8. Januar 2025, 16:09 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Dem Genuss von schwarzem Kaffee werden positive Eigenschaften auf die Gesundheit nachgesagt. Grund dafür sind die enthaltenen Antioxidantien. Viele Menschen mögen die Bitterstoffe des Kaffees aber nicht und sorgen mit Milch für einen milderen Geschmack. Doch genau diese Zutat steht zur Diskussion: Kann Milch im Kaffee die gesundheitsfördernden Effekte schmälern?
Gleich nach Wasser ist Kaffee das beliebteste Getränk der Deutschen, so das Ergebnis einer Studie der Techniker Krankenkasse, welche durch Forsa durchgeführt wurde.1 Acht von zehn Erwachsenen trinken laut der Erhebung täglich oder mehrmals wöchentlich das dunkle Heißgetränk. Doch Kaffee ist nicht gleich Kaffee. Die einen mögen ihn mit Milch und Zucker, als Latte macchiato oder als Cappuccino, die anderen bevorzugen einen Espresso, Americano oder Filterkaffee. Mittlerweile gibt es viele Untersuchungen, die Hinweise auf positive Eigenschaften von Kaffee liefern. Aber eben schwarz getrunken und ohne jegliche Zusätze. Doch wie wirkt sich die Zugabe von Milch auf die gesundheitsfördernde Wirkung von Kaffee aus?
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Übersicht
Wirkung von Kaffee auf die Gesundheit
Gelobt wird Kaffee insbesondere für die enthaltenden Polyphenole, etwa Chlorogensäure. Sie gehören zu den sekundären Pflanzenstoffen. Diese wirken antioxidativ und schützen vor Zellschäden sowie Entzündungen.
Wie ein Review aus dem Jahr 2013 berichtet, kann regelmäßiger Kaffeekonsum offenbar das Risiko für Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck, Fettleibigkeit und Depression verringern.3 Eine 2017 veröffentlichte Meta-Analyse von 201 Studien weist sogar darauf hin, dass Kaffeetrinker ein um 17 Prozent geringeres Gesamtsterblichkeitsrisiko hätten.4 Des Weiteren zeigte sie auf, dass „Viel-Trinker“ im Vergleich zu „Wenig-Trinkern“ ein um 18 Prozent geringeres Krebsrisiko aufwiesen.
Zwei bis vier Tassen Kaffee täglich sind eher gesundheitsfördernd
Die Forscher der erstgenannten Untersuchung kamen zu dem Schluss, dass zwei bis vier Tassen Kaffee pro Tag unbedenklich seien und eher positive Einflüsse auf die Gesundheit sowie das Sterblichkeitsrisiko hätten. Allerdings merken die Wissenschaftler auch an, dass die möglichen Vorteile des regelmäßigen Kaffeekonsums gegen potenzielle Risiken (hauptsächlich in Bezug auf einen hohen Koffeingehalt) abgewogen werden müssten. Dazu zählen z. B. Angstzustände, Schlaflosigkeit und ein möglicherweise erhöhtes Risiko für Knochenbrüche.
Auch Schwangeren wird davon abgeraten, Kaffee zu trinken, da es statistische Zusammenhänge mit niedrigerem Gewicht bei der Geburt, Frühgeburten und sogar Fehlgeburten gibt.
Die meisten Daten zu den gesundheitlichen Auswirkungen von Kaffee basieren auf Beobachtungsstudien und einigen randomisierten, kontrollierten Studien (Goldstandard). Diese zeigen zwar Zusammenhänge, aber beweisen keine Kausalität.
Die Sache mit dem Röstgrad
Eine Tasse Kaffee ist nicht gleich eine Tasse Kaffee. Eine schottische Untersuchung von 104 Espressos aus diversen Cafés stellte fest, dass der Koffeingehalt zwischen 48 und 317 Milligramm pro Portion und der Gehalt an (antioxidativen) Chlorogensäuren sogar zwischen sechs und 188 Milligramm variiert. Es zeigte sich, dass das Rösten der Bohnen einen erheblichen Einfluss auf die Menge der gesundheitsförderlichen Inhaltsstoffe im Endprodukt hat.5 Als Faustregel gilt: je niedriger der Röstgrad, desto mehr Antioxidantien bleiben erhalten.
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Und was steckt in der Milch?
Kuhmilch und daraus hergestellte Produkte tragen zur Bedarfsdeckung von Protein, Kalzium, Vitamin B2 und Jod bei. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt täglich zwei Portionen Milch und Milchprodukte zu konsumieren.6
Doch ein Blick auf diverse Forschungsarbeiten zeigt, dass insbesondere die Proteine in der Milch diskutiert werden, wenn es um die Frage geht, ob Milch die gesundheitsförderlichen Eigenschaften von Kaffee vermindern oder gar aufheben könnte.
Bindet Milch die Antioxidantien des Kaffees?
