18. Juli 2018, 16:40 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Das unstillbare Verlangen nach bestimmten Lebensmitteln kennt wahrscheinlich jeder von uns. Ob Schokolade, Burger, oder Obst – man möchte am liebsten ganze Berge davon vertilgen. Immer wieder ist in diesem Zusammenhang von einem Nährstoffmangel zu lesen. Aber kann das wirklich sein? FITBOOK hat bei einem Ernährungsexperten nachgefragt.
Könnte es sein, dass uns unser Körper zeigt, was ihm fehlt, indem er uns Appetit auf bestimmte Speisen macht? Diese durchaus einleuchtende These ist immer wieder in Internetforen zu lesen und wird beispielsweise von einer US-Studie gestützt, in deren Rahmen Menschen mit einem Sodium-Defizit angaben, ein starkes Verlangen nach Salzigem zu verspüren. Da dieser Mangel relativ selten auftritt, lässt sich keine allgemeine Aussage im Bezug auf spezielle Lebensmittel treffen. Aber: Könnte nicht grundsätzlich doch etwas dran sein?
„Appetit kein Indiz für Mangel an Nährstoffen“
Nein, sagt Ernährungsexperte Dr. Michael Despeghel: „Der Appetit auf bestimmte Lebensmittel ist kein verlässliches Indiz für den Mangel an wichtigen Nährstoffen.“ Ein konkretes Verlangen habe in den seltensten Fällen etwas mit einem wirklichen Mangel zu tun. „Oftmals handelt es sich um erlerntes Verhalten, das mit bestimmten sozialen Situation assoziiert wird. Wenn man es als Kind beispielsweise genossen habe, mit der Familie vor dem Fernseher zu sitzen und zu naschen, könne sich Essen zum Trostspender für die angeschlagene Psyche entwickeln.“
Auch interessant: Das ist der perfekte Snack für Fitness-Junkies
Hormonelle Schwankungen, Geschlecht, Schlafmangel
Ebenso wie solche emotionalen Vorgänge sind hormonelle Schwankungen verlässliche Kandidaten dafür, unsere Gier nach Schokolade und Co. zu entfesseln. Beispielsweise verstärken die bei Stress freigesetzten Hormone den Appetit. Auch Schlafmangel bewirkt den Ausstoß von appetitanregenden Hormonen: Mit dem Botenstoff Ghrelin versucht der Körper, das Energiedefizit auszugleichen. Und: Gelüste sind sogar geschlechtsspezifisch! So fanden US-Wissenschaftler vor längerer Zeit heraus, dass Frauen eher Süßes naschen, während Männer herzhafte Speisen bevorzugen.
Was somatische Intelligenz damit zu tun hat
Despeghel sieht in dem beschriebenen Verlangen aber auch noch eine kulturelle Dimension: „Viele Menschen sind in ihrem Alltag ständig von Essen umgeben. Überall locken Fastfood-Ketten mit ihren Angeboten und in den sozialen Netzwerken werden uns nicht nur Bilder von zahlreichen Köstlichkeiten, sondern auch perfektionistischen Schönheitsidealen präsentiert.“
Auch interessant: „Deshalb trainiere ich lieber im Frauen-Fitnessstudio!“
Das Essverhalten wird also immer repräsentativer – dabei handelt es sich um einen überlebenswichtigen Vorgang. Und hier kommt die sogenannte somatische Intelligenz ins Spiel: Diese ermöglicht es einem Lebewesen, seine Bedürfnisse wahrzunehmen und sich dementsprechend zu verhalten. Über körperliche Signale wie Appetit oder Ekel wird eingeschätzt, was für den Organismus förderlich ist. „Diese Fähigkeit haben die meisten von uns durch die erwähnte ständige Überreizung verlernt“, sagt der Experte.
Zyklusbedingter Heißhunger Nimmt man beim Naschen vor der Menstruation weniger schnell zu als sonst?
Mangel gesünder ausgleichen Heißhunger auf Schoko, Chips…? Greifen Sie lieber zu diesen Alternativen
3 einfache Tipps „Heißester Mathelehrer“ Pietro Boselli (34) verrät sein Ernährungsgeheimnis
Was kann ich dagegen unternehmen?
Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, rät Despeghel zu unterschiedlichen Methoden: Über 14 Tage hinweg sollen Betroffene nur zwei bis drei Hauptmahlzeiten in zeitlichen Abständen von fünf bis acht Stunden zu sich nehmen. Alternativ könne auch Intervallfasten nach der 16/8-Variante hilfreich sein: „Die Methoden können helfen, das natürliche Sättigungsgefühl wiederzuerlangen.“
Auch interessant: Wie uns Stress genau dick macht
Beide Experten verweisen außerdem auf eine gesunde und nährstoffreiche Ernährung: Vollkornprodukte, Gemüse, Fisch oder Fleisch und Sojaprodukte liefern wichtige Nährstoffe und Protein. Diese sorgen für ein länger anhaltendes Sättigungsgefühl und liefern nachhaltig Energie.
Übrigens: In die andere Richtung (also Appetit mindernd) wirken Hormone wie Serotonin und Noradrenalin, die wir in Glücks- und Erregungszuständen ausschütten. Also einfach mal wieder Spaß haben, wenn die nächste übermächtige Lust auf Schokolade im Anflug ist!