11. Januar 2019, 14:03 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Starkes Übergewicht ist nicht gesund. Bereits bekannt war, dass es Diabetes, Gelenkschäden und verschiedene Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigen kann. Aber: Hat ein zu hoher Body-Mass-Index (BMI) auch Auswirkungen auf das Gehirn? Dieser Frage sind britische Forscher auf den Grund gegangen.
Bei vielen Adipösen sind bestimmte Bereiche des Gehirns geschrumpft! Das haben Forscher der Loughborough Universität im britischen Leicestershire herausgefunden und im Fachjournal „Neurology“ öffentlicht gemacht.
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Großer Bauch, kleines Hirn?
Zumindest Hinweise darauf, dass starkes Gewicht sich auf das Gehirn auswirken kann, gab es schon früher. 2010 hatte eine US-Studie gezeigt, dass Fettleibigkeit das biologische Altern des Gehirns beschleunigt. Sieben Jahre später fanden Forscher des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig heraus, dass Fettleibigkeit wichtige „Netzwerke“ im Hirn beeinträchtigen und das Alzheimer-Risiko erhöhen kann.
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In der aktuellen Untersuchung hat sich das Team um Sportmediziner Studienleiter Mark Hamer genauer damit befasst, wie sich Übergewicht speziell auf die „Substantia grisea“, die sogenannte Graue Substanz, auswirkt. Sie besteht vor allem aus Nervenzellkörpern und ist eine wesentliche Komponente des Zentralnervensystems. Dahingegen setzt sich die Weiße Substanz aus Nervenfasern zusammen und hat die Aufgabe, die verschiedenen Areale des Hirns miteinander zu verbinden.
So lief die Studie ab
Die Forscher hatten Angaben aus Fragebögen von 9652 Menschen im Durchschnittsalter von 55 Jahren ausgewertet. Zudem ermittelten sie ihren Body-Mass-Index (BMI), also das Verhältnis ihres Körpergewichts zur Körpergröße, der bei rund 19 Prozent der Teilnehmer bei über 30 lag – also im adipösen Bereich. Auch maßen sie den Körperfettanteil und den Taille-Hüfte-Quotienten (THQ). Bei Frauen gilt ein THQ von 0,8 oder kleiner als gesund, bei Männern liegt der Wert bei 0,9 oder darunter. Der THQ trifft auch eine Aussage darüber, ob man mehr ein Apfeltyp ist, das Körperfett sich also zum größten Teil in der Körpermitte um die Taille befindet, oder ein Birnentyp mit Fettpolstern vor allem um Hüfte, Po und Oberschenkel: Apfeltypen haben ein deutlich erhöhtes Risiko für Bluthochdruck, Diabetes sowie Herz- und Kreislauferkrankungen.
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Per Magnetresonanztomographie (MRT) bestimmten die Forscher die Gehirnvolumina für die Graue und Weiße Substanz und bezogen hier auch Faktoren ein, die Einfluss auf das Gehirnvolumen nehmen können, wie das Alter, körperliche Aktivität, Rauchen und Bluthochdruck.
Es zeigte sich: Menschen, die einen hohen BMI und THQ hatten, verfügten über ein geringeres Volumen an Grauer Substanz als diejenigen mit Werten im niedrigeren Bereich. Konkret kamen 1291 Teilnehmer mit einem hohen BMI und einem hohen THQ auf das geringste Volumen an Grauer Substanz, mit durchschnittlich 786 Kubikzentimetern. Im Vergleich waren es bei 3025 Menschen mit Normalgewicht 798 Kubikzentimeter. Die 514 Teilnehmer mit hohem BMI, aber normalem THQ verfügten im Schnitt über 793 Kubikzentimeter Graue Substanz. Bei der Weißen Substanz waren hingegen keine Unterschiede feststellbar.
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Untersuchung hat Lücken
Welche konkreten Folgen die Hirnveränderungen haben können – das haben die Forscher nicht weiter untersucht. Auch bleibe unklar, ob Anomalitäten in der Hirnstruktur zu Fettleibigkeit führt – oder umgekehrt, also ob Fettleibigkeit Veränderungen im Hirn bewirkt. Ein weiterer Nachteil der Studie sei, dass nur fünf Prozent der eingeladenen Personen an der Untersuchung teilgenommen hatten. Es seien im Schnitt die gesünderen gewesen, die sich zum Mitwirken entschieden hatten.