12. September 2024, 16:26 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Prostatamassagen kennt man aus der Diagnostik von Erkrankungen der männlichen Geschlechtsorgane. Mitunter werden sie aber auch zu Therapiezwecken eingesetzt – etwa bei Erektionsstörungen oder Problemen beim Wasserlassen. Aber ist das sinnvoll? FITBOOK hat bei dem Urologen Dr. med. Christoph Pies nachgefragt.
Prostatamassage beschreibt eine gezielte Manipulation der Prostata. Die Maßnahme erfolgt in der Regel zur medizinischen Untersuchung, um mögliche Erkrankungen der männlichen Geschlechtsorgane zu diagnostizieren. Daneben finden Prostatamassagen auch zu verschiedenen therapeutischen Zwecken Anwendung. Allerdings sehen Urologen diese Behandlung kritisch.
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Übersicht
- Wo liegt die Prostata?
- Prostatamassage bzw. Tastuntersuchung zur Diagnostik
- Wie funktioniert eine Prostatamassage?
- Bei welchen Beschwerden kommen therapeutische Prostatamassagen zum Einsatz?
- Massagetherapie wirklich sinnvoll? Das sagt der Urologe
- Studienlage zur Wirkung einer therapeutischen Prostatamassage
- Quellen
Wo liegt die Prostata?
Die Prostata (auch: Vorsteherdrüse) ist ein männliches Fortpflanzungsorgan von der Größe einer Walnuss, das sich im Becken des Mannes befindet. Genauer gesagt, liegt sie unterhalb der Harnblase und ruht auf dem Beckenboden. Zudem umschließt sie die Harnröhre, die dafür verantwortlich ist, Urin von der Blase nach außen zu leiten. Welche Funktionen hat sie?
Zu den wichtigsten Funktionen der Prostata zählt die Bildung eines Sekrets, das einen Großteil der Samenflüssigkeit ausmacht, also maßgeblich an der Spermaproduktion beteiligt ist. Es enthält Enzyme und Nährstoffe, die unterstützend auf die Spermien bei der Wanderung durch den weiblichen Fortpflanzungstrakt und auf ihre Lebensfähigkeit wirken. Im Verlauf der Ejakulation steuert die Prostata den Ausstoß der Samenflüssigkeit aus den Nebenhoden und Samenbläschen. Der Samen wird dann durch gezielte Muskelkontraktionen aus der Harnröhre ausgestoßen.
Da die Prostata um die Harnröhre herum positioniert ist, kann sie bei einer Vergrößerung (wie es im Alter häufig vorkommt) zu Problemen beim Wasserlassen führen.1
Aufgrund ihrer Lage kann die Prostata von außen über den Enddarm und von innen durch die Harnröhre von Ärzten untersucht werden.
Prostatamassage bzw. Tastuntersuchung zur Diagnostik
Wie bereits erwähnt, geschieht dies einmal zu Diagnose-Zwecken, nämlich, um Erkrankungen der Prostata bis hin zu Prostatakrebs zu erkennen.
In manchen Fällen soll sie den Austritt von Sperma bewirken, um es z. B. auf Bakterien untersuchen zu können. Mediziner gehen so dem Verdacht auf eine chronische Prostataentzündung (Fachbegriff: Prostatitis) nach.
Ebenso kann die Untersuchung auf ertastbare Anomalien abzielen. Denn Größen- oder Formveränderungen der Prostata können womöglich auf eine Erkrankung (z. B. einen Tumor) hinweisen.
Wie funktioniert eine Prostatamassage?
Für gewöhnlich erfolgt eine Prostatamassage durch Einführen eines Fingers in den Darmausgang und unter Ausübung von Druck. Dafür verwendet man idealerweise einen Einmalhandschuh, z. B. aus Kunststoff.
Bei welchen Beschwerden kommen therapeutische Prostatamassagen zum Einsatz?
Mitunter sollen Prostatamassagen auch Therapiezwecke erfüllen. Allerdings gibt es hierzu keine ausreichende Studienlage, die eindeutig die gesundheitlichen Vorteile belegt. Meistens handelt es sich um Einzelfallberichte oder kleine Untersuchungen. Nachfolgend eine Übersicht, bei welchen Beschwerden eine Prostatamassage möglicherweise helfen könnte.
Für leichteres Wasserlassen
Die Prostata liegt unterhalb der Blase. Deshalb können Schwellungen der Prostata das Wasserlassen erschweren. Vor allem im Bereich der alternativen Heilverfahren glaubt man, per Prostatamassage den Rückgang etwaiger Schwellungen fördern und somit den Urinfluss verbessern zu können.
Schmerzen bei der Ejakulation
Eine Prostatamassage soll angeblich dabei helfen, einen beim Ejakulieren Schmerzen verursachenden Flüssigkeitsstau aufzulösen. Dieser können bspw. aus einer gutartigen Vergrößerung der Prostata oder einer Entzündung im Bereich der Blase resultieren.
