18. November 2024, 16:34 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Viel hilft bekanntlicht nicht immer viel. Dies gilt auch für die Einnahme von Vitaminen. So wie es ein zu wenig gibt, gibt es auch ein zu viel – mit zum Teil schwerwiegenden Folgen für die Gesundheit. So ist es offenbar im Fall des Vitamins B3, auch unter dem Namen „Niacin oder Nicotinsäure“ bekannt. Wird dieses dauerhaft überdosiert, riskiert man seine Augengesundheit. Eine Studie aus dem Jahr 2019 beleuchtet einen dramatischen Fall.
Vitamin B3 (Niacin) spielt eine zentrale Rolle beim Energiestoffwechsel, der Zellteilung, unterstützt die Muskelregeneration und ist unter anderem an der Erneuerung der Haut beteiligt. Ein Mangel ist selten und tritt nur in Folge von Krankheiten wie Alkoholismus, Magersucht, chronischer Durchfall oder Leberzirrhose auf. Die empfohlene Tagesdosis beträgt bei Erwachsenen 11 (Frauen) bis 15 Milligramm (Männer).1 Doch was passiert, wenn man dauerhaft mehr Niacin aufnimmt? Zwei Fallbeschreibungen legen nahe, dass eine Überdosierung von Vitamin B3 zu schwerwiegenden Augenschäden führen kann.
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Übersicht
Welche Funktionen hat Vitamin B3 im Körper?
Neben den bereits oben genannten Aufgaben nimmt Niacin eine wichtige Rolle bei Reaktionen in den Körperzellen ein. Unter anderem spielt das Vitamin beim Auf- und Abbau von Aminosäuren, Kohlenhydraten und Fettsäuren eine wichtige Rolle. Aber auch das Immunsystem eines Menschen kann durch Niacin beeinflusst werden. Zusätzlich fördert das Vitamin die Erholung des Körpers und wirkt bei der Erneuerung von Haut, DNA, Nerven und bei der Regeneration von Muskeln mit. Medizinisch betrachtet wird es als rezeptfreies Mittel eingesetzt und soll unter anderem die Herzgesundheit unterstützen sowie in geeigneten Dosen dabei helfen, Arteriosklerose und zu hohe Cholesterinwerte zu lindern. Da Vitamine als gesund gelten, führt das schnell dazu, dass Patienten in Eigenregie absichtlich (zu) hoch dosieren, in dem Glauben, dass eine Vitamin-Überversorgung keineswegs schaden kann.2
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Patient stand kurz vor der Erblindung
Zu dieser Annahme kam offenbar auch ein 61-jähriger Mann, der täglich drei bis sechs Gramm Vitamin B3 aus der Drogerie zu sich nahm. Mit schwerwiegenden Folgen, wie ein Fallbericht der „New York Eye and Ear Infirmary of Mount Sinai“ (NYEE) aufzeigt hat, welcher im „Journal of VitreoRetinal Diseases“ veröffentlicht wurde.3
Der Betroffene suchte ein Krankenhaus auf, da er nur noch stark verschwommen sehen konnte. Wie sich zeigte, war seine Netzhaut derart angeschwollen, dass der Mann faktisch fast blind war. Außerdem wurden bei ihm zusätzlich ein hoher Blutdruck und erhöhte Blutfettwerte diagnostiziert. Die Ärzte schöpften rasch einen Verdacht, den sie mithilfe spezieller Verfahren bestätigen konnten: Zellschäden aufgrund überhöhter Niacin-Dosen. Ihm wurde daraufhin geraten, das Nahrungsergänzungsmittel abzusetzen. Die positive Überraschung: Zwei Monate später hatte sich das Sehvermögen des Mannes wieder komplett normalisiert. Allerdings wird in dem Fallbericht ebenfalls betont, dass der Betroffene großes Glück gehabt hätte.
