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Mikronährstoff

Die Wirkung des „Detox-Vitamins” Niacin in unserem Körper

Niacin: Fischsortiment
Niacin: Fischsortiment Foto: Getty Images

8. November 2021, 11:09 Uhr | Lesezeit: 10 Minuten

Das essentielle Vitamin Niacin gehört zum B-Vitamin-Komplex und reguliert in Interaktion mit weiteren B-Vitaminen wie Riboflavin, Vitamin B6 und Co. zahlreiche Stoffwechselprozesse. Unser Körper ist zwar selbst in der Lage, Vitamin B3 herzustellen, allerdings muss der Bedarf über Niacin-haltige Lebensmittel ergänzt werden.

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Niacin (Vitamin B3) gilt als „stimmungsaufhellendes Detox-Vitamin”. Doch welche der facettenreichen Wirkaussagen, die man rund um den Mikronährstoff findet, können ernährungswissenschaftlichen Fakten standhalten? FITBOOK erklärt die Benefits von Niacin und klärt darüber auf, worauf der Einsatz von Niacin in der Therapie von Coronavirus SARS-CoV-2 basiert.

Die Funktion von Niacin im Körper

Vitamin B3 ist in verschiedene Stoffwechselreaktionen involviert: Von A wie Aufbau von Aminosäuren bis Z wie Zellteilung benötigt unser Körper ausreichend Niacin, um reibungslos zu funktionieren. Neben dem Energiestoffwechsel unterliegt auch der Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel der Funktion des wasserlöslichen Mikronährstoffs. Nicht zuletzt ist Vitamin B3 auch für unsere Psyche, die Nervenfunktion und für unsere Haut unerlässlich.

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Vitamin B3 als Botenstoff

Auch die zelluläre Signalleitung benötigt Vitamin B3, um physiologische Informationen weiterzugeben und bestimmte Reaktionen zu aktivieren. Abgerundet wird das Repertoire von Niacin laut DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) mit der Immunantwort auf unterschiedliche Auslöser. Zusätzlich wird diskutiert, ob die Insulinausschüttung des Pankreas (Bauchspeicheldrüse) von Vitamin B3 abhängig ist. Laut „Verbraucherzentrale“ konnte bisher allerdings nicht wissenschaftlich belegt werden, dass der Mikronährstoff eine cholesterinsenkende Wirkung entfaltet.

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Niacin als „Detox-Waffe” und Motivator

Glaubt man den Werbeaussagen, hilft Vitamin B3 nicht nur bei Diabetes und Motivationsverlusten, sondern unterstützt auch unsere Herzgesundheit. Gleiches gilt für positive Effekte auf unsere Konzentration, die mentale Gesundheit und unsere Stimmung. Darüber hinaus wird Niacin für gesunde Haut und schöne Haare angepriesen und soll als „Detox-Wunder” eine entgiftende Wirkung entfalten.

Achtung: Die „Verbraucherzentrale“ warnt, dass viele der Werbeversprechen nicht wissenschaftlich belegt sind. Insbesondere bei Supplementen aus dem Internet sei Vorsicht geboten.

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COVIDOM-Studie: Vitamin B3 bei Corona

Kann Niacin bei der Behandlung von Corona helfen? Diesbezüglich laufen zurzeit Untersuchungen der bundesweiten Studie COVIDOM des UKSH (Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Kiel). Geforscht wird zur hochdosierten Einnahme von Vitamin B3 zur Reduzierung schwerer Symptome bei der Therapie von COVID-19-Erkrankungen.1

Vorsicht: Aus dieser COVIDOM-Studie darf laut „Verbraucherzentrale“ keinesfalls abgeleitet werden, dass der Mikronährstoff womöglich eine prophylaktische Wirkung auf Corona entfalten könne.

Erlaubte gesundheitliche Wirkaussagen über Niacin (Health-Claims-Verordnung)

  • Niacin trägt zu einer normalen Funktion des Nervensystems bei
  • Es ist wichtig für einen gesunden Energiestoffwechsel
  • Vitamin B3 unterstützt die psychische Funktion
  • Der Mikronährstoff hilft, Müdigkeit und Ermüdung zu verringern
  • Es ist bedeutend für den Erhaltung normaler Schleimhäute
  • Niacin trägt zur Erhaltung normaler Haut bei

Was eine Dermatologin zur Wirkung von Niacin sagt, erfahren Sie bei unseren Kolleginnen von STYLEBOOK.

