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Fitness-Gadget im Selbsttest

Stoffwechsel-Tracker „Lumen“ verrät, ob man Kohlenhydrate oder Fett verbrennt

Lumen im Selbsttest
FITBOOK-Redakteur Nuno Alves testete den Stoffwechsel-Tracker Lumen Foto: FITBOOK / Andreas Filbig
Nuno Alves
Chefredakteur

26. August 2021, 14:29 Uhr | Lesezeit: 10 Minuten

Es klingt ehrgeizig, was sich die beiden israelischen Zwillingsschwestern Merav und Michal Mor mit ihrem Start-up vorgenommen haben: den Stoffwechsel zu hacken. Möglich sein soll das mit einem Gerät, das sich Lumen nennt. FITBOOK hat das Gadget ausprobiert und erklärt, wie es funktioniert und warum es im Selbsttest nur bedingt überzeugen konnte.

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Gerade mal 102 x 41,4 x 33,3 Millimeter ist Lumen groß. Das ist insofern bemerkenswert, als dass das Gerät in der Lage ist, anhand des Atems einen Wert zu messen, den sonst nur größere und aufwändig betriebene Apparaturen bestimmen können: den sogenannten respiratorischen Quotienten (RQ). Dieser beschreibt das Verhältnis von ausgeatmetem Kohlenstoffdioxid zu eingeatmetem Sauerstoff und erlaubt Rückschlüsse darauf, ob der Körper Fett oder Kohlenhydrate verbrennt.

„Die Idee zu Lumen entstand, als die Zwillingsschwestern Merav und Michal Mor für den Ironman trainiert haben“, erklärt Lumen-Sprecherin Kyla Blumenfeld. „Während ihrer Vorbereitung merkten sie, dass man zwar vielseitig die Fitness messen konnte, aber nicht die Ernährung.“ Die beiden Schwestern, die im Bereich Physiologie promoviert haben, wussten, dass hierfür der respiratorische Quotient der wichtigste Indikator ist. Doch die Herausforderung war, das dazu notwendige Labor-Messgerät zu einem massentauglichen Produkt zu machen. Blumenfeld zu FITBOOK: „Nach acht Jahren kam schließlich ein Protoytp heraus, der den Mix in der Ausatemluft analysiert und sagen kann, ob man Kohlenhydrate oder Fett verbrennt.“ Lumen war geboren.

Im Gegensatz zu den großen Labor-Apparaturen verzichtet Lumen jedoch auf die Messung des Sauerstoffs zur Ermittlung des respiratorischen Quotienten. Stattdessen bestimmt das Gerät lediglich das ausgeatmete Kohlenstoffdioxid. „Weil wir den Sauerstoff nicht analysieren, ist es notwendig, die Messungen bei einer Ruheherzfrequenz vorzunehmen, um eindeutige Ergebnisse zu erhalten“, erklärt Ulrike Kühl, Ernährungswissenschaftlerin bei Lumen. Man würde dann von einer stabilen Sauerstoffaufnahme ausgehen. Dies würde ermöglichen, den RQ nur auf Basis des CO2-Werts zu bestimmen.

Was versprechen die Macher von Lumen?

Lumen möchte Nutzern anhand des Atems Informationen über ihren Stoffwechsel geben und anzeigen, welche Energiequelle der Körper gerade nutzt: ob Fett oder Kohlenhydrate. Das Gadget setzt dabei auf die Tatsache, dass die Zellen je nach Energiequelle mehr oder weniger Kohlenstoffdioxid produzieren. Bei Glukose, einem Kohlenhydrat, entsteht mehr CO2, bei Fett weniger. Die über den Atem ausgeschiedene Menge an Kohlenstoffdioxid erlaubt so Rückschlüsse auf den Stoffwechselzustand.

Anhand der Ergebnisse erstellt die dazugehörige App dann einen Ernährungsplan, der entsprechend mehr oder weniger Kohlenhydrate integriert. Auf diese Weise soll der Körper flexibler zwischen den beiden Energielieferanten wechseln können, was auch als metabolische Flexibilität bezeichnet wird. Eine geringe metabolische Flexibilität wird unter anderem mit Übergewicht und Leiden wie Diabetes in Verbindung gebracht.