Selbst scheinbar harmlose Drogerie-Produkte können gefährlich sein
Jessica Lee, Mitautorin des Fallberichts, weist darauf hin: „Unabhängig, wie harmlos ein rezeptfreies Mittel erscheinen mag, sollten die richtige Dosierung und mögliche Wechselwirkungen sorgfältig mit dem Arzt abgesprochen werden. Der Fall zeigt, wie gefährlich die Selbstmedikation von scheinbar harmlosen Vitamin-Präparaten sein kann.“ Die Giftigkeit von hohen Dosen Niacin ist bereits seit Längerem bekannt, wie drastisch diese ausfallen kann, macht der beschriebene Fall deutlich.
Weiterer Fall zeigt die Gefahr der Überdosierung
Ein weiterer Fall, der in der Märzausgabe dieses Jahres in der Fachzeitschrift „Die Ophthalmologie“ erschien, unterstreicht die Gefahr einer zu hohen Vitamin-B3-Dosierung für die Augengesundheit.4 Der Bericht handelt von einem 41-jährigen Mann, der die Notfallambulanz aufsuchte, weil er auf beiden Augen nicht mehr scharf sehen konnte. Die Beschwerden hätten etwa zwei Wochen zuvor schleichend begonnen. Schmerzen hatte der Patient nicht. Die Diagnose lautete Makulopathie. Dabei handelt es sich um eine Gefäßschädigung im Bereich der Makula (dem mittleren Bereich der Netzhaut), die typischerweise im Zusammenhang mit Diabetes auftreten kann. Eine Untersuchung und Befragung des Mannes ergab, dass am wahrscheinlichsten wäre, dass die hohe Dosierung von Niacin (6,6 Milligramm pro Tag) für die Schädigung des Auges verantwortlich war. Nach Absetzen der Supplements, die der 41-Jährige konsumierte, verbesserte sich das Sehvermögen in den den folgenden 13 Monaten deutlich.
Mikronährstoff Die Wirkung des „Detox-Vitamins” Niacin in unserem Körper
Studie aus Italien Vitamin B3 direkt vor dem Sonnenbad soll vor Hautkrebs schützen
Studie Ein Überschuss dieses Vitamins kann zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen
Studien zeigen Risiken auf
Erhöht Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Eine Studie gibt Hinweise darauf, dass hohe Niacin-Spiegel entzündliche Mechanismen auslösen können, die mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Verbindung stehen.5
Kann das Risiko für Lungenkrebs erhöhen
Eine weitere Studie untersuchte den Zusammenhang zwischen hoch dosierten B-Vitaminen und Lungenkrebsrisiko. Die Ergebnisse gaben Hinweise darauf, dass die langjährige, hoch dosierte Einnahme bestimmter B-Vitamine, einschließlich Niacin, mit einem höheren Lungenkrebsrisiko einhergeht.6
Negative Auswirkungen auf die Lebergesundheit
Diese Studie untersuchte 18 Patienten, denen Niacin-Präparate in unveränderter und zeitverzögerter Form verabreicht wurden. Dabei traten bei sechs Patienten Nebenwirkungen ausschließlich bei unverändertem Niacin auf, während zwei Patienten nur bei der Anwendung zeitverzögerter Präparate leberschädigende Effekte zeigten. Bei weiteren zehn Patienten kam es nach einem abrupten Wechsel auf zeitverzögertes Niacin zu Leberschäden. In vier dieser Fälle entwickelten sich Anzeichen einer Lebertoxizität innerhalb von weniger als sieben Tagen. Die Studie deutet an, dass zeitverzögertes Niacin, besonders bei hohen Dosierungen, deutlich häufiger Leberschäden verursacht als die unveränderte Form.7
Erhöht den Blutzuckerspiegel
In einer weiteren Studie untersuchte man den Zusammenhang zwischen hoch dosiertem Niacin und einem erhöhten Blutzuckerspiegel. Dabei zeigte sich bei Patienten, die Niacin in hohen Dosierungen zu sich nahmen (um ihr Cholesterin zu senken), dass sich ihr Blutzuckerspiegel erhöhte. Die Ergebnisse liefern Hinweise darauf, dass, hoch dosiertes Niacin den Blutzuckerspiegel erhöhen kann.7