Wie hoch ist der Tagesbedarf?

Damit Niacin alle Stoffwechselfunktionen und Co. erfüllen kann, reicht die Eigensynthese des Vitamins aus der Aminosäure Tryptophan nicht aus. Daher benötigt unser Körper zusätzlich Vitamin B3 aus relevanten Nahrungsquellen (siehe unter „Niacin über die Ernährung aufnehmen”).

Der Bedarf an Niacin wird von der DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) in Form von Referenzwerten als Zufuhrempfehlungen angegeben. Die Bedarfswerte variieren in Abhängigkeit des Alters, des Geschlechts und des individuellen Energiebedarfs. Während Säuglinge entsprechend den geringsten Tagesbedarf haben, liegen die Referenzwerte bei männlichen Jugendlichen in der Altersgruppe von 15 bis 18 Jahren am höchsten.


Die Referenzwerte für Niacin werden als sogenannte Niacin-Äquivalente angegeben, da es verschiedene chemische Vitamin-B3-Formen wie Nicotinsäure oder Nicotinsäureamid gibt. Die folgenden Zufuhrempfehlungen der DGE beinhalten daher gleichermaßen Niacin aus Nahrungsmitteln als auch aus der Eigensynthese.

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Referenzwerte für eine angemessene Zufuhr Niacin (Vitamin B3)

AlterNiacin 
mg-Äquivalente*/Tag
mw
Säuglinge
0 bis unter 4 Monat**2
4 bis unter 12 Monate***5
Kinder und Jugendliche***
1 bis unter 4 Jahre8
4 bis unter 7 Jahre9
7 bis unter 10 Jahre1110
10 bis unter 13 Jahre1311
13 bis unter 15 Jahre1513
15 bis unter 19 Jahre1713
Erwachsene***
19 bis unter 25 Jahre1613
25 bis unter 51 Jahre1512
51 bis unter 65 Jahre1511
65 und älter1411
Schwangere****
2. Trimester14
3. Trimester16
Stillende*****16

* 1 mg Niacin-Äquivalente = 1 mg Niacin = 60 mg Tryptophan
** Schätzwert für vorgebildetes Niacin
*** Auf Basis der alters- und geschlechtsspezifischen Richtwerte für die Energiezufuhr
**** Auf Basis des Richtwerts für Frauen von 19 bis 24 Jahren (PAL-Wert 1,4) und Zulage von 250 kcal/Tag während des 2. Trimesters und von 500 kcal/Tag während des 3. Trimesters einer Schwangerschaft
**** Auf Basis des Richtwerts für Frauen von 19 bis 24 Jahren (PAL-Wert 1,4) und Zulage von 500 kcal/Tag für ausschließliches Stillen während der ersten 4 bis 6 Monate

Die EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) empfiehlt eine Referenzzufuhr von 6,6 Milligramm Niacin-Äquivalent pro täglichem Energiebedarf von 1000 Kilokalorien.2

Niacin-Mangel

Ein Mangel an Vitamin B3 ist laut „Verbraucherzentrale“ selten und daher sind Mangelsymptome bei einer ausgewogenen, vollwertigen Ernährung unwahrscheinlich. Im Gegensatz zu industrialisierten Ländern wird ein Vitamin-B3-Mangel in Entwicklungsländern, in denen Mais und Maisprodukte die Grundlage bilden, hingegen häufig beobachtet.

Pallegra: Diese Niacinmangel-Krankheit auf Basis einer einseitigen Ernährung mit hohem Maisverzehr führt zu charakteristischen Symptomen wie Verdauungsstörungen. Während zu den frühen Mangelsymptomen Appetitverlust, Bauchschmerzen und Schwächegefühl zählen, macht sich eine chronische Unterversorgung an Vitamin B3 laut DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) durch Depressionen, teils sonnenbedingte Haut- und Schleimhautveränderungen, Durchfall und Demenz bemerkbar.

