10. August 2021, 14:45 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Die meisten Menschen werden im Alter kleiner. Ein Prozess, der schon mit 40 bis 50 Jahren beginnen kann und sich jenseits der 70 beschleunigt. Frauen sind übrigens stärker betroffen als Männer. Jetzt fand eine Studie heraus, dass das Schrumpfen bei ihnen ein Anzeichen für ein erhöhtes Sterberisiko sein kann.
Schrumpfung der Bandscheiben, Kompressionsfrakturen der Wirbelsäule oder Haltungsveränderungen – dass Menschen im Alter kleiner werden, kann verschiedene Ursachen haben. Bis zu einem gewissen Punkt ist dies ein ganz normaler Teil des Alterungsprozesses. Schwedische und dänische Forscherinnen wollten wissen, ob Frauen, die besonders viele Zentimeter einbüßen, früher sterben.
Übersicht
- Langzeitstudie mit 2406 Frauen
- Frauen waren nach 10 Jahren im Schnitt 0,8 Zentimeter kleiner
- Forscherinnen: Jeder verlorene Zentimeter erhöht Risiko für vorzeitigen Tod
- Frauen, die mehr als 2 Zentimeter schrumpfen doppelt so stark Schlaganfall-gefährdet
- Kleine und fitte Frauen schrumpfen angeblich weniger
- Kritik an der Studie
- Quellen
Langzeitstudie mit 2406 Frauen
Für ihre Studie analysierten die Forschenden der University of Gothenburg und der University of Copenhagen Daten von 1147 Schwedinnen aus der Prospective Population Study of Women in Göteborg sowie von 1259 Däninnen aus der Monica-Studie der Weltgesundheitsorganisation.1,2 Alle Probandinnen waren zwischen 1908 und 1952 geboren worden und zu Beginn der Untersuchungen zwischen 30 und 60 Jahre alt.
Bei beiden Studien war zu Beginn (1,63 Meter im Schnitt) sowie nach 10 bis 13 Jahren die Körpergröße gemessen worden. Erfasst worden waren außerdem Faktoren wie Körpergewicht, Rauchen, körperliche Aktivität in der Freizeit, Alkoholkonsum sowie Bildungsstand. Weitere 17 bis 19 Jahre nach der zweiten Größenmessung hatte man Todesfälle und Todesursachen registriert.
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Frauen waren nach 10 Jahren im Schnitt 0,8 Zentimeter kleiner
Bei der Analyse der zahlreichen Daten fanden die Wissenschaftlerinnen heraus, dass die Probandinnen zwischen der ersten und zweiten Messung im Durchschnitt 0,8 Zentimeter kleiner geworden waren. In der Detailbetrachtung zeigte sich, dass manche Frauen gar nicht geschrumpft waren, während andere bis zu 14 Zentimetern Körpergröße eingebüßt hatten.
Forscherinnen: Jeder verlorene Zentimeter erhöht Risiko für vorzeitigen Tod
Neben der Körpergröße interessierten sich die Forscherinnen natürlich auch für die Todesursachen der Verstorbenen (625 Frauen innerhalb von 17 Jahren nach Studienbeginn). Die häufigsten Gründe waren Herzkrankheiten (157 Todesfälle) und Schlaganfall (37). 362 Frauen verstarben aus anderen Gründen.
Nach Abzug anderer Faktoren, die einen Einfluss auf das Sterberisiko haben könnten, kamen die Wissenschaftlerinnen zu dem Schluss, dass eine Korrelation zwischen dem Schrumpfen der Frauen und ihrem Sterberisiko bestehe: Jeder verlorene Zentimeter sei demzufolge gleichzusetzen mit einem um 14 bis 21 Prozent erhöhtem Risiko, verfrüht an Krankheiten zu sterben.
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Frauen, die mehr als 2 Zentimeter schrumpfen doppelt so stark Schlaganfall-gefährdet
Probandinnen ab 50 Jahren, die mehr als 2 Zentimeter schrumpften, hatten angeblich ein um 74 bis 80 Prozent höheres Sterberisiko. Ihr Risiko, an einem Schlaganfall oder einer Herzkrankheit zu sterben, soll der Studie zufolge doppelt so hoch sein. Die Ergebnisse wurden im British Medical Journal veröffentlicht.3
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Kleine und fitte Frauen schrumpfen angeblich weniger
Allerdings gibt es auch gute Nachrichten. Die Forscherinnen entdeckten angeblich auch Hinweise auf Faktoren, die das Schrumpfen offenbar verhindern oder bremsen können. Zum einen scheint die Ausgangsgröße eine Rolle zu spielen. Schwedinnen und Däninnen, die zu Studienbeginn eher klein waren, schrumpften auch weniger, heißt es.
Als weitere Faktor wurde Bewegung ausgemacht: Probandinnen, die bereits vor der Studie sehr sportlich waren, zum Teil sogar Leistungssport betrieben, hätten ebenfalls weniger Körpergröße eingebüßt als inaktive Frauen.
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Kritik an der Studie
Da es sich bei der Studie um eine reine Beobachtungsstudie handelte, ist sie nicht in der Lage, genaue Ursachen für das beobachtete, erhöhte Sterberisiko zu benennen. Auch mögliche Gründe werden nicht genannt. Die Ergebnisse zeigen lediglich auf, dass der Verlust an Körpergröße in Bezug auf das Sterberisiko weiter erforscht werden sollte – insbesondere mit Blick auf Herzerkrankungen. Möglicherweise könnte so ein überdurchschnittlich starker Größenverlust bei Frauen in ihrer zweiten Lebenshälfte als Indiz dienen für möglicherweise bevorstehende, schwerwiegende Erkrankungen.
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Quellen
- 1. Brjörkelund C., Lissner L., Bengtsson C. et al. Prospective Population Study of Women in Göteborg (PPSW). Swedish National Data Service. (2012, aufgerufen am 10.08.2021)
- 2. The World Health Organization MONICA Project (monitoring trends and determinants in cardiovascular disease): a major international collaboration. WHO MONICA Project Principal Investigators. (augerufen am 10.08.2021)
- 3. Klingberg S., Mehlig K. Dangol R. et al. Loss of height predicts total and cardiovascular mortality: a cohort study of northern European women. British Medical Journal (2021)