Ziel von Lumen ist es letztlich, nicht nur Informationen über den Stoffwechselzustand bereitzustellen, sondern auch Tipps zu geben, wie sich eine solche größere metabolische Flexibilität erreichen lässt. Laut den Machern soll die Nutzung von Lumen u. a. bei folgenden Zielen unterstützen:

  • Gewichtsabnahme
  • Weniger Hunger
  • Mehr Energie und bessere Laune
  • Konsistenter Blutzuckerspiegel
  • Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustands

Wie genau funktioniert Lumen?

Nachdem man die Lumen-App auf das Smartphone heruntergeladen, einen Nutzer-Account angelegt und das Gerät via Bluetooth verbunden hat, bittet die App um Zugriff auf die Daten aus Apple Health oder Google Fit und fragt nach Gewicht, Größe und Geschlecht.

Zusätzlich werden Aktivitätslevel sowie Trainings- und Schlaf-Routine abgefragt. Ebenso, ob Kohlenhydrate (Brot, Nudeln etc.) normalerweise Bestandteil der Mahlzeiten sind und ob man bereits eine Low-Carb-Diät ausprobiert hat.

Lumen-Setup
Während des Setups fragt Lumen Routinen ab, etwa zu Training, Schlaf oder Ernährung Foto: Screenshot Lumen-App /Collage: FITBOOK

Im Rahmen der Ersteinrichtung des Accounts wird zudem gebeten anzugeben, die Motivation für die Nutzung von Lumen anzugeben, bspw. Gewichtsabnahme, das Entwickeln gesunder Gewohnheiten oder der Aufbau von Muskelmasse.

Nutzer können aus drei sogenannten „Tracks“ wählen, die man primär verfolgen möchte:

  1. „Metabolic Health“ (Stoffwechselgesundheit)
  2. „Healthy Weight Loss“ (Gesunde Gewichtsabnahme),
  3. „Fitness Performance“

Nachdem man dann eines ausgewählt hat, macht man einige Probe-Atemzüge und hat anschließend bereits ein erstes Ergebnis. Das Gerät ist sodann für die regelmäßige Nutzung einsatzbereit.

Lumen-Setup
Die App gibt genaue Hinweise, wie die Atemzüge gemacht werden sollen. Anschließend bekommt man ein Ergebnis. In diesem Fall zeigt der Wert 3 an, dass sowohl Kohlenhydrate als auch Fett als Energiequelle genutzt werden Foto: Screenshot Lumen-App /Collage: FITBOOK

Morgendliche Messung

Lumen im Selbsttest
Lumen sieht aus wie ein Vaporizerund misst das Kohlenstoffdioxidim Atem Foto: FITBOOK

Um den individuellen Stoffwechsel im Zeitverlauf zu analysieren, empfehlen die Macher eine tägliche Nutzung – morgens nach dem Aufstehen im Ruhezustand und auf nüchternem Magen. Ein schwarzer Kaffee oder ungesüßter Tee sind okay. Diese Morgen-Messung gilt als die wichtigste, weil sie Aufschluss über den Metabolismus nach dem Aufwachen gibt und Rückschlüsse auf die Stoffwechselflexibilität erlaubt.

Parallel zur Messung fragt Lumen morgens zudem nach dem geplanten Ende der Fastenzeit (also dem Zeitpunkt, wann die erste Kalorie konsumiert wird) sowie anstehenden Workouts. Ebenso soll man angeben, wie viele Kohlenhydrate man tags zuvor konsumiert hat.

Laut dem Start-up handelt es sich bei Lumen um ein lernendes System. Mit jedem Atemzug und den gemachten Angaben erfahre das Programm mehr über den Stoffwechsel – insbesondere, wie er auf Training, Fastenzeiten und Ernährung reagiert.