Die Ursache der Niacinmangel-Krankheit Pallegra: Maisprodukte wie Tortilla enthalten zwar Niacin, allerdings liegt der Mikronährstoff in gebundener Form vor: Als Komplex kann Vitamin B3 nur schwierig vom Körper verwertet werden.

Bleibt Pallegra unbehandelt, endet diese Niacinmangel-Erkrankung als Folge von multiplem Organversagen tödlich.

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Symptome von Vitamin-B3-Mangel

  • Appetitverlust
  • Durchfall
  • körperliche Schwäche
  • Hautveränderungen durch Sonnenstrahlung
  • Depressionen
  • Schleimhautveränderungen
  • Demenz
  • Multiorganversagen

Faktoren, die einen Niacin-Mangel begünstigen

Eine unzureichende Versorgung des Körpers mit Vitamin B3 tritt in Deutschland in der Regel nicht durch ein ungünstiges Ernährungsverhalten, sondern als Folge von Krankheiten und Alkoholismus auf.

Zu den typischen Ursachen gehören laut „Verbraucherzentrale“ neben chronischem Alkoholmissbrauch Essstörungen wie Anorexia nervosa (Magersucht), chronischer Durchfall oder eine Leberzirrhose.

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Hartnup-Krankheit: Diese vererbte Stoffwechselstörung führt zu einem Mangel an Vitamin B3, die den Niacin-Stoffwechsel laut DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) beeinträchtigt.

Niacin über die Ernährung aufnehmen

Ihren Bedarf an Vitamin B3 können Sie über tierische und pflanzliche Quellen decken. Laut DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) zählen Brot, Fleisch und Kaffee zu den Hauptlieferanten.

Während Fleisch, Fisch und Innereien zu den tierischen Hauptquellen zählen, können Veganer ihrer Niacin-Bedarf neben dem beliebten Heißgetränk insbesondere u.a. über Pilze, Erdnüsse, Brot und Mungobohnen decken.

Niacin-reiche Lebensmittel

  • Vollkornprodukte (z.B. Brot)
  • Kaffee
  • Pilze (u.a. Austernpilze)
  • Lachs & Makrele
  • Naturreis & Kartoffeln
  • Erdnüsse
  • Sardellen & Thunfisch
  • Kohlrabi & Brokkoli
  • Geflügel & Innereien
  • Pastinake & Sellerie
  • Mungobohnen
  • Rind- und Schweinefleisch

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Ernährungsphysiologische und küchentechnische Faktoren

Im Gegensatz zu anderen Mikronährstoffen wie Vitamin C ist Vitamin B3 vergleichsweise unempfindlich gegenüber längeren Lagerzeiten und Hitzeeinwirkung durch Kochen.

Aufgrund der wasserlöslichen Eigenschaften empfiehlt die „Verbraucherzentrale“ in Anlehnung an die DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) allerdings, die Kochflüssigkeit von Niacin-haltigen Lebensmitteln mitzuverwenden.

Achtung: Die Bioverfügbarkeit von tierischen Vitamin-B3-Quellen ist besser als aus pflanzlichen Quellen, da unser Gastrointestinaltrakt das als Komplex vorkommende Niacin aus Getreideprodukten und Co. nur teilweise aufschließen kann. Um die reduzierte Aufnahmefähigkeit zu optimieren, nutzt die Lebensmittelindustrie zum Beispiel Kalkwasser bei der Herstellung von Tortillas.

Kulinarische Inspirationen: Während sich für eine Niacin-Versorgung zum Frühstück zum Beispiel ein Vollkornbrot mit Erdnussmus oder Räucherlachs mit Kaffee anbietet, liefert Vollkorn-Pasta mit Austernpilz-Rahm und Brokkoli eine Extraportion Vitamin B3 am Mittag. Abends könnte Ihre Wahl wiederum auf ein Thai-Erdnuss-Curry mit Naturreis und Mungobohnen-Sprossen, ein Thunfisch-Tatar auf Pumpernickel oder ein Kartoffel-Sellerie-Purée mit gebratenen Pilzen fallen.

