1. Oktober 2020, 14:53 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
„Hand vor dem Mund“ – müde oder gelangweilt? Die genaue Ursache, warum wir Menschen gähnen, ist nicht erforscht. Warum es so ansteckend ist und ob das Unterdrücken eventuell ungesund ist.
Es gibt Tage, an denen man ständig den Mund aufreißt – und zwar nicht, um kluge Dinge von sich zu geben, sondern um zu gähnen. In vielen Situationen kann das allerdings auch schnell unangenehm werden. Denn Gähnen erweckt meistens den Eindruck, man sei von etwas gelangweilt. Da hilft also nur die Hand vor den Mund und der Versuch, das Gähnen zu unterdrücken. Aber ist das überhaupt gesund? Oder vielleicht sogar schädlich?
Warum wir Menschen gähnen, ist unklar
Hier stellt sich zunächst einmal die Frage, warum wir Menschen überhaupt gähnen und welchen Sinn das für unseren Körper hat. Das ist allerdings aus wissenschaftlicher Sicht nicht ganz klar. Vermutet wird, dass Gähnen eine Art Weckruf des Körpers sein soll. „Es gibt nicht so furchtbar viel Forschung dazu“, sagt Prof. Ingo Fietze, Leiter des interdisziplinären Schlafmedizinischen Zentrums an der Berliner Charité. „Aber was wir wissen, ist, dass da im Körper etwas passiert.“ Gähnen aktiviert das vegetative Nervensystem, wodurch der Puls steigt. „Man kann schon davon ausgehen, dass der Körper damit Müdigkeit bekämpfen will“ – auch wenn das Ganze nur einen Moment lang funktioniert.
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Nicht nur Müdigkeit ist ein Auslöser
Dass Gähnen nur ein Ausdruck von Müdigkeit und Langweile ist, stimmt so übrigens nicht. Auch Stress oder Hunger können scheinbar Auslöser für diese Reaktion des Körpers sein. Das jedenfalls legen wissenschaftliche Untersuchungen nahe. Bei Fallschirmspringern etwa stellte man fest, dass diese oft direkt vor dem Absprung gähnen müssen und auch in anderen Stresssituationen, beispielsweise vor Prüfungen, wurde ein häufigeres Gähnen beobachtet.
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Warum Gähnen so ansteckend ist
Wenn jemand im unmittelbaren Umfeld gähnt, muss man meistens auch gähnen – dieses Phänomen kennt wohl fast jeder. Aber warum ist das so? Die ansteckende Wirkung des Gähnens hat vermutlich etwas mit unserer menschlichen Empathie zu tun. So haben Forschungsergebnisse bestätigt, dass vor allem sehr mitfühlende Menschen schneller mit anderen „mitgähnen“ als jene, die sich nur schlecht in andere hineinversetzen können.
Eine Studie der Universität Pisa zeigte außerdem, dass hierbei auch die emotionale Verbundenheit zum Gähnenden eine große Rolle spielt. Demnach lässt man sich von Familienmitgliedern, Freunden und Bekannten viel leichter anstecken als etwa von fremden Personen. Gähnen ist also in gewisser Weise ein Teil unseres menschlichen Sozialverhaltens.
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Gähnen zu unterdrücken, hat keine negativen Auswirkungen
Dennoch gibt es natürlich Situationen, in denen ein herzhafter Gähner eher unangemessen ist. Und damit kommen wir auch zur Beantwortung unserer eigentlichen Frage: In solchen Momenten darf man das Gähnen unterdrücken. Denn negative Konsequenzen für den Körper muss man deshalb nicht erwarten. Jedenfalls ist hierzu bislang aus medizinischer Sicht nichts bekannt.
Aber: Wer müde am Schreibtisch hängt, kann das Gähnen durchaus für einen kleinen Frischekick nutzen. Was ebenfalls hilft: regelmäßiges Aufstehen, um dadurch den Kreislauf immer wieder in Schwung zu bringen.