28. Juni 2022, 4:12 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
In deutschen Badeseen tauchen vermehrt Saugwürmer, genauer gesagt Zerkarien, auf. Die bohren sich in die Haut, lösen einen juckenden Ausschlag aus und drohen nun, sich auch deutschlandweit zu verbreiten. Doch was kann man bei einem Befall tun und wie sehen die Folgen aus?
Die Temperaturen steigen und damit sind auch die Badeseen Berlin vermehrt von Saugwürmern bzw. Zerkarien befallen. Aber auch im Rest Deutschlands könnten sich die Parasiten ausbreiten. Beim Menschen bohren sie sich in nur wenigen Minuten in die Haut und können dadurch eine Badedermatitis auslösen – einen extrem juckenden Ausschlag, der über mehrere Tage andauert. Doch was passiert bei einem Befall und was kann man gegen die Biester tun? FITBOOK klärt über Behandlung, Folgen und Vorsichtsmaßnahmen beim Baden auf.
Übersicht
Was sind Zerkarien?
Sie sind neben Sonnenbrand die Spielverderber des Sommers: Zerkarien, auch Gabelschwanzlarven genannt. Sobald die Temperatur in Badeseen über längere Zeit zwischen 26 und 28 liegt, machen sie sich breit. Sie sind die Larven von kleinen Saugwürmern der Gattung Trichobilharzia und können sich in warmen und freien Gewässern in die Haut von Menschen bohren und eine extrem juckende, allergische Reaktion auslösen. Eine solche Zerkarien-Dermatitis kommt weltweit vor und ist besonders in Mitteleuropa eine weitverbreitete Hauterkrankung.1 Die Parasiten werden durch den Wind in Buchten von insbesondere stehenden Gewässern zusammengetrieben und machen sich gerade insbesondere im Berliner Raum breit, aber nicht nur dort. Sie könnten bald auch in ganz Deutschland auftreten.
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Wie breiten sich die Larven der Saugwürmer aus?
Normalerweise befallen die Parasiten nur Wasservögel wie Enten, Gänse oder Taucher und dringen über die Füße in das Blutgefäßsystem des Darmes und der Nasenschleimhaut. Das ist auch der Grund, warum auch eine deutschlandweite Verbreitung nicht unwahrscheinlich ist: Die Larven wachsen in den Wasservögeln zu Saugwürmern heran, deren Eier über den Kot bzw. die Nasenschleimhaut des befallenen Tieres wieder ausgeschieden werden. Die geschlüpften Parasiten-Babys suchen anschließend für die nächsten zwei bis drei Monate einen Zwischenwirt in Süßwasserschnecken – bis sie als Zerkarien wieder auf die Suche nach Vogel-Füßen gehen. Dabei können sich hin und wieder einige von ihnen verirren und „zwischenwirtlich“ auf die Haut des Menschen übergehen. Sollten Wasservögel nun aber von See zu See ziehen, ist eine deutschlandweite Verbreitung nicht mehr weit.2
In Deutschlands Hauptstadt sind aktuell folgende Badeseen betroffen mit Zerkarien (Stand 23.06.2022):3
- Schlachtensee
- Krumme Lanke
- Jungfernheideteich
- Teufelssee
- Großer und Kleiner Müggelsee
- Halensee
- Unterhavel (Große Steinlanke)
- Großer Wannsee
Symptome bei Befall von Zerkarien
Erstinfektionen werden oft nicht mal bemerkt und verlaufen demzufolge meist ohne Symptome. Hin und wieder können wenige Minuten nach dem ersten Kontakt eine Art Prickeln, leichtes Jucken oder gerötete Haut an der Eintrittsstelle auftreten. Schlimmer werden die Symptome jedoch bei einer Reinfektion, sprich bei bereits mehrfach befallenen, sensibilisierten Menschen: Bei ihnen können schon zehn bis 25 Stunden nach dem Kontakt zahlreiche drei bis acht Millimeter große, brennende und stark juckende Quaddeln bzw. Bläschen entstehen. Hypersensibilisierte Betroffene können in seltenen Fällen sogar mit Fieber oder Regulationsstörungen des Blutkreislaufes zu kämpfen haben.
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Ausschlag mit Quaddeln auf der Haut gefährlich?
Was ziemlich eklig klingt, ist glücklicherweise recht harmlos: Da ein Befall von Zerkarien nur oberflächlich ist und der Mensch gewissermaßen einen Fehlwirt darstellt, gilt eine Badedermatitis als ungefährlich. Die Larven der Saugwürmer können nicht tiefer in den Körper eindringen und sterben demzufolge nach mehreren Tagen ab. Eine medizinische Behandlung ist in der Regel also nicht notwendig.