Wann kann eine Nahrungsergänzung mit Vitamin B3 sinnvoll sein?

Laut Einschätzung der „Verbraucherzentrale“ ist ein Niacin-haltiges Supplement unter normalen Bedingungen nicht nötig, da bei einer ausgewogenen Ernährung kein Vitamin B3-Mangel zu befürchten ist. Der empfohlene Bedarf des Mikronährstoffs wird in der Regel erreicht bzw. sogar überschritten.

Die DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) betont, dass die mittlere Zufuhr der Niacin-Äquivalente bei allen deutschen Altersgruppen sogar deutlich über den Zufuhrempfehlungen liegt. Da auch die höchsten Referenzwerte im Rahmen einer vollwertigen Ernährung erreicht werden, ist ein Nahrungsergänzungsmittel überflüssig.

Symptome und Folgen einer Überdosierung mit Niacin

Unerwünschte gesundheitliche Effekte durch eine Vitamin-B3-reiche Ernährung sind unwahrscheinlich. Anders sieht es bei hoch dosierten Supplementen aus: Hohe Dosen an Niacin können zu Durchfall, Übelkeit, Erbrechen und zu sogenannten „Flush Symptomen“ (Hautrötungen mit Hitzegefühl und Nesselsucht mit stark juckenden Quaddeln) führen.

Um toxische Effekte auszuschließen empfiehlt das BfR (Bundesinstitut für Risikobewertung) Nahrungsergänzungsmitteln maximal 4 Milligramm Nicotinsäure pro Tagesverzehrmenge zuzusetzen. Die entsprechende Menge an Nicotinamid (Nicotinsäureamid) beträgt 160 Milligramm.3,4

Laut EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) ist die Aufnahme an Nicotinsäure auf 10 Milligramm (Nicotinamid = 900 mg/Tag) täglich als tolerierbare Gesamtzufuhrmenge zu limitieren.2

Achtung: Um Wechselwirkungen mit Medikamenten wie oralen Antidiabetika oder gerinnungshemmenden Arzneimitteln zu verhindern, empfiehlt die „Verbraucherzentrale“ keine Niacin-Supplemente ohne ärztliche Rücksprache einzunehmen.

Fazit: Niacin aus ernährungswissenschaftlicher Sicht

Als essentielles B-Vitamin für Psyche, Nerven, Energiegewinnung und Zellteilung benötigt unser Körper ausreichend Niacin. Neben der Eigensynthese müssen Sie zusätzlich Vitamin B3 über die Nahrung aufnehmen. Da sich neben Fisch und Fleisch u.a. auch Vollkornprodukte, Kartoffeln, Pilze, Erdnüsse und sogar Kaffee zur Versorgung mit Vitamin B3 anbieten, benötigen Omnivore, Vegetarier und Veganer kein Supplement. Im Gegenteil: Zu hohen Dosen an Niacin können Ihrer Gesundheit mehr schaden als nutzen. Falls Sie zu den im Artikel genannten Risikogruppen gehören und zum Beispiel unter chronischem Durchfall oder einer Leberzirrhose leiden, besprechen Sie mit Ihrem Arzt, ob ein Nahrungsergänzungsmittel für Sie sinnvoll ist. Gleiches geht für eine vorübergehende Supplementierung bei einem Alkoholentzug oder während der Therapie von Essstörungen. Beke Enderstein, Diplom-Ökotrophologin

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Quellen

  1. Schreiber S. (2021). Langzeitfolgen von COVID-19 erkennen und erforschen. Precision Medicine in Chronic Inflammation
  2. Agostoni C, Canani RB, Fairweather-Tait S et al. (2014). Scientific Opinion on Dietary Reference Values for niacin. European Food Safety Authority
  3. Bundesinstitut für Risikobewertung. (2021). Aktualisierte Höchstmengenvorschläge für Vitamine und Mineralstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln und angereicherten Lebensmitteln
  4. Bundesinstitut für Risikobewertung. (2012). Die Einnahme von Nicotinsäure in überhöhter Dosierung kann die Gesundheit schädigen

Sonstige Quellen

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