27. April 2023, 12:55 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Über TikTok machte die Geschichte einer jungen Frau die Runde, die erzählte, dass ihr mit 17 Jahren der Uterus „herausgefallen“ sei. Doch kann dies wirklich passieren? FITBOOK hat bei einer Gynäkologin nachgefragt.
„Ich wachte auf, weil ich laut gepupst hatte – und dann hing mein Uterus heraus“, beschreibt die TikTokerin mit Usernamen „fresnonightcrawler“ ihre Erfahrung in einem Clip. Was erst einmal verrückt klingt, kann aber tatsächlich passieren – wenn auch im Normalfall unter eher anderen Umständen. FITBOOK erfuhr von einer Expertin, dass die junge Frau das Phänomen einer Gebärmuttersenkung, auch als Uterusprolaps bezeichnet, beschreibt. Was dies genau ist, wie es dazu kommen kann und was Betroffene im akuten Fall tun sollten.
Übersicht
- „Mein Uterus war herausgefallen“
- Nachgefragt bei der Gynäkologin
- FITBOOK: Wie schätzen Sie den Fall der jungen Frau ein?
- FITBOOK: Was wäre ein Beispiel für solch eine Erkrankung?
- FITBOOK: Kann es eher zur Gebärmuttersenkung kommen, wenn die Frau älter ist?
- FITBOOK: In welchen Situationen kann es zu einem Uterusprolaps kommen?
- FITBOOK: Wie gefährlich ist das?
- FITBOOK: Was sollte eine betroffene Frau tun?
„Mein Uterus war herausgefallen“
Die erwähnte TikTokerin beschreibt das Gefühl der Gebärmuttersenkung in ihrem Video so: „Als hätte ich ein Ei gelegt. Ich habe es beim Laufen die ganze Zeit gespürt. Am Ende war es mein Uterus, der herausgefallen war.“ Dies hatte ihr ein Blick in ihren Slip offenbart. „Wenn man stark drückt beim Pupsen, schwächt das den Beckenboden, sodass der Uterus oder das Rektum herausfallen kann“, lautet ihre Erklärung.
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Nachgefragt bei der Gynäkologin
Wir sprachen mit Prof. Dr. med. Ursula Peschers, Fachärztin für Gynäkologie und Direktorin des Beckenbodenzentrums am Isarklinikum, zum Thema Gebärmuttersenkung bzw. Uterusprolaps. Konkret wollten wir wissen, wie wahrscheinlich es ist, dass sich bei einer jungen Frau die Gebärmutter absenkt – und was Betroffene dann tun sollten.
FITBOOK: Wie schätzen Sie den Fall der jungen Frau ein?
Prof. Dr. med. Ursula Peschers: „Ich halte es für ausgeschlossen, dass so etwas bei einer jungen Frau, die keine Kinder hat, passiert. Der Beckenboden und die Bänder halten die Gebärmutter in ihrer Position. Die einzige mögliche Ursache wäre, dass die Patientin eine Grunderkrankung hat, die dazu führt, dass der Tonus der Beckenbodenmuskulatur nicht vorhanden ist.“
FITBOOK: Was wäre ein Beispiel für solch eine Erkrankung?
Prof. Ursula Peschers: „Zum Beispiel eine sogenannte Spina bifida – auch „offener Rücken“ genannt. Das ist eine angeborene Fehlbildung an der unteren Wirbelsäule, wo die Nerven, die das Becken versorgen, nicht mit Knochen und Haut bedeckt sind. Diese Patientinnen haben aber auch eine Inkontinenz und können häufig nur schlecht oder gar nicht laufen, weil auch die Nerven am Bein betroffen sind.“
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FITBOOK: Kann es eher zur Gebärmuttersenkung kommen, wenn die Frau älter ist?
Prof. Ursula Peschers: „Bei älteren Frauen kann es hingegen durchaus sein, dass sich die Gebärmutter soweit senkt, dass sie außerhalb des Scheideneingangs sichtbar ist. Das ist aber ein schleichender Prozess, der sich in der Regel über Monate oder sogar Jahre hinzieht und nicht bei einem Pups passiert. Das Risiko für einen Vorfall der Gebärmutter ist erhöht, wenn Frauen Kinder geboren haben.“
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FITBOOK: In welchen Situationen kann es zu einem Uterusprolaps kommen?
Prof. Ursula Peschers: „Ein Vorfall zeigt sich in der Regel in aufrechter Position und kann durch eine Erhöhung des Druckes im Bauch, etwa durch starkes Pressen oder schweres Heben, provoziert werden. Aber nicht durch Blähungen!“
FITBOOK: Wie gefährlich ist das?
Prof. Ursula Peschers: „Das ist nicht gefährlich. Die Gebärmutter wird ja weiterhin von den Bändern im Körper gehalten. In sehr seltenen Fällen ist der Vorfall so ausgeprägt, dass die Patientin ihn nicht selber zurückschieben kann, dann hat sie Probleme beim Wasserlassen.“
FITBOOK: Was sollte eine betroffene Frau tun?
Prof. Ursula Peschers: „Sich hinlegen und die Gebärmutter zurückschieben. Das Becken dabei hochlagern. Oder in Vierfüßlerstand gehen, dann kann die Gebärmutter selber zurückschlüpfen. Und dann natürlich einen Termin bei der Frauenärztin oder dem Frauenarzt ausmachen. Es gibt sogenannte Pessare (medizinisches Hilfsmittel, Anm. d. Red.) mit denen die Gebärmutter in der Scheide zurückgehalten wird. Alternativ ist eine Operation möglich. Bei dem extrem seltenen Fall, dass die betroffene Frau den Vorfall nicht selber zurückschieben kann, muss sie sich in einer gynäkologischen Notaufnahme vorstellen.“