3. März 2022, 11:22 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Eine neue US-Studie legt nahe, dass die kohlenhydratarme und fettreiche ketogene Ernährung dazu beitragen könnte, körperliche wie psychische Symptome von Multiple Sklerose zu lindern.
Eine ketogene Ernährung besteht hauptsächlich aus Lebensmitteln wie Fleisch, Fisch, Eiern, Sahne, Butter, Ölen und Gemüse wie Kohl und Brokkoli. Sie kann nicht nur beim Abnehmen helfen, sondern auch die Lebensqualität von Menschen mit Multiple Sklerose (MS) erheblich verbessern. Zu diesem Schluss kommt eine neue US-Studie, die bei der diesjährigen Jahrestagung der „American Academy of Neurology“ vorgestellt wird. Laut den beteiligten Wissenschaftlern lindere die Keto-Diät nicht nur MS-Symptome, betroffene Menschen berichten auch, sich weniger müde und depressiv zu fühlen.
Übersicht
Kleine, aber vielversprechende Personenstudie zu ketogener Ernährung bei Multiple Sklerose
An der Studie nahmen 65 Personen teil, bei denen schubförmig remittierende MS diagnostiziert wurde. Die remittierende MS zeigt sich durch plötzliches Aufflammen der Symptome, gefolgt von Phasen des Nachlassens. Diese Probanden wurden angehalten, sich über einen Zeitraum von sechs Monaten streng ketogen zu ernähren. Zwei der drei Hauptmahlzeiten bestanden vor allem aus Eiern, Fleisch, Fisch, Öl, Avocado, Gurken oder grünes Blattgemüse. Snacks waren ebenfalls erlaubt, solange die Teilnehmer die maximale tägliche Kohlenhydratzufuhr von 20 Gramm einhielten. Die Forscher überwachten die Einhaltung der Diät mittels täglicher Urintests. Insgesamt hielten 83 Prozent der Teilnehmer durch, heißt es in der Universitätsmitteilung.1
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So ging es den Teilnehmern nach einem halben Jahr Keto-Diät
Vor und nach dem Versuchszeitraum absolvierten die Probanden Tests und Umfragen, um herauszufinden, inwieweit die ketogene Ernährung ihre Multiple Sklerose beeinflusst hat. Die Forscher fanden heraus, dass die Teilnehmer nach sechs Monaten nicht nur weniger Körperfett hatten, sondern sich auch weniger erschöpft, ausgebrannt und stattdessen zuversichtlicher fühlten. Sie berichteten ebenso davon, dass die Schübe samt Beschwerden weniger heftig ausfielen. Studienleiter Dr. J. Nicholas Brenton schließt daraus: „Unsere Studie liefert Beweise dafür, dass eine ketogene Ernährung vorteilhaft sein kann und einige Symptome für Menschen mit MS reduziert.“ Außerdem sei eine Ernährungsumstellung ein kostengünstiger Weg, die allgemeine Gesundheit zu verbessern.
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Wie die ketogene Ernährung Menschen mit MS Linderung verschafft
Die ketogene Ernährung gilt bei einigen Experten als umstritten, da sie zu fleischlastig ist und einen Anstieg des Harnsäurespiegels im Blut und damit das Risiko für Gicht und Nierensteine erhöht. Auch kann der allzu strenge Verzicht auf „glücklich machende“ Kohlenhydrate wie Nudeln oder Kartoffeln auf die Stimmung schlagen und heftiges Craving auslösen. Dennoch birgt die Ernährung offenbar einige Vorteile speziell für MS-Patienten, so Brenton: „Eine ketogene Ernährung ermöglicht es dem Körper, Fett anstelle von Zucker als primäre Energiequelle zu nutzen und so einen Fastenzustand nachzuahmen.“ Dieser Prozess sorge wiederum dafür, dass bestimmte Entzündungswerte im Körper zurückgehen, die einen MS-Schub begünstigen können.
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Es bedarf weiterer Forschung
Brenton und sein Team haben bereits in früheren Studien gezeigt, dass eine ketogene Ernährung das Immunsystem stärkt und die Nervenzellen schützt. Bei MS funktioniert die Signalübertragung vom Gehirn übers Rückenmark in den Körper nicht mehr reibungslos. Und zwar, weil die Schutzschicht, welche die einzelnen Nervenfasern umgibt, entzündet ist. Genau hier könnte die ketogene Ernährungsform wie ein entzündungshemmender „Nervenschutz“ wirken. „Es ist jedoch mehr Forschung erforderlich, da mit der Diät weitere potenzielle Risiken wie Verdauungsprobleme und Nährstoffmangel verbunden sind“, schließt Brenton. Betroffene sollten daher vorher unbedingt ihrem Arzt reden, bevor sich eigenmächtig auf „Keto“ umstellen.
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Quellen
- 1. American Academy of Neurology (2022). Ketogenic diet may reduce disability, improve quality of life in people with MS