Diese Frage hat sich auch der amerikanische Mediziner Dr. Michael Greger gestellt. Bereits 2022 berichtete er auf seiner Ernährungswebsite Nutritionfacts.org, wie die Zugabe von Milch die arterienschützende Funktion von schwarzem Tee aufhebe. Dabei führt er eine kleine, an der Charité durchgeführte, Interventionsstudie aus dem Jahr 2007 an. Hierbei tranken 16 Probandinnen entweder schwarzen Tee, schwarzen Tee mit Milch oder Wasser zur Kontrolle. Allerdings konnte nur in der Gruppe ohne Milch eine arterienschützende Wirkung festgestellt werden. Als möglichen Grund führten die Wissenschaftler an, dass das Kasein aus dem Milchprotein die Katechine des Tees binde und so ihre antioxidative Wirkung schmälere.7
Und was in dieser Studie im Tee passierte, trifft offenbar auch auf Kaffee zu. 2005 untersuchte man den Einfluss von Milch auf die antioxidative Kapazität des Kaffees in-vitro – quasi im Reagenzglas. Diese wurde durch Milch vermindert.8 Doch gilt dies auch für Menschen? Ja, zumindest berichtet dies eine kleine Interventionsstudie mit fünf Erwachsenen aus dem Jahr 2011. Die Untersuchung von Urinproben zeigte, dass der gleichzeitige Konsum von Milch und Kaffee die Bioverfügbarkeit von Chlorogensäuren im Vergleich zu Kaffee allein deutlich reduzierte, wobei die Rückgewinnungsrate der Kombination bei 40 Prozent, bei Kaffee allein bei 68 Prozent lag.9
Milch und Kaffee könnten Entzündungen entgegenwirken
Forscher der Universität Kopenhagen untersuchten 2023, wie Polyphenole (z. B. aus Kaffee) mit Aminosäuren, den Bausteinen von Proteinen (z. B. aus Milch), interagieren. Dabei stellten sie unter Laborbedingungen fest, dass die Kombination beider bei der Bekämpfung zellulärer Entzündungen einen doppelt so starken Effekt erzielten wie Polyphenole allein.10 Die Studienautoren gehen davon aus, dass sie bestimmte Immunzellen, die Makrophagen, beeinflussen. In einer weiteren Studie wiesen Wissenschaftler nach, dass Polyphenole sich an Proteine in einem Kaffeegetränk mit Milch binden.11
Lebensmittelwissenschaftlerin und Co-Autorin beider Studien, Marianne Nissen Lund, erläuterte die Bedeutung der Ergebnisse und das weitere Vorgehen in einer Pressemitteilung:„In der Studie zeigen wir, dass die entzündungshemmende Wirkung eines Polyphenols auf Immunzellen durch die Reaktion mit einer Aminosäure verstärkt wird. Daher ist es durchaus vorstellbar, dass dieser Cocktail auch beim Menschen eine positive Wirkung auf Entzündungen haben könnte. Wir werden dies nun weiter untersuchen, zunächst an Tieren. Danach hoffen wir auf Forschungsgelder, die es uns ermöglichen, die Wirkung am Menschen zu untersuchen.“12
Womöglich kommt es auf die Milch an
Sollte man also nun Kaffee mit oder ohne Milch trinken, um seine gesundheitsfördernde Wirkung auskosten zu können? Die Beantwortung dieser Frage könnte davon abhängen, welche Art von Milch oder pflanzlicher Alternative man wählt.
Eine Studie, die in-vitro durchgeführt wurde, betrachtete die Bioverfügbarkeit der antioxidativen Polyphenole bei magerer Kuhmilch sowie Sojamilch. Beide erhöhten die phenolische Bioverfügbarkeit des Kaffees, wobei der Effekt bei Magermilch ausgeprägter war.12 Darüber hinaus scheint Vollmilch wiederum gegenüber einer Magermilch im Vorteil zu sein.13 Eine Untersuchung an Menschen wurde bereits bezüglich Sojamilch im Jahr 2015 durchgeführt. Es zeigte sich, dass beim Trinken eines Kaffees mit Sojamilch das Sojaprotein und/oder andere in ihre enthaltene Substanzen die Chlorogensäuren des Kaffees binden und so ihre Absorption im oberen Verdauungstrakt verringerten. Allerdings zeigte sich bei der Analyse der Urinproben der sechs Probanden, dass die Differenz an ausgeschiedenen Chlorogensäuren bei schwarzem Kaffee und Kaffee mit Sojamilch nur gering war und womöglich der Effekt weniger relevant sein könnte als bei gleichzeitigem Verzehr von Kuhmilch und Kaffee. Als Grund führen die Studienautoren an, dass die Bindung an die Sojaproteine reversibel, also umkehrbar, ist, weshalb gebundene Chlorogensäuren im weiteren Verlauf der Verdauung durch Darmbakterien wieder freigesetzt werden könnten.14

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Fazit
Offenbar kann die Forschung die Frage, ob Kaffee lieber mit Milch (oder pflanzlicher Alternative) oder nicht getrunken werden sollte, (noch) nicht final beantworten. Die Folgestudien des dänischen Teams könnten in Zukunft jedoch Aufschluss geben. Auch stellt sich die Frage, ob nicht auch andere Komponenten in Lebensmitteln, die üblicherweise mit Kaffee konsumiert werden (z. B. Rührei oder Kuchen), einen Einfluss nehmen könnten.
Aber ob Milch oder nicht: Die gesundheitlichen Vorteile von Kaffee bestehen nach wie vor und werden durch Milch nicht vollständig aufgehoben. So trinken Milchkaffeeliebhaber womöglich größere Mengen Kaffee, wenn sie Milch hinzufügen dürfen und könnten so ebenfalls von den antioxidativen Eigenschaften profitieren. Nicht zu vergessen ist: Den Röstgrad können Sie auf jeden Fall zur Entscheidungshilfe beim Kaffeekauf heranziehen.