31. August 2021, 20:05 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Die simple Umstellung von herkömmlichem Salz auf natriumarmes Salz könnte laut neuer Langzeitstudie einen drohenden Schlaganfall oder Herzinfarkt verhindern. Das gilt vor allem für ältere Personen mit bereits diagnostiziertem Bluthochdruck.
Es kostet weder Aufwand noch viel Geld, aber könnte laut Medizinern jährlich Tausende von Leben retten: die Verwendung von natriumarmem Salz. Allein diese kleine Umstellung sorge dafür, dass sich bei Menschen mit Bluthochdruck das Schlaganfallrisiko erheblich senke. Diese Erkenntnis brachte eine in China durchgeführte Langzeitstudie zutage, welche jetzt beim aktuell in Frankreich stattfindenden ESC Congress 2021 (European Society of Cardiology) vorgestellt wurde.
Übersicht
Schon länger bekannt: natriumarmes Salz senkt den Blutdruck
Zu viel Natrium in Verbindung mit zu wenig Kalium lässt den Blutdruck in die Höhe schießen. Und Bluthochdruck steigert bekanntlich das Risiko für sämtliche Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Bei natriumarmem Salz wird ein Teil des Natriumchlorids durch Kaliumchlorid ersetzt. Laut der aktuellen Medienmitteilung des ESC wurde seine blutdrucksenkende Wirkung in zahlreichen Studien bereits hinreichend belegt.1 Inwieweit der Wechsel von herkömmlichem Salz zu natriumarmem Salz allerdings vor Herzerkrankungen, Schlaganfällen und damit vor vorzeitigem Tod schützt, galt lange als ungewiss. Die nun im „New England Journal of Medicine“ veröffentlichte erste Studie zu dem Thema macht Hoffnung.2
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600 chinesische Dörfer waren über 5 Jahre lang an der Salz-Studie beteiligt
Die Untersuchung wurde in 600 Dörfern in ländlichen Gebieten von fünf Provinzen in China durchgeführt. Aus jedem Dorf wurden ca. 35 erwachsene Personen rekrutiert – insgesamt 20.995 Teilnehmer. Allen Probanden war gemeinsam, dass sie bereits einen Schlaganfall erlitten hatten oder 60 Jahre und älter waren und Bluthochdruck aufwiesen. Diese wurden wiederum in zwei Dorf-Gruppen eingeteilt. Die Teilnehmer der Interventions-Dörfer erhielten kostenlosen Salzersatz (75 Prozent Natriumchlorid und 25 Prozent Kaliumchlorid). Die Forscher rieten ihnen, es zum Kochen, Würzen und Konservieren von Lebensmitteln zu verwenden. Außerdem ermutigten sie die Probanden, ihr neues Salz so sparsam wie möglich einzusetzen. Die Teilnehmer in den Kontroll-Dörfern behielten ihre üblichen Gewohnheiten bei. Ihr Salz bestand also weiterhin aus 100 Prozent Natriumchlorid.
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5 Jahre später – was hat das natriumarme Salz bewirkt?
Knapp fünf Jahre später werteten die Forscher alle Ergebnisse aus. So stellte sich heraus, dass 3000 Personen während dieser Zeit einen Schlaganfall hatten, mehr als 4000 starben, weitere 5000 erlitten eine weitere Herz-Kreislauf-Erkrankung. Das klingt erst einmal erschreckend viel, ist aber im Anbetracht der Tatsache, dass die Probanden durchschnittlich 65 Jahre alt und nahezu alle vorerkrankt waren, leider nicht überraschend. Dennoch zeigte sich: Diejenigen, die konstant auf natriumarmes Salz setzten, hatten ein 14 Prozent geringeres Schlaganfall- bzw. Herzinfarktrisiko. Ein enormer Effekt, wenn man bedenkt, dass weder Ernährung noch Lebensweise umgestellt wurden, sondern einzig die Art des Salzes.
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Salz-Umstellung – einfacher gesagt als getan
Für die Menschen in der chinesischen Provinz war es ein Leichtes, auf natriumarmes Salz umzustellen. Fertignahrung und andere ultraverarbeitete Lebensmittel kommen bei ihnen selten auf den Tisch, stattdessen wird täglich frisch gekocht. Für Großstädter, die sich aus Zeitgründen gerne eine Fertigpizza in den Ofen schieben, ist die komplette Umstellung nur mit viel Disziplin zu schaffen. Dennoch sind die Wissenschaftler überzeugt, einen wirksamen wie kostengünstigen Weg entdeckt zu haben, jährlich tausende Todesfälle zu vermeiden. „Das Ergebnis der Studie ist besonders spannend, weil die Umstellung auf natriumarmes Salz eine der wenigen praktischen Möglichkeiten ist, den Salzkonsum einzuschränken“, erklärt Studienleiter Prof. Bruce Neal.
Wenig Kosten, großer Effekt für benachteiligte Regionen
Natriumarmes Salz ist nur unwesentlich teurer als herkömmliches. „Es sind vor allem einkommensschwache und benachteiligte Bevölkerungsgruppen, die beim Zubereiten und Kochen von Speisen große Mengen Salz hinzufügen. Dies bedeutet, dass Salzersatz das Potenzial hat, gesundheitliche Ungleichheiten im Zusammenhang mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu verringern“, so Neal. Gerade in Regionen, wo es an ausreichender medizinischer Versorgung mangelt oder Menschen sich kaum einen Arzt leisten können, könnte ein simpler Salz-Tausch der Schlüssel zu einer allgemein besseren Gesundheit sein.
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Quellen
- Antipolis S. Low-sodium salt prevents stroke. ESC European Society of Cardiology (2021)
- Neal B, Wu Y, Feng X, et al. Effect of Salt Substitution on Cardiovascular Events and Death. New England Journal of Medicine. (2021)