28. Juli 2020, 6:03 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Die Sehnenscheiden schützen unsere Sehnen in den Gelenken (Hand, Unterarm, Fuß) vor besonders starker Beanspruchung wie sie beispielsweise durch ungewohnte Bewegungen beim Sport auftreten können. Ist die Belastung zu groß, kann das schmerzhafte Folgen haben. Eine Expertin für neurozentriertes Training zeigt Übungen, die bei einer Sehnenscheidenentzündung Linderung verschaffen – und die man selbst zu Hause machen kann.
Sehnen bestehen aus Bindegewebe und verbinden die Knochen mit den Muskeln. Geschützt werden diese Gewebe, die besonders starken Reibungen und Spannungen ausgesetzt sind, durch Sehnenscheiden. Sie sind mit einer Art Gelenkschmiere versehen, die die Sehne einerseits schützt und andererseits das Gleiten der Sehne optimiert.
Was ist eine Sehnenscheidenentzündung und wie macht sie sich bemerkbar?
Wird das Gelenk dauerhaft falsch belastet oder monoton genutzt – beispielsweise durch langes Arbeiten am Computer, bei der Gartenarbeit oder beim Erlernen einer neuen, ungewohnten Bewegung beim Sport oder Musizieren –, kann die Reibung der Sehne über den Knochen zum Verschleiß der Sehnenscheide führen. Dabei entzünden sich mit Flüssigkeit gefüllte Bindegewebshüllen, durch die Sehnen an manchen Stellen am Körper verlaufen.
Eine Sehnenscheidenentzündung kann am Fußgelenk, Unterarm oder am Handgelenk auftreten. Letzteres ist besonders häufig betroffen, weil der volle Bewegungsumfang dieses Gelenks selten genutzt wird. Die in der Nähe verlaufenden Nerven können durch die Entzündung irritiert werden, was zu Kribbeln und sogar Taubheitsgefühlen führen kann.
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Muskelspannung normalisieren, Nerven aktivieren
Die Sehnenscheidenentzündung am Handgelenk kann die peripheren Nerven irritieren. Eine Mobilisierung dieser Nerven sorgt für die Aktivierung der Rezeptoren des umliegenden Gewebes. Muskelspannung kann dadurch normalisiert werden und Faszien mobilisiert.
Um Linderung zu verschaffen, gilt es grundsätzlich, Sensorik und Motorik wieder zu trainieren, um Kraft, Beweglichkeit und Koordination der betroffenen Stelle wieder auszubauen. Es gilt, die Rezeptoren des umliegenden Gewebes zu aktivieren und dadurch eine Normalisierung der Muskelspannung zu erreichen. Ansätze hierfür bietet sogenanntes neurozentriertes Training – also gehirnbasiertes Training mit Fokus auf den neuronalen Prozessen des Körpers. Mit den folgenden Übungen können Sie die Rezeptoren des umliegenden Gewebes aktivieren und entspannen und so Schmerzen und Bewegungseinschränkungen in den Griff bekommen.
Wichtiger Hinweis: Bei akuten Schmerzen, die auch nach Tagen nicht nachlassen, sollten Sie zur Abklärung dringend einen Arzt aufsuchen.
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Handgelenk an der Wand dehnen
Stellen Sie sich aufrecht vor eine Wand und legen beide Hände darauf ab. Die Fingerspitzen zeigen zum Boden, die Daumen sind zu den Fingern gezogen. Lassen Sie die Ellenbogen anfangs gebeugt. Spüren Sie die Dehnung und atmen Sie durch die Nase ein paar Mal tief ein und aus.
Intensiver wird die Dehnung, wenn Sie die Ellenbogen langsam und gleichmäßig durchdrücken. Sie steigern die Dehnung weiter, indem Sie Ihren Oberkörper leicht nach hinten lehnen.
Achten Sie darauf, die Dehnung nur langsam zu steigern und nicht in den Schmerz zu gehen. Nehmen Sie sich Zeit und intensivieren Sie die Übung Schritt für Schritt.
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Anspannung des mittleren Armnervs
Stellen Sie sich aufrecht hin und strecken Sie die Finger und die Hand der betroffenen Seite. Drehen Sie das Handgelenk nach außen, sodass die Finger von Ihnen weg zeigen. Strecken Sie den Ellenbogen durch.
Drehen Sie den Oberarm nach außen und ziehen Sie das Schulterblatt nach unten. Arm leicht zur Seite abspreizen, Kopf leicht von der betroffenen Seite weg neigen. Drehen Sie den Kopf leicht zur betroffenen Seite hin. Gehen Sie nun in eine leichte Mobilisation, indem Sie langsam und gleichmäßig Ihr Schulterblatt nach oben und unten bewegen.
