4. Februar 2023, 17:18 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten
Die Gesundheit ist dem Menschen ein hohes Gut. Die bedeutende Rolle der Organe erkannte man schon in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM). Sie arbeitet deshalb u. a. mit der organischen Uhr. FITBOOK erklärt, was diese genau ausmacht und sprach mit zwei Experten.
Die Organuhr bzw. organische Uhr hat ihren Ursprung in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM), stammt also aus einer Zeit, bevor es die moderne Medizin gab. Hierbei wird der Körper als eine Einheit betrachtet, in der Körper, Geist und Seele miteinander in starker Verbindung stehen. Jedes Organ verfügt laut der Uhr über eine aktive Phase und eine Ruhephase. Schenkt man dieser Annahme Respekt und Achtsamkeit, kann dies positive Auswirkungen auf die Gesundheit haben.
Übersicht
- Was hinter der organischen Uhr steckt
- Die „innere Uhr“ lesen
- 1 bis 3 Uhr (Leber): Erneuerung
- 3 bis 5 Uhr (Lunge): Reinigung
- 5 bis 7 Uhr (Dickdarm): Entgiftung und Entleerung
- 7 bis 9 Uhr (Magen): Energie tanken
- 9 bis 11 Uhr (Milz): Denkfähigkeit
- 11 bis 13 Uhr (Herz): Lebensfreude
- 13 bis 15 Uhr (Dünndarm): Reflexion und Erkenntnis
- 15 bis 17 Uhr (Blase): Nutzen Sie das zweite Leistungshoch des Tages
- 17 bis 19 Uhr (Niere): Zur Ruhe kommen
- 19 bis 21 Uhr (Kreislauf): Bewusst genießen
- 21 bis 23 Uhr (Dreifacher Erwärmer): Gedanken fließen lassen und Balance finden
- 23 bis 1 Uhr (Gallenblase): Zeit zum Schlafen
- Organuhr kann Wegweiser sein
- So beurteilt ein Mediziner die organische Uhr
- Organuhr nicht zur Früherkennung von Krankheiten nutzen
- Quellen
Was hinter der organischen Uhr steckt
In der TCM steht die organische Uhr in einer großen Verbindung zu dem sogenannten „Kreislauf der Energie“. Alle Organe des Körpers sollen demnach zu bestimmten Zeiten maximal mit Energie versorgt werden bzw. die stärkste Aktivität aufweisen. Die organische Uhr basiert auf die Theorie der fünf Wandlungsphasen wie Metall, Holz, Wasser, Feuer und Erde. Außerdem ist zu beachten, dass die Uhr immer auf die Winterzeit gestellt ist.
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Die „innere Uhr“ lesen
1 bis 3 Uhr (Leber): Erneuerung
Zeit der Entgiftung. Bei Leberproblemen kann man in diesem Zeitraum häufiger aufwachen oder unruhig schlafen. Die Leber kann sich ausschließlich im Schlaf regenerieren und ist währenddessen sehr empfindlich.
3 bis 5 Uhr (Lunge): Reinigung
Die Lunge befindet sich in einem Reinigungsprozess. Zur Unterstützung ist es ideal, bei geöffnetem Fenster zu schlafen oder den Raum zuvor gut durchzulüften.
5 bis 7 Uhr (Dickdarm): Entgiftung und Entleerung
Ist man um diese Zeit wach, ist dies eine gute Zeit, den Darm zu entleeren. Die Entgiftung durch den Darm kann mithilfe eines Glases lauwarmen Wassers oder einer Tasse Tee gefördert werden. Zudem ist eine gesunde und ausgewogene Ernährung für den Vorteil.
7 bis 9 Uhr (Magen): Energie tanken
Nach dem Reinigungsprozess muss der Körper wieder mit Energie gefüllt werden. Ein ausgewogenes Frühstück mit vielen Nährstoffen ist hierfür ratsam. Außerdem sollte man der Mahlzeit die volle Aufmerksamkeit schenken und sich währenddessen nicht mit Denken, Zweifeln und Grübeln belasten. Um sich energetisch zu fühlen, wird dazu geraten, morgens warm zu essen. Wie beispielsweise eine Suppe, Porridge oder Grießbrei.
9 bis 11 Uhr (Milz): Denkfähigkeit
Zu dieser Zeit soll die Denk- und Widerstandsfähigkeit am höchsten sein. Zudem wird die Wundheilung beschleunigt. Adrenalinausschüttung und Abwehrfunktionen sind die Ursache. Für eine gute Leistungsbereitschaft des Körpers sollte man Prüfungen und Operationen in diesen Zeitraum planen.
