22. Februar 2020, 11:03 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Dass das Darmmikrobiom die Gesundheit maßgeblich beeinflusst und es sinnvoll ist, sich um eine gesunde Zusammensetzung der Bakterien im Verdauungstrakt zu bemühen, ist längst kein Geheimnis mehr. Doch welche Ernährungsform gibt hierfür die beste Visitenkarte ab? Forscher haben die mediterrane Diät ins Visier genommen.
Ältere Menschen können womöglich von der Umstellung auf eine Mittelmeer-Diät profitieren. Eine Ernährung reich an Obst, Gemüse, Nüssen und Fisch verändert einer Untersuchung zufolge die Bakteriengemeinschaft im Darm: Gesundheitsförderliche Arten gedeihen, während solche abnehmen, die mit Alterungs- und Entzündungsprozessen in Verbindung stehen, berichten Wissenschaftler im Fachmagazin „Gut“. In einer weiteren Studie fanden Forscher heraus, dass eine fleischarme Ernährung ebenfalls über eine Veränderung der Darmbakterien-Gemeinschaft das Risiko von Herzerkrankungen senkt. Sie wurde im „Journal of the American College of Cardiology“ veröffentlicht.
Was haben die Forscher untersucht?
Die Gruppe um Paul O’Toole vom University College Cork APC Microbiome Institute in Cork (Irland) hatte die Zusammensetzung der Darmbakterien vor und nach der Umstellung auf eine mediterrane Ernährung bei älteren Menschen aus fünf europäischen Ländern analysiert (Frankreich, Großbritannien, Italien, den Niederlanden und Polen). Sie wollten so einem möglichen Zusammenhang zwischen gesunder Ernährung, Darmbakterien sowie Gebrechlichkeit und geistigen Fähigkeiten auf die Spur kommen. Insgesamt betrachteten sie 612 Menschen im Alter von 65 bis 79 Jahren.
323 von ihnen verordneten die Wissenschaftler für ein Jahr eine mediterrane Diät, also eine Ernährung, wie sie für den Mittelmeerraum typisch ist. Dazu gehören viel Gemüse, Hülsenfrüchte, Obst, Nüsse, Olivenöl und Fisch und wenig rotes Fleisch, Milchprodukte und gesättigte Fettsäuren. Die übrigen 289 Probanden aßen weiter wie bisher.
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Zusammensetzung der Darmbakterien veränderte sich
Vor Beginn der Diät und ein Jahr später schlüsselten die Forscher die Darmbakterien und ihren jeweiligen Anteil an der Gesamtheit der Mikroorganismen im Verdauungstrakt – dem Mikrobiom – auf. Dasselbe geschah in der Kontrollgruppe. Zu Beginn waren die Mikrobiome der Probanden sehr unterschiedlich und nach den einzelnen Herkunftsländern gut zu unterscheiden. Bei der zweiten Untersuchung sahen die Mikrobiome derjenigen mit mediterraner Diät alle recht ähnlich aus. Sie unterschieden sich deutlich von der Zusammensetzung der Darmbakterien zu Beginn und in der Kontrollgruppe.
Dabei war es nicht die Vielfalt der Bakterien, die sich änderte, sondern die Häufigkeit, mit der einzelne Gattungen und Arten zu finden waren. Nach einer mediterranen Diät war zum Beispiel der Anteil an Faecalibacterium prausnitzii deutlich erhöht, einem Bakterium, das bereits zuvor mit einem verzögerten Einsetzen von Gebrechlichkeit in Verbindung gebracht worden war. Auch weitere häufig vorkommende Bakterien sind den Forschern zufolge für ihre entzündungshemmenden und andere gesundheitsfördernde Eigenschaften bekannt.
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Komplexes Zusammenspiel von Ernährung, Mikrobiom und Gesundheit
Arten, denen ein gesundheitsschädigender Einfluss nachgesagt wird, nahmen hingegen ab. Etwa solche, die an der Bildung von bestimmten Gallensäuren beteiligt sind. Eine Überproduktion dieser Substanzen wird etwa mit der Entstehung von Darmkrebs, einer Fettleber und Zellschädigungen in Verbindung gebracht. Alter und Body-Mass-Index der Probanden beeinflussten den gefundenen Zusammenhang nicht. Dass die Zusammensetzung der Darmbakterien tatsächlich ursächlich Alterungsprozesse beeinflusse, könne die Studie allerdings nicht belegen, schränken die Wissenschaftler ein. Das Zusammenspiel von Ernährung, Mikrobiom und Gesundheit sei komplex und von vielen Faktoren beeinflusst.
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In der zweiten Studie verwendete das Team um Lu Qi von der Tulane University in New Orleans die Daten einer Untersuchung zur Gesundheit von Krankenschwestern. Sie konzentrierten sich auf Trimethylamin-N-oxid (TMAO), ein Stoffwechselprodukt von Darmbakterien, das bei der Verdauung von rotem Fleisch entsteht. In jeweils zwei Blutproben von 760 Frauen, im Abstand von zehn Jahren genommen, war der TMAO-Spiegel im Blutplasma gemessen worden.
Es zeigte sich, dass Frauen, die an einer koronaren Herzkrankheit litten, höhere TMAO-Konzentrationen und einen höheren Body-Mass-Index hatten. Außerdem nahmen sie verhältnismäßig viele tierische Produkte und wenig Gemüse zu sich. Die Frauen mit dem größten Anstieg der TMAO-Werte über den Zeitraum von zehn Jahren hatten ein um 67 Prozent höheres Risiko, an einer koronaren Herzkrankheit (KHK) zu erkranken.
In einem Kommentar im „Journal of the American College of Cardiology“ schreibt Paul Heidenreich von der Stanford University School of Medicine in Stanford: „Die Ergebnisse der Studie liefern weitere Belege für die Rolle von TMAO als voraussagendem Biomarker für Herzerkrankungen.“