Zusätzliche Messungen

Nutzer können zwar ausschließlich die morgendlichen Messungen vornehmen und so bereits etwas über ihren Stoffwechselzustand nach dem Schlafen erfahren. Noch aussagekräftiger soll Lumen jedoch sein, wenn man mehrmals täglich misst, insbesondere vor und/oder nach dem Essen bzw. Trainingseinheiten. So können Sportler die Messergebnisse vor – oder auch nach – einem Workout dazu nutzen, um ggf. zusätzliche Kohlenhydrate zu konsumieren.

Auch interessant: Wie sich die Geschwindigkeit des Stoffwechsels im Laufe des Lebens verändert

Für wen ist Lumen geeignet und für wen nicht?

Lumen kann besonders für Nutzer interessant sein, die versuchen, sich bewusster zu ernähren und mehr darüber erfahren wollen, wie der persönliche Stoffwechsel auf die aktuellen Essens-, Schlaf- und ggf. Trainingsroutinen reagiert. Auch für Sportler, die sich im Umfeld ihres Trainings zielgerichteter mit Kohlenhydraten versorgen wollen, bietet Lumen wertvolle Informationen. Zu den Athleten, die Lumen als Testimonials gewonnen hat, zählen Radprofi Chris Froome und US-Schwimmer Michael Andrew.

Betrachtet man die verschiedenen „Tracks“ bzw. Ziele, aus denen Nutzer wählen können, so scheint laut Kyla Blumenfeld die „Weight Loss“-Gruppe am erfolgreichsten zu sein. Diese würden nach eigenen Angaben im Schnitt 1,1 Kilogramm Gewicht in der Woche abnehmen.

Weniger geeignet ist Lumen hingegen für Personen, die bereits eine besondere Ernährungsweise verfolgen und diese aus verschiedenen Gründen nicht aufgeben wollen. Im Rahmen einer Low-Carb- oder gar ketogenen Diät spielen viele weitere Faktoren mit rein. Die Ergebnisse entsprechen dann mitunter nicht den Erwartungen und die daraus resultierenden Empfehlungen und ihre Integration in den Alltag können so zu einer Herausforderung werden. Mehr dazu in der Zusammenfassung des Selbsttests unten.

Lumen erfordert zudem Flexibilität bei der Gestaltung der eigenen Mahlzeiten. Da kann es schwierig werden, wenn beispielsweise aus dem geplanten Pizza-Abend mit der Familie aufgrund hoher Lumen-Werte ein Low-Carb-Dinner werden soll. Wer jedoch spontan aufgrund der Messungen oder Empfehlungen für die Kohlenhydratzufuhr seine Mahlzeiten umdisponieren kann, hat es einfacher.

Nicht geeignet ist Lumen für:

  • Menschen, die an Diabetes Typ 1 oder 2 leiden. In diesen Fällen komme es zu verzerrten, konkret: zu niedrigen, Messergebnissen, erklärt Ulrike Kühl im FITBOOK-Gespräch.
  • Schwangere
  • Fettleibige (BMI über 40)
  • Personen mit starkem Asthma
  • Menschen, die unter COPD leiden

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Was passiert mit den Daten?

Die Gesundheitsdaten holt sich Lumen über Google oder Apple Health. Diese werden dann in Korrelation mit den Atem-Messungen gesetzt. Somit nutze das Start-up laut eigenen Angaben nur die personenbezogenen Daten, die Nutzer bereits im Rahmen von Apple Health oder Google Fit bereitgestellt haben. Die gewonnenen Erkenntnisse aus den Lumen-Messungen werden nicht mit Dritten geteilt.

Wie viel kostet Lumen?

Das Gerät ist nur im Rahmen einer Mitgliedschaft erhältlich. Aktuell gibt es drei Optionen:

  1. Dreimonatige Mitgliedschaft: 199 Dollar (anschließend: 19 Dollar pro Monat)
  2. Sechsmonatige Mitgliedschaft: 249 Dollar (anschließend: 19 Dollar pro Monat)
  3. Zwölfmonatige Mitgliedschaft: 299 Dollar (anschließend: 19 Dollar pro Monat)

Neben dem Gadget sind in allen Abo-Modellen auch die aus den Ergebnissen resultierenden Ernährungstipps enthalten.