Diese Anspannungsübung fühlt sich unangenehm an? Dann probieren Sie, den Nerv mit der folgenden Übung zu entlasten:
Lockerung des mittleren Armnervs
Stellen Sie sich aufrecht hin und beugen Sie die Finger und die Hand der betroffenen Seite. Drehen Sie das Handgelenk nach innen, sodass die Finger zu Ihnen zeigen. Ellenbogen beugen, Oberarm nach innen drehen. Ziehen Sie das Schulterblatt nach oben und führen Sie den Arm leicht zur Körpermitte heran. Neigen Sie den Kopf leicht zur betroffenen Seite hin und drehen ihn wieder weg. Jetzt mobilisieren Sie leicht, indem Sie langsam und gleichmäßig Ihr Schulterblatt nach oben und unten bewegen.
Anspannung des Ellennervs
Stellen Sie sich aufrecht hin und strecken Sie die Finger und die Hand der betroffenen Seite. Drehen Sie das Handgelenk nach vorne, sodass die Finger nach vorne zeigen. Beugen Sie den Ellenbogen und heben Sie die Schulter anschließend. Drehen Sie den Oberarm nach außen und ziehen Sie das Schulterblatt nach unten. Neigen Sie den Kopf leicht von der betroffenen Seite weg. Drehen Sie den Kopf leicht zur betroffenen Seite hin. Für die Mobilisation das Schulterblatt langsam und gleichmäßig nach oben und unten bewegen.
Wenn Ihnen diese Anspannungsübung unangenehm ist, probieren Sie, den Nerv mit der folgenden Übung zu entlasten:
Lockerung des Ellennervs
Stellen Sie sich aufrecht hin und beugen Sie die Finger und die Hand der betroffenen Seite zu einer leichten Faust. Drehen Sie das Handgelenk nach innen, sodass die Finger zu Ihnen zeigen. Strecken Sie den Ellenbogen anschließend. Drehen Sie den Oberarm nach innen und ziehen Sie das Schulterblatt nach oben. Neigen Sie den Kopf leicht zur betroffenen Seite hin und wieder weg. Gehen Sie nun in eine leichte Mobilisation, indem Sie langsam und gleichmäßig Ihr Schulterblatt nach oben und unten bewegen.
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Anspannung des Speichennervs
Stellen Sie sich aufrecht hin und strecken Sie den Ellenbogen. Drehen Sie den Oberarm nach außen. Beugen Sie das Handgelenk und den Daumen, nicht die Finger. Spreizen Sie das Handgelenk in Richtung Elle ab und drehen es einwärts. Ziehen Sie das Schulterblatt nach unten und heben die Schulter zur Seite leicht ab. Neigen Sie den Kopf leicht von der betroffenen Seite weg. Drehen Sie den Kopf leicht zur betroffenen Seite hin. Gehen Sie nun in eine leichte Mobilisation, indem Sie langsam und gleichmäßig Ihr Schulterblatt nach oben und unten bewegen.
Wenn Ihnen diese Anspannungsübung unangenehm ist, probieren Sie, den Nerv mit der folgenden Übung zu entlasten:
Lockerung des Speichennervs
Stellen Sie sich aufrecht hin und beugen Sie den Ellenbogen. Drehen Sie den Oberarm nach innen. Strecken Sie das Handgelenk und den Daumen, nicht die Finger. Spreizen Sie das Handgelenk in Richtung Speiche ab und drehen es auswärts. Ziehen Sie das Schulterblatt nach oben und führen Sie die Schulter zum Körper heran. Neigen Sie den Kopf leicht zu der betroffenen Seite hin. Drehen Sie den Kopf leicht von der betroffenen Seite weg. Gehen Sie nun in eine leichte Mobilisation, indem Sie langsam und gleichmäßig Ihr Schulterblatt nach oben und unten bewegen.
Blockierte Einatmung
Atemübungen mögen für viele nicht besonders naheliegend sein, um eine Sehnenscheidenentzündung zu lindern? Das ergibt durchaus Sinn, wenn man weiß, dass sich im Halsbereich Nerven befinden, die das Gehirn mit Informationen aus den Sehnenscheiden im mittleren Armnerv, Ellen- und Speichennerv versorgen. Über diesen Informationskanal entscheidet das Gehirn, ob die Lage so bedrohlich ist, dass ein Schmerzsignal gesendet wird – oder nicht. Also: Geben Sie dieser genialen Atemübung eine Chance, wenn das Handgelenk brennt!
Setzen Sie sich aufrecht hin und atmen Sie ein paar Mal tief durch die Nase ein und aus. Atmen Sie dann fokussiert durch die Nase aus und halten die Luft an. Halten Sie sich die Nase zu, der Mund bleibt geschlossen. Tun Sie, als ob sie durch die zugehaltene Nase einige tiefe Atemzüge nehmen würden – der entstehende Unterdruck wird das Zwerchfell dehnen und damit Spannung aus dem unteren Rücken nehmen.
Zur Person: Luise Walther ist Personal Trainerin in Berlin mit Schwerpunkt funktionelle Neurologie und neuronales Bewegungstraining. Sie verfügt über Fachwissen in der Rehabilitation, Verletzungsprophylaxe sowie Performance-Steigerung.