16. Mai 2019, 12:22 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Um Parkinson zu erkennen, sind unter anderem neurologische Untersuchungen nötig. Hierzu kommt es aber in der Regel erst dann, wenn bereits Hinweise auf eine Erkrankung vorliegen. Um eine bessere Früherkennung zu ermöglichen, dürfte eine Britin der Forschung mit ihrer erstaunlichen Gabe einen großen Dienst erwiesen haben: Sie hat einen speziellen Parkinson-Körpergeruch ausgemacht.
Die Britin Joy Milne bemerkte an ihrem Ehemann Les Milne einen ungewöhnlichen Geruch – „leicht holzig, moschusartig“, wie sie bereits 2017 dem britischen „The Telegraph“ berichtete. Damals gab sie ihm noch den Tipp, seine Mundhygiene zu verbessern. Dass jene Geruchsabsonderung in Wahrheit auf etwas völlig anderes zurückzuführen war, stellte sie fest, als sie einige Jahre später an einer Selbsthilfegruppe für Parkinson-Betroffene teilgenommen hatte – als Begleitung ihres Mannes, bei dem die Krankheit zwischenzeitlich diagnostiziert worden war. Hier bemerkte sie auch an den anderen Teilnehmern jenen speziellen Geruch und konnte ihn entsprechend auf Parkinson zurückführen. Eine faszinierende Fähigkeit, die im Dienste der Wissenschaft nun wertvolle neue Untersuchungsmethoden ermöglichen soll.
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Parkinson-Patienten produzieren mehr Talg, das war der Wissenschaft bereits bekannt. Aber was genau Milne hier „herausriechen“ kann, was also den Talg von gesunden und kranken Menschen biochemisch unterscheidet – das galt es in einer Studie herauszufinden. Mitarbeiter der Universitäten in Manchester und Edinburgh hatten Milnes außergewöhnlichen Geruchssinn in verschiedenen Experimenten genauer untersucht. Dann wurden ihr Hautabstriche von 64 teilweise an Parkinson erkrankten Probanden vorgelegt. Milne hatte zuverlässig erkannt, bei welchen Proben es sich um solche von Parkinson-Kranken handelte.
Wie riecht Parkinson?
Die anschließende Auswertung (nachzulesen im Fachjournal „ACS Central Science“) ergab, dass gewisse Biomarker im Talg, beispielsweise ein erhöhtes Vorkommen bestimmter organischen Carbonsäuren, auf Parkinson hinweisen. Dies deutet den Wissenschaftlern zufolge darauf hin, dass bei den Patienten verschiedene chemische Botenstoffe verschoben sind. Dieser Fund könnte sowohl der Früherkennung als auch der Behandlung von Parkinson dienen.
Milnes Spürnase besteht jeden Test
Die aktuellen Ergebnisse bestätigen Milnes Gabe bereits zum wiederholten Mal. Im Jahr 2017 ließen Wissenschaftler der Universität von Edinburgh Milne an 12 T-Shirts riechen, die zur Hälfte von Parkinson-Patienten getragen worden waren. Bereits damals hatte sie nicht nur die Parkinson-Kranken „erschnüffelt“, sondern auch bei Probanden aus der Kontrollgruppe Veränderungen festgestellt, die nur Monate später tatsächlich mit einem Parkinson-Befund bestätigt wurden.
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Verschiedene Krankheiten verändern den Körpergeruch
Es gibt verschiedene Krankheiten, die mit einer speziellen Geruchsentwicklung einhergehen. Um dieses Wissen für eine bessere Früherkennung nutzbar machen zu können, arbeitet die Forschung hier schon eine Weile mit Hunden, die beispielsweise auf Malaria oder Krebserkrankungen sensibilisiert sind. Um sie mit der menschlichen Nase (und ohne medizinische Schulung) wahrnehmen zu können, sind die Geruchsveränderungen in der Regel zu dezent.
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Entsprechend ist davon auszugehen, dass nur sehr, sehr wenige das können, was Joy Milne offenbar kann. Ihr extrem scharfer Geruchssinn, der übrigens auch auf Krebs und Demenzerkrankungen reagieren soll, könnte dabei helfen, einen Abstrichtest zu entwickeln, der nicht zuletzt bei Parkinson ausschlägt.