11 bis 13 Uhr (Herz): Lebensfreude
Aus Sicht der TCM ist mittags die „Herzenszeit”. Jetzt kann man für den restlichen Tag die Weichen stellen und neue Energie tanken. Die ideale Zeit, sich mit anderen zu einem leichten Mittagessen zu treffen, zu kommunizieren und zu lachen. Das „Herzensfeuer“ sorgt dafür, dass wir Freude am Leben haben.
Der Herzmeridian ist für das Kreislaufsystem zuständig und reguliert das emotionale Gleichgewicht. Ab 12 Uhr beginnt sich der Körper, auf die Verdauung eines Mittagessens einzustellen, die Zeit der maximalen Leistungsbereitschaft ist vorbei.
Nach 12 Uhr sollte man erneut Energie für den Rest des Tages tanken. Dabei hilft, Spaß zu haben, zu lachen und Stress zu vermeiden. Treffen Sie sich mit Freunden, essen Sie gemeinsam, lachen Sie und halten Sie sich in dieser Zeit von Überanstrengung und Stress fern. Empfohlen wird, kleine, leicht verdauliche Mahlzeiten zu sich nehmen und größere Fleischportionen zu meiden.
13 bis 15 Uhr (Dünndarm): Reflexion und Erkenntnis
Der Körper befindet sich im Mittagstief, das Blut wird für die Verdauung benötigt und der Blutdruck sinkt. Wenn möglich, sollte man jetzt eine kurze Siesta machen. Diese Stunden sind die ideale Zeit zum Verarbeiten und Reflektieren der bisher gesammelten Tageseindrücke. Das „Bauchgehirn“ im Dünndarm soll dabei helfen, Wichtiges von Unwichtigem zu trennen.
15 bis 17 Uhr (Blase): Nutzen Sie das zweite Leistungshoch des Tages
Das Mittagstief ist überstanden, der Körper kommt wieder auf Hochtouren, eine gute Zeit z.B. für Sport. Die Harnblase, ein wichtiges Entgiftungsorgan, arbeitet nun besonders gut, auch das Langzeitgedächtnis hat seine Hochphase. Blutdruck und Kreislauf erreichen noch einmal ein Maximum. Es wird zu klarem Wasser und ungesüßten Tees geraten, denn diese Getränke sollen Altlasten aus dem Körper spülen.
17 bis 19 Uhr (Niere): Zur Ruhe kommen
Puls und Blutdruck sinken gegen Abend automatisch, obwohl der Organismus noch eine Weile auf Hochtouren läuft. Man kann in der „Nierenzeit“ den Körper dabei unterstützen, zur Ruhe zu kommen. Nun sollte man sorgsam mit seinen Kräften umgehen. Kräutertees unterstützen die Niere beim Entgiften. Jetzt sei auch die beste Zeit für ein leichtes Abendessen, denn der Magen hat in den kommenden zwei Stunden sein Energietief.
19 bis 21 Uhr (Kreislauf): Bewusst genießen
Der Körper stellt sich auf den Ruhemodus um. Blutdruck und Puls werden heruntergefahren. In der TCM ist diese Phase dem Perikard zugeordnet, der bindegewebsartigen Hülle, die unser Herz umschließt. Das Perikard gilt als der Beschützer der Herzenergie. Ist das Perikard stark, sind Körper und Seele stimmig und im Einklang. Diese Zeit sollte man am besten im gemeinsam mit Familie oder Freunden verbringen.
21 bis 23 Uhr (Dreifacher Erwärmer): Gedanken fließen lassen und Balance finden
Der Dreifache Erwärmer wird keinem Organ unmittelbar zugeordnet. Er koordiniert Energiekreisläufe untereinander und ist für das ungehinderte Fließen der Lebensenergie zuständig. Jetzt sinken Blutdruck und Puls, Verdauungsorgane gehen in die Erholungsphase über. Nun ist die Zeit, die Gedanken und Gefühle frei fließen zu lassen. Auch Meditieren, Kraftsammeln, Entspannen und die Liebe haben in dieser Phase des Tages ihren optimalen Platz.
23 bis 1 Uhr (Gallenblase): Zeit zum Schlafen
Die Kortisol-Ausschüttung wird heruntergefahren, der Körper beginnt, sich zu entspannen. Die Vitalfunktionen wie Blutdruck, Herzfrequenz und Temperatur werden gesenkt, der Stoffwechsel ist träge. Auch die Haut regeneriert sich. Jetzt ist die ideale Schlafenszeit. Essen und Alkohol belasten den Körper dagegen nun besonders.
