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Daten der BKK Provita

Sind Corona-Impfnebenwirkungen häufiger, als es offizielle Zahlen angeben?

Wie häufig sind Impfnebenwirkungen bei Corona-Impfungen in Deutschland?
Wie häufig sind Impfnebenwirkungen bei Corona-Impfungen in Deutschland? Die Daten einer Krankenkasse stehen im krassen Kontrast zu offiziellen Zahlen. Foto: Getty Images
Martin Lewicki
Freier Autor

1. März 2022, 11:09 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Wie die gesetzliche Krankenkasse BKK Provita berichtet, treten Impfnebenwirkungen bei Corona-Impfungen offenbar deutlich häufiger auf, als offiziell bekannt. Dabei beruft sich die Krankenkasse auf die Auswertung von über 10 Millionen Versichertendaten. Doch die hohen Zahlen der Krankenkasse werfen etliche Fragen auf.

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Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) gibt die offiziellen Zahlen bekannt, wie viele Impfdosen der Corona-Impfstoffe in Deutschland vergeben wurden. Und es gibt auch darüber Auskunft, wie viele schwere Impfnebenwirkungen auftraten. Nun hat die deutsche Krankenversicherung BKK Provita ihre ermittelten Zahlen zu Nebenwirkungen veröffentlich und kommt dabei auf ein Vielfaches dessen, was offiziell bekannt ist. Die Krankenkasse sieht es als „ein erhebliches Alarmsignal“ und verfasste sogar einen Brief an das PEI. Obwohl die hohen Zahlen der BKK Provita zunächst besorgniserregend wirken, stellen sich bei genauer Betrachtung viele Fragen.

Offizielle Zahlen zu Impfnebenwirkungen

Laut dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) wurden zwischen dem 27. Dezember 2020 und 30. Dezember 2021 148.760.720 Impfungen gegen Corona mit den vier in Deutschland zugelassenen Impfstoffen durchgeführt.1 Dabei meldeten die Ärzte 244.576 Verdachtsfälle einer Nebenwirkung. Die Melderate betrug also für alle Impfstoffe zusammen 1,64 Meldungen pro 1.000 Impfdosen, für schwerwiegende Reaktionen sogar nur 0,20 Meldungen pro 1.000 Impfdosen.

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Zahlen der Krankenkasse BKK Provita

Die Krankenkasse BKK Provita hat nun ihre Daten veröffentlicht, die erheblich über den offiziellen Daten des PEI liegen.2 So seien laut der BKK Provita 216.695 Patienten allein in den ersten sieben Monaten des Jahres 2021 wegen Nebenwirkungen durch Corona-Impfstoffe behandelt worden. Die Krankenkasse bezieht sich auf die Daten ihrer rund 10,9 Millionen Versicherten. Dabei wurden Abrechnungsdaten der Ärzte ausgewertet. Darin verwenden Ärzte sogenannte ICD-Codes, um Diagnosen zu klassifizieren und zu verschlüsseln. Und so gibt es auch für unerwünschte Impfnebenwirkungen und Komplikationen einen eigenen ICD-Code.

Anhand ihrer Daten hat die BKK Provita eine Hochrechnung auf die deutsche Bevölkerung vorgenommen. Und so kommt sie auf 1.884.096 mögliche Fälle von Impfnebenwirkungen bei Corona-Impfstoffen. Das wären 2,3 Prozent der Geimpften anstatt 0,3 Prozent, wie das PEI angibt. Die Diskrepanz der Werte ist riesig, denn die BKK-Werte sind fast um das Achtfache höher als die bislang öffentlich bekannten Werte.

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Wie kommt es zu der Zahlendiskrepanz?

Nach dem Ermitteln der Daten wendete sich die BKK Provita in einem offenen Brief an das Paul-Ehrlich-Institut. Darin heißt es: „Die unserem Haus vorliegenden Daten geben uns Grund zu der Annahme, dass es eine sehr erhebliche Untererfassung von Verdachtsfällen für Impfnebenwirkungen nach Corona Impfung gibt.“ Doch wie kommt es zu dieser großen Zahlendiskrepanz? Auch dazu liefert der Brief der BKK Provita eine mögliche Erklärung. So heißt es weiter: „Unsere erste Vermutung ist,
dass, da keine Vergütung für die Meldung von Impfnebenwirkungen bezahlt wird, eine Meldung
an das Paul-Ehrlich-Institut wegen des großen Aufwandes vielfach unterbleibt.“ Ärzte hätten der Krankenkasse berichtet, dass die Meldung eines „Impfschadenverdachtsfalls“ etwa eine halbe Stunde Zeit in Anspruch nehme. Dieser hohe Aufwand werde nicht vergütet. Und das führe eben dazu, dass dem PEI weniger Meldungen erstattet würden, als es tatsächliche Fälle von Impfnebenwirkungen gebe.

Kritik an den Zahlen der BKK Provita

Die Zahlen der BKK Provita sowie der öffentliche Brief an das Paul-Ehrlich-Institut sorgten bereits für Wirbel und für Kritik. „Peinliches Unwissen oder hinterlistige Täuschungsabsicht – was davon den Vorstand der BKK ProVita bewogen hat, vor angeblichen Alarmzahlen bei Impfkomplikationen zu warnen, weiß ich nicht. Die Schlussfolgerungen aus der Datenlage sind jedenfalls kompletter Unfug“, kommentiert Dr. Dirk Heinrich, der Bundesvorsitzende des Verbandes der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte (Virchowbund).3

Laut Dr. Heinrich vermischt die BKK Provita zwei unterschiedliche Bereiche. Der ICD-Code auf den sich die Krankenkasse bezieht, umfasse nämlich die gesamte Bandbreite der Nebenwirkungen einer Corona-Impfung. Dazu zählen eben auch eine leichte Schwellung an der Einstichstelle oder eine erhöhte Temperatur als Immunantwort. Von einer „Gefahr für das Leben von Menschen“, wie die Krankenkasse in ihrem Brief schreibt, können laut dem Arzt keine Rede sein.

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Wirbt die „veggiefreundlichste Krankenkasse“ um Impfgegner?

Das Paul-Ehrlich-Institut hingegen erhalte nur Meldungen für „über das übliche Maß hinausgehende“ Impfnebenwirkungen. Das sei ein eklatanter Unterschied, der eben zu den viel niedrigeren Meldezahlen führe. Dr. Heinrich unterstellt der Krankenkasse sogar, dass man mit dieser medienwirksamen Aktion offenbar um die impfkritische Klientel wirbt. Tatsächlich fällt die Krankenkasse dadurch auf, dass sie beispielsweise mit Homöopathie- und Osteopathie-Angeboten sowie dem Slogan „veggiefreundlichste Krankenkasse“ für sich wirbt.

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Dennoch sollten auch die gemeldeten Zahlen des PEI kritisch hinterfragt werden. So sagte die Tübinger Notärztin Lisa Federle gegenüber der „Deutschen Presse-Agentur“: „Um eine klare Datenanalyse, auch über die Kassen, kämpfe ich seit mehreren Monaten. Es kann nicht sein, dass wir aus Angst vor ,Querdenkern‘ davor zurückschrecken, die Nebenwirkungen von Impfungen in Bezug auf Corona in vollem Umfang zu erfassen.“ Somit kann es durchaus sein, dass eine gewisse Untererfassung von Verdachtsfällen für Impfnebenwirkungen vorhanden ist.

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Quellen

Themen Coronavirus
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