16. Dezember 2020, 5:33 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Seit Dienstag sollen für Ü-60-Jährige und Menschen mit Vorerkrankungen in Apotheken kostenlos drei FFP2-Masken zur Verfügung stehen. Die Idee ist gut – aber nicht gut durchdacht. FITBOOK berichtet über die chaotischen Zustände, die sich in Deutschland abspielen. Und über einen wesentlichen Aspekt, den der Gesundheitsminister bei seiner Planung offenbar übersehen hat.
Besonders gut vor einer Infektion mit dem Coronavirus schützen sollen enganliegende FFP2-Masken. Deshalb sind sie mit rund 6 Euro pro Stück aber auch relativ teuer. Für viele Schutzbedürftige ein Problem, weshalb Gesundheitsminister Jens Spahn Folgendes erwirkt hat: Risikogruppen, also Vorerkrankte sowie Menschen über 60 Jahre, dürfen sich ab dem 15. Dezember drei kostenlose FFP2-Masken in der Apotheke abholen. Für die Mitarbeiter bedeutet das eine echte Herausforderung.
Aggressiver Ansturm wegen kostenloser FFP2-Masken
Dass die Aussicht auf kostenlose FFP2-Masken einen Ansturm auslösen würde, war abzusehen. Nicht zuletzt für die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA). Deren Präsident Friedemann Schmidt hatte auf der Webseite Berechtigte dazu aufgefordert, Geduld zu bewahren und nicht „am ersten Tag die Apotheken zu stürmen“. Leider ohne Erfolg.
„In den Apotheken in ganz Deutschland herrscht Land unter“, erfährt FITBOOK aus der Tauern-Apotheke in Berlin. Die Mitarbeiter erlebten am Tag des Inkrafttretens der Verordnung seit dem frühen Dienstagmorgen einen riesigen Andrang – erwarteten jedoch erst am Nachmittag eine erste, verpackte Charge. Mit der Ausgabe können sie daher erst am Mittwoch beginnen – und weckten so ungewollt den Zorn der Kunden. „Wir werden bedroht, man wolle uns anzeigen“, berichtet ein Mitarbeiter.
Zumindest, was das große Besucheraufkommen betrifft, sieht es so oder so ähnlich in ganz Deutschland. Der NDR berichtet von Apotheken in Südniedersachsen, die regelrecht überrannt würden. Erste Lieferungen seien bereits vormittags restlos ausgegeben gewesen. Kaum überraschend, dass in dem Gedränge der empfohlene Mindestabstand zu den anderen Kunden nicht immer eingehalten werde.
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Vergabemechanismus nicht gut durchdacht
Interessant: Theoretisch könnten Gratis-Masken-Berechtigte eine große Apotheken-Tour machen und jedes Mal aufs Neue drei Stück abgreifen. Es kann nämlich nicht kontrolliert werden, wer wo seinen Anspruch bereits geltend gemacht hat. Dies ist höchstens für Stammkunden einzelner Apotheke möglich – der Erhalt der FFP2-Masken kann in ihrer Kartei vermerkt werden. Eine Datenbank, in der entsprechende Informationen auch für Mitarbeiter anderer Apotheken zugänglich ist, gibt es nicht. „Da hat Herr Spahn ein entscheidendes Detail vergessen“, sagt man uns in der Berliner Tauern-Apotheke.
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Bitte besuchen Sie Ihre Stammapotheke!
Insgesamt 27 Millionen Bürger sollen mit jeweils drei FFP2-Masken versorgt werden. „Das geht nicht alles an einem Tag“, schreibt ABDA-Präsident Schmidt sehr richtig. Ginge es nach seiner Empfehlung, würden die berechtigten Patienten ihre Stammapotheke aufsuchen – irgendwann in den kommenden Tagen bis Wochen.
Die aktuelle Verordnung gilt bis Ende dieses Jahres. Ab Januar werden berechtige Patienten weiterhin FFP2-Masken erhalten. Dann aber nur noch gegen Vorlage eines fälschungssicheren Berechtigungsscheins der Krankenkasse und nicht mehr ganz kostenlos. „Als Eigenanteil wird für jeweils 6 Masken eine Zuzahlung von jeweils zwei Euro vorgesehen“, schreibt die ABDA.