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Behandlung und Folgen einer Badedermatitis
Wer sich tatsächlich mit einer Badedermatitis rumschlagen muss, dem sei also geraten: Durchhalten! Und dem Aufkratzen der juckenden Stellen widerstehen. Ansonsten können weitere Infektionen mit Bakterien oder Narben die Folgen sein. Der Juckreiz ist schon nach drei bis fünf Tagen wieder verschwunden – die Quaddeln nach etwa zehn bis 20 Tagen ausgeheilt. Wird das Jucken dennoch zu stark, können entsprechende Salben und Lotionen helfen. Auch kalte Kompressen, ätherische Öle (wie Menthol) oder Aloe-Vera-Gel können beruhigen und die betroffenen Stellen kühlen. Ein Arzt ist in aller Regel also nicht notwendig, da die Parasiten kurz nach dem Eindringen in die Haut ohnehin absterben.
Sollte die allergische Reaktion bzw. der Ausschlag dennoch zu stark werden, kann der medizinische Rat helfen und der Hausarzt gegebenenfalls eine leichte Cortison-Salbe oder Antihistaminika verschreiben. Grundsätzlich sollte man einen Befall aber dennoch dem Gesundheitsamt melden.
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Können Zerkarien auch Hunde befallen?
Ja. Neben dem Menschen können auch andere Fremdwirte von Zerkarien befallen werden, wie zum Beispiel Hunde, die gerne ins Wasser gehen. Zwar sind viel mehr Fälle von befallenen Personen bekannt als von Hunden, da deren Fell die Saugwürmer-Larven vermutlich fernhält, dennoch können auch bei den Vierbeinern grundsätzlich entzündliche Hautreaktionen und Juckreiz entstehen. Möglicherweise ist die Dunkelziffer von betroffenen Tieren recht hoch, da nur ein geringer Teil mit Juckreiz zum Tierarzt gebracht wird – sofern er überhaupt bemerkt wird.4 Hat der Hund ohnehin schon mit Hautproblemen zu kämpfen, sollte man eine vorübergehende Badepause einlegen oder zumindest stehendes Gewässer meiden.
Was man beim Baden am See beachten sollte
Der beste Schutz vor Saugwürmern bzw. Zerkarien besteht im Vermeiden vom Baden in gefährdeten Gewässern. Wer dennoch das Risiko nicht scheut, kann sich immerhin an einige Maßnahmen halten, um zumindest die Wahrscheinlichkeit eines Befalls zu senken.
- nicht an stark bewachsenen Ufern baden
- Seen meiden, in denen viele Enten schwimmen
- kühleres, tiefes Wasser statt seichter, warmer Stellen
- längere Aufenthalte im flachen Wasser vermeiden (insbesondere Kinder)
- den Körper vor dem Baden mit wasserfester Sonnencreme einreiben
- nach dem Baden sofort mit dem Handtuch abrubbeln und Badesachen wechseln
- Enten und andere Wasservögel nicht durch Fütterungen anlocken
- bestenfalls in fließendem Gewässer baden
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Kann man eine Verbreitung von Saugwürmern verhindern?
Aktuell gibt es laut des Landesamts für Gesundheit und Soziales noch keine Möglichkeit, in die betroffenen Gewässer einzugreifen. „Ökologische Maßnahmen gegen Wasserschnecken, wie ein Entkrauten der Uferzone, das Durchpflügen des Schlamms oder das Absammeln und Abtöten von Wasserschnecken sowie das Ausbringen von Fressfeinden der Wasserschnecken“ seien in natürlichen Gewässern in Berlin aus tierschutzrechtlicher und ökologischer Sicht verboten. Die einzige Möglichkeit die Saugwürmer einzudämmen, sei das Fernhalten von Enten und Wasservögeln. Also Hände weg vom Brotkrümel-Werfen: So süß die watschelnden Enten am See auch sein können, Fütterungen könnten die Situation schlimmer machen.
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Quellen
- 1. Sozialministerium (2019). Zerkarien-Dermatitis (Bade-Dermatitis). (aufgerufen am 27.06.2022)
- 2. Nabu Schleswig-Holstein (2019). Tiere & Pflanzen Sonstige Arten Zerkarien-Badedermatitis meist harmlos. (aufgerufen am 27.06.2022)
- 3. Pressemitteilung der Stadt Berlin vom 23.06.2022. (aufgerufen am 27.06.2022)
- 4. Deutsche Gesellschaft für Veterinärdermatologie (2008). Die Badedermatitis (Entenbilharziose) – ein Problem für badende Menschen und Hunde. (aufgerufen am 27.06.2022)