8. September 2020, 21:00 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Es klingt paradox: Wer tagsüber viel isst, hat abends wieder großen Hunger. Das haben Forscher aus Nordirland herausgefunden, die sich die Gesundheitsdaten von rund 1.200 Menschen genauer angeschaut haben.
Das Thema „gesunde Ernährung“ ist und bleibt ein Schlachtfeld. Zum einen zwischen Glaubenskriegern, die ihre Ernährungsform, Diät oder ihren Lifestyle für das Nonplusultra halten. Aber auch aufgrund der sich ständig ändernden wissenschaftlichen Grundlage. Was in Sachen Essen heute noch als gesund und gesichert gilt, kann sich morgen schon als folgenreicher Fehler herausstellen. Neue Munition im Grabenkampf der Ernährungstheorien liefert eine aktuelle Studie, die ein nordirisches Forscher-Team vorgestellt hat. Und zwar auf der Europäischen und internationalen Konferenz über Fettleibigkeit, der ECO ICO 2020 , die in diesem Jahr aufgrund der Coronakrise zum ersten Mal online über die Bühne ging. Die Wissenschaftler von der Universität Ulster (Nord-Irland) sagen: Wer am Abend hungrig ist, könnte tagsüber zu viel gegessen haben. Und umgekehrt: Wer am Abend viel isst, nimmt auch tagsüber mehr Kalorien zu sich.
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Hungrig am Abend – ein eingeübter Rhythmus
Mit welcher Energie unser Stoffwechsel anspringt, wenn wir zu einem gewissen Zeitpunkt etwas essen, beschäftigt die Ernährungswissenschaft schon seit einigen Jahren verstärkt. Interessant: Hungergefühle richten sich nach einem speziellen Tag-Nacht-Rhythmus. Nach Ansicht einiger Experten sei der Appetit gegen Abend besonders stark ausgeprägt.
Aber warum entwickeln viele Menschen abends einen gesteigerten Appetit? Judith Bairs und ihr Team meinen, das liege neben der Art auch an der Menge an Essen, die über den Tag hinweg aufgenommen wurde. Kurz: Je mehr tagsüber gefuttert wurde, desto größer war der Hunger am Abend.
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Wie genau sind die Forscher vorgegangen?
Bairs und ihre Kollegen haben die Daten von rund 1.200 Menschen genauer unter die Lupe genommen, die das britische Gesundheitssystem zwischen 2012 und 2017 erhoben hat. Hauptaspekt der Untersuchung: Lebensmittelverbrauch, Aufnahme von Nährstoffen und der allgemeine Ernährungszustand der britischen Bevölkerung.
Konkret fragten die Wissenschaftler ab, wie die tägliche Energiezufuhr nach 18 Uhr aussah. Es stellte sich heraus, dass die Probanden, die abends den größten Teil ihrer Kalorien konsumierten, einen deutlich schlechteren Wert für den Index an Nährstoffen und Lebensmitteln aufwiesen als diejenigen, die abends nicht mehr viel zu sich nahmen. Das heißt, die Spätesser haben sich ungesünder ernährt als die, die abends weniger gegessen haben. Zudem haben die abendlichen Vielesser mehr Kalorien über den Tag hinweg aufgenommen.
Nun wollen die irischen Forscher noch einen Schritt weiter gehen. In Folgestudien wollen sie untersuchen, ob Menschen, die abends viel essen, verstärkt unter Herzkreislauf-Erkrankungen, Diabetes und anderen gesundheitlichen Einschränkungen leiden.