Organuhr kann Wegweiser sein
Die Organuhr stammt aus Beobachtungen, die schon vor Jahrhunderten in der TCM gemacht wurden. „Die organische Uhr kann ein Wegweiser sein“, erklärt Stefanie Goebbels, Physiotherapeutin und Heilprakterin, auf FITBOOK-Nachfrage. So gibt sie auf Grundlage der frühgeschichtlichen Beobachtungen Hinweise, wie man seinen Tag ideal danach gestalten könnte, wann bestimmte Organe und Körperfunktionen den Höhepunkt ihrer Aktivität haben und wann sie eher inaktiv sind. „Wenn Beschwerden da sind, liefert die organische Uhr eine Orientierung, wie man wieder Energie zurückgewinnen kann. In ähnlicher Tradition steht ja u. a. auch Yoga, das viele für sich entdeckt haben“, erläutert die Expertin. Zugleich betont sie aber, dass die TCM und als Teil von ihr auch die Organuhr lange vor der modernen Medizin entstanden seien und das medizinische Wissen sich natürlich weiterentwickelt habe.
„Man kann anhand der Uhr jetzt nicht erkennen, ob man eine kranke Leber hat oder Ähnliches. Und natürlich brauchen kranke Menschen ihre Medikamente, damit ihre Organe funktionieren.“ Alternativmedizin wie die TCM könne aber ergänzend sinnvoll sein, wie sie bei ihrer Arbeit mit Patienten selbst festgestellt habe – und wenn es in manchen Fällen vorrangig der Psyche diene, die bei der Gesundheit ja neben den Organen eine wichtige Rolle spiele.
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So beurteilt ein Mediziner die organische Uhr
So sieht es auch Prof. Dr. med. Dominik Irnich, Leitung der interdisziplinären Schmerzambulanz und Tagesklinik Innenstadt, von dem wir die Sichtweise der westlichen Schulmedizin wissen wollten. Auch er betont, dass die Organuhr eine „in China allgemein anerkannte Theorie“ sei, die auf „Beobachtung verschiedener menschlicher Funktionen und Eigenschaften und ihrem Rhythmus“ beruhe, „auch immer in Bezug zu den Abläufen in Natur und Umwelt.“ Weiter erklärt er: „Es wäre zu einfach, die Organe der TCM mit den uns bekannten anatomisch und funktionell definierten Organen des menschlichen Organismus gleichzusetzen.“
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Viel Weisheit in der TCM – aber …
„Manches klingt plausibel, manches entspricht modernen medizinischen Erkenntnissen, aber manche Aussagen lassen sich nicht einfach aus einer anderen Kultur und einem anderen Jahrhundert auf den modernen westlichen Menschen übertragen.“
Zwar ist Prof. Dr. Irnich der Meinung, dass aufgrund exzellenter Beobachtung von Mensch und Natur viel Weisheit in der TCM steckt, dennoch sollte man sich bei den Aussagen der organischen Uhr nicht auf die bestimmten Stundenrhythmen beschränken. „Weshalb sollte besonders morgens zwischen 5 und 7 gelüftet werden? Es empfiehlt sich doch immer in einem möglichst gut belüfteten Raum zu schlafen“, nennt er ein für ihn unlogisches Beispiel. Darüber hinaus würden Jahreszeit, Mondzyklus und viele weitere Einflüsse bei vielen Erkrankungen eine Rolle spielen.
Organuhr nicht zur Früherkennung von Krankheiten nutzen
„Das gesundheitsfördernde Leben ist nicht so kompliziert, dass wir eine Uhr dafür brauchen. Das Gespür für das, was mir guttut, ist vielen Menschen abhandenkommen“, betont Prof. Dr. Irnich. „Auf der Suche nach Gesundheit präsentiert sich ein Jahrmarkt aus Geschäft, Spekulationen und Versprechungen. Aber eigentlich reicht das Zurück zu einem gesunden Wechsel aus Anspannung und Entspannung, erfüllter, manchmal mühsamer Aktivität, das Selbstverständnis für eigene Gefühle und Bedürfnisse und der Fähigkeit, diese einzuordnen.“
Die TCM besage, dass „ein wiederkehrender Wechsel zwischen Yin und Yang, Tag und Nacht, Energieverbrauch und Energiegewinn, Hoch und Tiefs, Trauer und Freude, Gefühl und Verstand“ herrsche. „Wir sind herausgefordert, uns immer wieder anzupassen.“ Für eine sichere Frühentdeckung von Krankheiten sei die Uhr nicht geeignet, aber sie könne helfen „über den Tellerrand zu schauen“ und wertvolle Hinweise zu erkennen.
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Quellen
- Lothar-Ursinus: Die Organuhr (aufgerufen am 2.2.2023)
- Carstens-Stiftung: „Die chinesische Uhr“ (aufgerufen am 2.2.2023)