Behandlung erektiler Dysfunktionen
Bevor es dafür arzneiliche Hilfsmittel gab, sollen Männer früher versucht haben, sich bei Erektionsstörungen per Prostatamassage selbst zu behandeln.2
Tatsächlich kann man sich kurzfristig durch händische Stimulation über das Rektum einen Lustgewinn verschaffen, der zu einer Erektion führen kann.
Hinweis: Sollten Sie von einer oder mehreren der genannten Beschwerden betroffen sein, bitte keinesfalls versuchen, selbst eine Prostatamassage durchzuführen! Bei jeder Art von Veränderungen oder dem Verdacht auf eine Erkrankung empfiehlt sich dringend die gründliche Untersuchung durch einen Urologen.
Massagetherapie wirklich sinnvoll? Das sagt der Urologe
Mediziner sehen Prostatamassagen zu gesundheitlichen Therapiezwecken eher kritisch. Es gebe dadurch keinerlei wissenschaftlich nachgewiesene Vorteile. Das erklärt auf FITBOOK-Nachfrage Dr. Pies, der ein Fachbuch zum Thema „Prostata“ („Fokus Prostata“, Herbig Verlag) veröffentlicht hat.
Pies verweist auf Analysen durch die renommierte Cochrane-Organisation. Diese haben die Wirksamkeit von Prostatamassagen bei u. a. chronischer Prostatitis untersucht – und seien zu keinem eindeutigen Ergebnis gekommen.
Um es in den Worten der Studienautoren zu sagen: Es lasse sich abschließend nicht sicher beurteilen, ob Prostatamassagen etwa die Symptome einer Prostatitis verringert oder im Vergleich zur Kontrollgruppe womöglich sogar verstärkt haben.
Für Pies ist jedenfalls klar: „Auf dieser Basis können wir Urologen Prostatamassagen nicht als Standard für eine Therapie empfehlen.“
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Studienlage zur Wirkung einer therapeutischen Prostatamassage
Wir haben uns die Studienlage rund um Prostatamassagen als therapeutische Behandlung angesehen – und kommen zu dem Ergebnis, dass sie widersprüchliche Aussagen liefert und damit keine klare Empfehlung dafür oder dagegen geben kann.
Geringe, unsichere Effekte der Prostatamassage
Eine Analyse untersuchte 38 Studien mit 3290 Männern bezüglich der Auswirkungen von nicht pharmakologischen Therapien bei chronischer Prostatitis. Die Behandlungsmethoden umfassten Lebensstiländerungen, Akupunktur, körperliche Aktivität, Prostatamassage, extrakorporale Stoßwellentherapie und transrektale Thermotherapie. Während Akupunktur und extrakorporale Stoßwellentherapie eine Verbesserung der Symptome andeuteten, war dies bei der Prostatamassage und körperlichen Aktivität nicht der Fall: Sie zeigten geringe und unsichere Effekte.3
Verbesserung der Symptome einer therapieresistenten Prostatitis
Allerdings gibt es auch Studienergebnisse, die von einer Besserung der Symptome sprechen. Jedoch müssen auch hier noch weitere Untersuchungen vorgenommen werden, um zu einem eindeutigen Ergebnis zu kommen.
Die Studie untersuchte 26 Patienten, die sich einer dreiwöchentlichen Prostatamassage in Kombination mit einer spezifischen antimikrobiellen Therapie unterzogen, die über sechs bis zwölf Wochen anhielt. Insgesamt nahmen 22 Patienten an Nachuntersuchungen teil, zwölf davon über einen Zeitraum von zwei Jahren. Die Studie lieferte erste Hinweise darauf, dass eine signifikante Verbesserung der Symptomschwere bei 46 Prozent der Patienten zu beobachten war – die bis zu zwei Jahre bestand. Eine Verbesserung anderer Symptome wie Lebensqualität oder Miktionsprobleme (Störungen beim Wasserlassen) konnte nur gering beobachtet werden.4
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Warnung vor Verletzungen – und Schlimmerem
Grundsätzlich sollte man eine therapeutische Prostatamassage eher kritisch betrachten, denn ohne medizinisches Grundwissen besteht die Gefahr, etwaige Symptome zu verschlimmern sowie sich zu verletzen. Folglich ist Vorsicht auch bei der Verwendung von Prostatamassagegeräten aus dem Sexspielzeughandel geboten.
Selbst Urologen nehmen unter bestimmten Umständen Abstand von der Untersuchungsmethode. Falls etwa eine akute Prostataentzündung vorliegen könnte, berge eine Manipulation das Risiko, Bakterien ins umliegende Gewebe zu drücken.
Alternative zur Prostatamassage: eine Dammmassage
Eine weniger verletzungsanfällige Stimulationsmethode ist die Massage des Damms (Fachbegriff: Perineum), die Region zwischen After und Hodensack.