13. Mai 2020, 16:36 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Es scheint, als wird Charité-Virologe Prof. Christian Drosten vermehrt als Spielverderber empfunden. Etwa, weil er an der einen oder anderen Stelle über die möglichen Gefahren (vorschneller) Lockerungen von Corona-Beschränkungen erinnert. Was andere Experten in den sozialen Netzwerken erklären, ist da mitunter beliebter. Nun meldet sich Drosten selbst zu Wort – und kann gut begründen, warum das, was sich im Netz verbreitet, teilweise absoluter „Quatsch“ ist.
„Es lässt sich ja kaum noch zusammenfassen, was so kursiert in sozialen Medien“, berichtete Virologie-Professor Drosten kürzlich im NDR-Podcast „Corona Update“.
FITBOOK berichtete darüber, dass vermehrt u.a. Kettenmails genutzt werden, um vermeintliche Wahrheiten zu verbreiten. WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus sprach bereits von einer die Epidemie begleitende „Infodemie“. Drosten erfährt das am eigenen Leib. Der Virologe, der seit Beginn der Corona-Krise beratend für die Regierung und wissenschaftliche Einrichtungen tätig war, ist mehr und mehr zur Zielscheibe von Verschwörungstheoretikern geworden.
Dabei kann er von sich behaupten, nur mit absoluter fachlicher Sicherheit zu etwas Stellung zu nehmen. Drostens wachsendes Verständnis des neuartigen Coronavirus Sars-Cov-2 befähigt jahrelange Forschungserfahrung auf dem Gebiet der Coronaviren. „Man kann die Literatur und die Fachkenntnis in diesem Gebiet nicht kennen, wenn man nicht absoluter Spezialist ist“, weiß er. „Das ist der einzige Grund, warum ich als Person überhaupt in der Öffentlichkeit stehe.“
Aussagen falscher Experten fallen auf ihn zurück
Drosten hat schon häufiger vor vorschnellen bzw. unvorsichtigen Lockerung verschiedener Corona-Beschränkungen gewarnt, da sie eine neue Infektionswelle zur Folge haben könnten. Aus der Öffentlichkeit kam immer wieder Kritik – die Verbote und Abstandsregeln seien zu streng und vor allem unnötig. Diesen Standpunkte wollen verschiedener Experte mit eigenen Argumente bekräftigen, darunter auch Ärzte und Professoren, „die irgendeinen Quatsch in die Welt setzen, die nie an diesen Themen gearbeitet haben. Denen man aber aufgrund ihrer akademischen Qualifikation glaubt“. Das empfindet der Wissenschaftler als gefährlich.
»Viel Meinung, wenig Fachwissen
Wie er bereits in einem früheren „Corona Update“-Podcast erklärte, berücksichtige selbst er – der über ein umfassendes Grundwissen verfügt – grundsätzlich die aktuellsten Studien und belese sich intensiv, bevor er sich zu einem Sachverhalt rundum den neuartigen Erreger und seine Eigenschaften äußere.
Umso mehr wundert er sich, dass teilweise „Fachleuten“ gefolgt werde, die sich Virologen schimpfen, doch dann von Bakterien sprechen. „Ich bin Virologe und würde mich nie zu einem bakteriologischen Thema äußern. Und das ist ja für den normalen Zuschauer fast dasselbe, Viren und Bakterien, für einen Wissenschaftler aber nicht.“
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Experten folgen, nicht attackieren
Drosten erwartet nicht, dass sein Wort zum Gesetz wird. Zumal er selbst seine Einschätzung zum einen oder anderen Detail im Verlauf der Coronavirus-Pandemie überdenken musste. Neuen Erkenntnissen muss man mit einer neuen Haltung folgen, das ist eigentlich nachvollziehbar. Das, was seitens der Wissenschaft früher oder später als gesichert gilt, dürfe jeder einzelne als eine Art „Arbeitshypothese“ ansehen, die mithilfe des eigenen Alltagsverstands ein sinnvolles Verhalten nach sich zieht. „Dann muss man diesen Experten auch folgen und sie nicht in der Tageszeitung attackieren,“ findet er.