Selbsttest: Meine Erfahrungen mit Lumen

Hohe Werte trotz Low-Carb-Ernährung

Für mich persönlich hatte Lumen im Test nur bedingt Aussagekraft. Obwohl ich mich low carb ernähre und intermittierend faste, zeigten meine Morgenmessungen fast immer höhere Werte an. Anders als erwartet nutzte ich nicht nur Fett, sondern auch Kohlenhydrate zur Energiegewinnung. Zuweilen waren es sogar ausschließlich Kohlenhydrate, obwohl ich am Vorabend praktische keine konsumiert hatte und mehr als zwölf Stunden zwischen Nahrungsaufnahme und Messung lagen.

Dass die Ergebnisse anders ausfallen als erwartet – in meinem Fall zu hoch –, kann laut Ulrike Kühl unterschiedliche Gründe haben. „Es kann sein, dass die Kohlenhydratzufuhr zu gering oder die Zeit, in der nichts gegessen wurde, zu lang war“, erklärt sie FITBOOK. Das könne zu einem Anstieg des Cortisol-Spiegels führen und dies wiederum dazu, dass der Körper mehr Glukose selbst synthetisiere und diese zur Energiegewinnung nutze.

Ulrike Kühl beobachtet das vereinzelt bei Lumen-Nutzern, die sich low carb ernähren und dazu sportlich sehr aktiv sind, was auch auf mich zutrifft. Oft sei es sogar so, dass die Werte auch nach einem Workout hoch sind. In diesem Fall empfiehlt sie, rund um das Training Kohlenhydrate zu konsumieren und insgesamt die Kohlenhydratzufuhr leicht zu erhöhen. Das helfe dann, die Lumen-Werte zu reduzieren. Ich habe dies ausprobiert, und in der Folge waren die Werte tatsächlich etwas niedriger.

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Fehlende Flexibilität, um Empfehlungen umzusetzen

Lumen empfahl mir aufgrund meiner Messwerte jedenfalls häufig, für den jeweiligen Tag die Kohlenhydratzufuhr noch weiter zu reduzieren, manchmal auf den nicht praktikablen Wert von null Gramm, was nur bei einer rein fleischbasierten Ernährung möglich wäre. Für mich keine Option.

Das größte Problem bei der Nutzung von Lumen für mich war jedoch meine fehlende Flexibilität im Alltag. Aufgrund entsprechender Messergebnisse hätte ich meine Mahlzeiten nach der Morgenmessung für den restlichen Tag umplanen müssen. Mal low carb, mal nicht. Zuweilen wäre das auch möglich gewesen, allerdings ist das gerade im Familienkontext, in dem das Essen auch mal vorgekocht oder vorgeplant werden muss, mitunter eine Herausforderung.

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Fazit

Lumen ist ein spannendes Tool für jeden, der seinen Körper näher kennenlernen möchte und bereit ist, spontan seine Mahlzeiten anzupassen. Manchen kann dies eine Hilfe sein, um Ziele wie Gewichtsabnahme, mehr Fitness oder eine größere metabolische Flexibilität zu erreichen.

Wer sich allerdings bereits sehr bewusst ernährt und in puncto Gesundheit und Fitness ein gutes und vor allem alltagstaugliches Konzept gefunden hat, wird sich schwertun, spontane Anpassungen anhand der Messergebnisse vorzunehmen.

Hinzu kommt, dass Lumen aktuell nur auf Englisch verfügbar ist und einen stolzen Preis aufweist: Selbst wenn man die auf längere Sicht günstigere Jahresmitgliedschaft für 299 Dollar wählt, kommen danach monatlich noch 19 Dollar hinzu.

Hinweis: Lumen wurde FITBOOK im Rahmen dieses Tests zur Verfügung gestellt. Das Gerät wird im Anschluss wieder an das Unternehmen zurückgeschickt.

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