens Grünkohl).2 Worms rechnet vor: „Um eine vergleichbare Kalziumversorgung wie mit Milch zu erreichen, müsste man bei dem Haferdrink die 7,3-fache Menge trinken, bei dem stark angereicherten Mandeldrink die 2,7-fache, bei dem Reisdrink die 5,8-fache und bei dem nicht mit Kalzium angereicherten Soja-Drink die 22,3-fache Menge.“

Geringere biologische Wertigkeit bei veganer „Milch“

Diplom-Ökotrophologe Professor Dr. Nicolai Worm sieht veganen Milchersatz mindestens ebenso kritisch. Tatsächlich könne man Sojamilch eine gewisse Ausnahme einräumen – zumindest was einen Teilaspekt anbetrifft. Worm berichtet von einer Untersuchung irischer und finnischer Ernährungswissenschaftler, die sämtliche Alternativen aus beispielsweise Reis, Mandeln, Hafer und Co. auf ihren Nährstoffgehalt analysiert haben, „und dieser hat je nach Sorte und Hersteller erheblich variiert“, erinnert er sich. Was sie aber alle gemeinsam hatten: „Typischerweise waren sie sehr eiweißarm.“ Soja-„Milch“ enthalte verhältnismäßig viel Protein, wobei das Sojaprotein jedoch etwas schlechter vom Körper verwertet werden könne als das Kuhmilchprotein.

Allergiker aufgepasst

Worm warnt bei Sojamilch auch vor Nachteilen. „Bei Allergikern können Sojagetränke kritisch werden“, warnt er, „denn Soja-Eiweiß kann Nahrungsmittelallergien auslösen.“ Insbesondere Birkenpollenallergiker seien gefährdet, da es hier zu Kreuzallergien mit schwerwiegenden Reaktionen kommen kann.

Krebs durch Milch?

Apropos eingreifen. Seit einer Weile wird ja vor den vermeintlich wachstumsfördernden Eigenschaften von Milchproteinen gewarnt. Einige Experten gehen sogar so weit, zu behaupten, dass mit Milchkonsum eine erhöhte Krebsgefahr einhergeht – FITBOOK hat darüber hier bereits berichtet.

Auch Professor Worm hat die Diskussion natürlich verfolgt. Daran stört ihn, dass die meisten Milch-Kritiker aus Hunderten von biologisch wirksamen Bestandteilen nur einzelne biochemische oder physiologische Reaktionen thematisieren. Derselbe Bestandteil könne außerdem aber viele weitere Reaktionen im Körper auslösen, die tatsächlich als günstig eingeschätzt würden und jenen einen negativen Effekt sogar kompensieren könnten, doch dies würde gemeinhin ignoriert.

Laut dem World Cancer Research Fund (WCRF) verringern Milchprodukte sogar das Risiko von Dickdarmkrebs. Allerdings könnte ein erhöhter Konsum von Milchprodukten das Risiko für Prostatakrebs erhöhen – es sollte also nicht zu viel werden.3

Und welche Variante ist umweltfreundlicher?

In jedem Fall sollen die pflanzlichen Alternativen aber umweltfreundlicher sein, heißt es jedenfalls in der Werbung und auf den Verpackungen. Und auch die „Albert Schweitzer Stiftung“ schreibt in einer Veröffentlichung zur „Ökobilanz von Pflanzenmilch“, dass die Kuhmilchproduktion Umwelt und Klima schade. „Der Großteil der klimaschädlichen Emissionen entsteht bereits im Verdauungsapparat der Kuh. Aber auch die Futtermittelproduktion hat einen bedeutenden Anteil.“ Wenn in Europa ein Liter Kuhmilch produziert wird, entspräche das einer Klimabelastung von etwa 1,3 Kilogramm Kohlendioxid. Und weitere Schadstoffe, die zwischen Molkerei und Handel (bei Transport, Verarbeitung und Lagerung der Milch) ausgestoßen werden, seien hier noch nicht einmal mit eingerechnet.

Auf den Umweltaspekt ist Prof. Worm in einem Fachartikel auch schon eingegangen – und räumt sogar ein, dass das CO2-Äquivalent von Milch bei 0,84 – 1,3 CO2 e/kg angegeben wird und damit höher ausfällt als bei Hafer- und Soja-Drinks (0,21 bzw. 0,31 CO2 e/k). Laut dem Experten basieren die Angaben allerdings auf unterschiedlichen Voraussetzungen. „Der Nährwert von Milch ist deutlich höher. Wenn man Nährstoffdichte und ‚Treibhauseffekt‘ in ein Verhältnis setzt, also vor dem Hintergrund des Nutrient Density to Climate Impact Index (NDCI) beurteilt, schneidet Milch eindeutig günstiger ab als die veganen Alternativen.“

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Fazit

Letzten Endes ist es eine subjektive Frage, die sich nicht zuletzt auch nach den persönlichen Vorlieben richtet. Wem der Gedanke an Kuhmilch und/oder generell tierische Produkte nicht schmeckt, der findet im Handel eine Vielzahl an pflanzlichen Ersatzprodukten. „Die meisten davon bestehen vor allem aus Wasser und enthalten nur sehr geringe Anteile an Fett- und Aminosäuren“, wissen wir von Herrn Prof. Worm. Schlimm ist das nicht, da man den Bedarf an jenen essenziellen Nährstoffen auch durch seine sonstige Ernährung decken kann. Und wie auch Kollege Müller uns versichert, ist die stark verarbeitete Natur der Pflanzendrinks zwar kein wirkliches Problem, allerdings auch nicht erstrebenswert.

mit Material von dpa

Themen Vegane Ernährung

Quellen

  1. Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE). Milchbilanz: Erneut weniger Milch, Käse und Butter verbraucht. (aufgerufen am 19.07.2024) ↩︎
  2. Muleya, M., Bailey, E. F., Bailey, E. H. (2024). A comparison of the bioaccessible calcium supplies of various plant-based products relative to bovine milk. Food Research International. ↩︎
  3. World Cancer Research Fund (WCRF). Cancer types. (aufgerufen am 19.07.2024) ↩︎
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