14. Dezember 2020, 14:28 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Alkohol ist selbst in kleinen Mengen potenziell schädlich. Jetzt haben Forschende drei Alterspannen identifiziert, in denen Wein, Bier, Schnaps und Co. das Gehirn und seine Entwicklung besonders angreifen.
Mit einem Glas Rotwein am Tag, was etwa 12 Gramm reinem Alkohol entspricht, fühlen sich die meisten Menschen auf der sicheren Seite. Für einen gesunden Erwachsenen mag das in den meisten Fällen zutreffen, doch gibt es offenbar drei Altersspannen, in denen Alkohol besonders schädlich für das Gehirn ist: Schwangerschaft, Teenagerjahre und spätes Erwachsenenalter. Diese Erkenntnisse eines britisch-australischen Wissenschaftler*innen-Teams wurden jetzt im „British Medical Journal“ (BMJ) veröffentlicht. Es handelt sich dabei um eine vom King’s College London und der University of New South Wales, Sydney, durchgeführte Auswertung unterschiedlicher Beobachtungsstudien.
Empfängnis bis Geburt – wie schädlich kleinste Mengen Alkohol wirklich sind
„Weltweit konsumieren rund zehn Prozent der schwangeren Frauen Alkohol, wobei die Raten in europäischen Ländern erheblich höher sind als im globalen Durchschnitt“, weiß die Hauptautorin der Studie, Dr. Louise Mewton. Dass starker Alkoholkonsum während der Schwangerschaft mit einer Verringerung des Gehirnvolumens und kognitiven Beeinträchtigungen (Fetales Alkoholsyndrom) verbunden ist, sollte in der breiten Bevölkerung mittlerweile angekommen sein. Dennoch herrscht bei einigen werdenden Müttern immer noch die Auffassung, dass hin und wieder eine Weinschorle nicht schadet. Ein Trugschluss, wie die gesammelten Daten beweisen. So kann eine zum falschen Zeitpunkt genossene kleine Menge Alkohol (z. B, wenn das Embyro-Gehirn gerade einen neuen Entwicklungsschritt durchmacht) die Hirnstruktur dauerhaft negativ verändern.
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Alkoholexzesse bei Teenagern können dauerhaft Intelligenz mindern
Als die zweite hochsensible Phase beschreibt die Studie die Phase zwischen dem 15. und 19. Lebensjahr. Bei Jugendlichen dieses Alters seien vor allem Alkoholexzesse (60 Gramm reiner Alkohol und mehr), die jeder fünfte Jugendliche regelmäßig praktiziert, ein schwerwiegendes Problem. Auch hier sind die beschriebenen Folgen dramatisch: verringertes Gehirnvolumen, dauerhafte Defizite bezüglich kognitiver Leistung (Gedächtnisprobleme) sowie eine verschlechterte Entwicklung der weißen Hirnsubstanz. Letzteres wird auch mit einem erhöhten Risiko für Verkehrsunfälle und Suizidgedanken in Verbindung gebracht.
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Im späten Erwachsenenalter beschleunigen scheinbar geringe Mengen den kognitiven Verfall
Wie das Forschungsteam weiter feststellt, trinken Menschen ab 65 Jahren aufwärts weitestgehend in Maßen, dafür aber sehr regelmäßig. Doch selbst dauerhaft moderater Alkoholkonsum könne zu einem geringeren Gehirnvolumen führen. Derzeit sei allerdings unklar, heißt es in der Pressemitteilung im „BMJ“, ob diese strukturellen Veränderungen auch zu einer funktionellen kognitiven Beeinträchtigung führen würden. Allerdings wird stark vermutet, dass Alkohol den natürlich altersbedingten Abbauprozess zusätzlich beschleunigt.
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„Um diesbezüglich Klarheit zu schaffen, sind weitere Studien erforderlich“, heißt es weiter. „Ebenso sind die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf den Alkoholkonsum und die damit verbundenen Schäden unklar.“ Sorge bereitet Mewton der weltweit steigende Alkoholkonsum. Ziel der Meta-Studie sei es deshalb, unter anderem nochmals zu betonen, dass Alkohol nicht nur Leber und Körper angreift, sondern langfristig auch das Gehirn.