8. September 2021, 4:13 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Alzheimer ist eine Krankheit, die in der Regel vor allem alte Menschen betrifft. Jetzt entdeckten Wissenschaftler bei mehreren Mitgliedern ein und derselben Familie aus Schweden eine sehr seltene und aggressive Form der Krankheit, die rapide voranschreitet und bereits in den 40ern beginnt.
Eine tragische Familiengeschichte brachte die Wissenschaftler des Uppsala University Hospital auf die Spur einer Genmutation, die sie mit einer sehr seltenen Form von Alzheimer in Verbindung bringen. Diese beginnt offenbar bereits in den frühen 40ern und schreitet zudem sehr schnell voran. Dabei raubt sie den Erkrankten nicht nur die kognitiven Funktionen, sondern auch die produktivsten Lebensjahre.
Übersicht
Alzheimer-Leidensgeschichte der Familie
Die Wissenschaftler der Universität in Uppsala stießen vor sieben Jahren eher zufällig auf die Leidensgeschichte der schwedischen Familie. Damals ließen sich zwei Geschwister in der Uni-Klinik untersuchen. Sie litten an Erinnerungsverlust, hatten Probleme mit dem Orientierungssinn und allgemein das Gefühl, mental nicht mehr fit zu sein. Als dritter Betroffener ließ sich auch ein Cousin untersuchen, der ähnliche Symptome zeigte. Er konnte bereits nicht mehr deutlich ganze Sätze sprechen und selbst einfache Mathe-Aufgaben nicht mehr lösen. Bei allen drei lautete die Diagnose: Alzheimer bzw. aufgrund ihres jungen Alters „early-onset-Alzheimer-Demenz“. Damit nicht genug, stellte sich außerdem heraus, dass auch der Vater der beiden Geschwister bereits 20 Jahre zuvor in der Klinik wegen Alzheimer behandelt worden war. Auch er war zu dem Zeitpunkt erst Anfang 40.1
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Fehler in der DNA
Gemeinsam mit Neurowissenschaftlern, Struktur- und Molekularbiologen und Bildgebungsexperten gingen die Wissenschaftler der seltenen Alzheimer-Form auf den Grund. Dabei entdeckten sie eine neue Mutation des APP-Gens. Diese beschleunigt die Ablagerung des Beta-Amoyloid-Proteins, das als Marker für Demenz und Alzheimer gilt. Die so entstandene, seltene Form von Alzheimer nannten die Forscher „Uppsala App Deletion“ – nach der bisher einzigen Familie, bei der dieser spezielle DNA-Fehler nachgewiesen werden konnte. Die Mutation führt offenbar zu einer Demenz in frühen Jahren und wird von Generation zu Generation weitergegeben.2
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Neue Mutation des APP-Gens identifiziert
Auch andere Formen von Alzheimer wurden bereits mit Veränderungen des APP-Gens in Verbindung gebracht. Zuvor hatten Forscher weltweit bereits über 50 verschiedene Mutationen identifizieren können. Mithilfe einer genetischen Analyse und weiteren biologischen und chemischen Untersuchungen bestätigten Studienautorin Dr. María Pagnon de la Vega und ihr Team nun diesen neuen APP-Gen-Defekt als Ursache von Alzheimer. Das Besondere an der in Uppsala entdeckten Mutation: Sie streicht direkt sechs Aminosäuren aus einer Aminosäuren-Kette. In der Folge kommt es zu einer zerstörerischen Ablagerung des Demenz-Proteins im gesamten Gehirn und zu der früh einsetzenden Alzheimer-Erkrankung.
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Auswirkung von APP-Mutationen
Mit der Entdeckung dieser neuen Mutation des APP-Gens hoffen die Wissenschaftler weiter zur Aufklärung der Mechanismen im Körper, die zu Alzheimer führen, beitragen zu können. Denn die Demenzerkrankung lässt immer noch viele Fragen offen. Auch eine Möglichkeit der Heilung ist nicht in Sicht. Somit ist jede neue Erkenntnis wichtig und bedeutet einen Fortschritt in der Alzheimer-Forschung.
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Quellen
- 1. Ricks D. (2021). Scientists in Sweden discover a rare, aggressive form of Alzheimer’s that begins in the early 40s. Medical Express.
- 2. Pagnon de la Vega M, Giedraitis V, Michio W et al. (2021). The Uppsala APP deletion causes early onset autosomal dominant Alzheimer’s disease by altering APP processing and increasing amyloid β fibril formation. Science Translation Medicine.