15. Juli 2021, 11:35 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Eine gründliche Zahnpflege ist zur Verhinderung von Zahn-, Mund- und Kiefererkrankungen unerlässlich. Was sie genau beinhalten sollte, weiß FITBOOK von einem Experten.
Selbst wer eigentlich „gute Zähne“ hat, könnte ab dem 40. Lebensjahr verstärkt mit Problemen im Mund- und Kieferraum zu tun haben. So treten einige Erkrankungen, tendenziell ab ungefähr diesem Alter gehäuft auf, die mit unangenehmen Geruch einhergehen, das ästhetische Gesamtbild stören und darüber hinaus ziemlich schmerzhaft werden können. Um dieser Entwicklung vorzubeugen oder das Risiko dafür zumindest so weit wie möglich zu reduzieren, hat FITBOOK zusammen mit dem Berliner Oralchirurgen Dr. med. dent. Andreas Schwitalla die wichtigsten Tipps zur Zahnprophylaxe zusammengetragen und auch die Frage beantwortet, wie oft man sich eigentlich die Zähne putzen sollte.
Übersicht
Wie oft sollte man sich die Zähne putzen?
Noch immer putzen sich viele nur einmal am Tag die Zähne. Zwar rächt sich dieses Hygiene-Sparprogramm bei Erwachsenen nicht unbedingt mit Karies. Auf Dauer kann dies aber das Risiko für Parodontitis steigern, einer Entzündung des Zahnbetts, die ursächlich durch Bakterien im Mundraum entsteht. Diese siedeln sich als Belag auf den Zähnen an – zu erkennen an einer vergilbten Optik – und können an der Zahnwurzel entlang bis in die Tiefe wandern. Das Ergebnis: freiliegende Zahnhälse und rot bis bläulich angelaufenes Zahnfleisch. Mit der Zeit kann das richtig schmerzhaft werden.
Wie oft sollte man sich also die Zähne putzen? Zweimal täglich gründlich – morgens und erst recht abends vor dem Schlafengehen. In der Nacht sind der Speichelfluss und entsprechende Schutzfunktionen im Mundraum vermindert. Das macht die Mundhöhle empfänglicher für den Einzug von Bakterien.
Was auch gerne vernachlässigt wird: die Zahnzwischenräume, die es täglich von Belägen zu befreien gilt. Viele Menschen verwenden hierzu eine Munddusche oder antibakterielle Spülung. Das reicht aber leider nicht aus. Die Zahnzwischenräume lassen sich nur mechanisch reinigen. Greifen Sie daher täglich zur Zahnseide oder alternativ zu Interdentalbürstchen, die es in verschiedenen Größen gibt.
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Sollte ich nach jeder Mahlzeit die Zähne putzen?
Viele Menschen glauben, sie erweisen ihren Zähnen einen besonderen Dienst, wenn sie fix nach jeder Mahlzeit die Zähne putzen. Gut gemeint, ist in diesem Fall aber falsch gemacht. Im schlimmsten Fall kann es den Zähnen sogar schaden. Insbesondere nach dem Verzehr säurehaltiger Lebensmittel entstehen im Mund Säuren, die die Schutzschicht des Zahnschmelzes angreifen könnten. Mit der Zahnbürste würde man die Säuren nun quasi „einmassieren“. Vor allem, wer unter Zahnfleischrückgang leidet, riskiert so Schädigungen bis hoch zum Zahnbein. Auch generell kann sich zu häufiges Putzen durch die ständige Manipulation mit Putzdefekten rächen. Dies wären beispielsweise freiliegende Zahnhälse, die empfindlich auf Kälte oder Wärme oder Süßes reagieren.
Pflegetipp: Bevor Sie zur Zahnbürste greifen, sollte eine halbe Stunde nach der letzten Mahlzeit vergangen sein. In dieser Zeit wurde im Mund genügend Speichel gebildet, um die Säure zu neutralisieren. Wie bereits oben erwähnt: Wenn man sich die Zähne gründlich für jeweils drei Minuten putzt, genügt zweimal täglich. Übrigens: Pasten mit „Whitening“-Effekt, die Abrasivsstoffe enthalten – also peelende Putzkörper, die Verfärbungen abreiben – bitte keinesfalls häufiger als einmal pro Woche anwenden. Ansonsten sind sie zu aggressiv für den Zahnschmelz.
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Welche Zahntechnik sollte man anwenden?
In grauer Vorzeit wurde uns die sogenannte Rotationstechnik beigebracht, die man im Laufe seines Lebens natürlich verinnerlicht hat. Im Erwachsenenalter jedoch macht sie paradontitische Entzündungen umso wahrscheinlicher. Der Grund: Mit den Jahren zieht sich das Weichgewebe im Mundraum zurück, wodurch die empfindlichen Zahnhälse mehr und mehr freigelegt werden. Die einst bewährten kreisenden Zahnputzbewegungen würden Bakterien und Zahnbeläge – anstatt sie zu entfernen – in Richtung Zahnfleischrand schieben.
Am besten setzen Sie auf die Fegetechnik. Dazu die Zahnbürste leicht schräg ansetzen, am Übergang vom Zahnfleisch zum Zahn, und die Beläge quasi wegwischen. Ratsam ist auch, eine weiche Zahnbürste zu benutzen und unbedingt ohne Druck zu putzen.
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Was kann man gegen Mundtrockenheit tun?
Mundtrockenheit ist ein Problem, das man in jüngeren Jahren nur vom Hörensagen kennt. Mit dem Älterwerden hingegen, und übrigens auch oft in Stresssituationen, wird weniger Speichel produziert. Das kann Sprechbeschwerden verursachen und langfristig die gesamte Mundflora aus der Balance werfen. Krankheitserreger hätten leichtes Spiel, Zahnfleisch und -schmelz anzugreifen.
Pflegetipp: Viel trinken, um den Mund zu befeuchten, und häufig Kaugummi kauen. Das regt den Speichelfluss an, wodurch Bakterien und Säure aus dem Mund gespült werden, und bewahrt so Zahnweiß und -gesundheit.
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Welchen Einfluss hat die Ernährung auf die Zahngesundheit?
Eine bewusste Ernährung ist wichtig, um den Körper mit wertvollen Mineralstoffen zu versorgen, damit die Zähne auf Dauer nicht spröde und brüchig werden. Süßigkeiten sind bekanntermaßen nicht allzu gesund. Zudem werden sie im Mund nach dem Verzehr in Säure umgewandelt, die die Mineralien aus dem Zahnschmelz angreifen und nachhaltig schädigen können. Genauso verhält es sich mit Fruchtsäften, Kaffee und Wein sowie einigen Obstsorten (bspw. Kiwis oder Äpfeln).
Achten Sie daher unbedingt auf eine kalziumreiche Ernährung, um die Zähne (und natürlich auch die Knochen) zu stärken. Kalzium ist vor allem in Käse, aber auch in Sesam, Nüssen und Hefe enthalten. Setzen Sie grundsätzlich auf möglichst naturbelassene Lebensmittel wie Rohkost, Obst und Vollkornbrot. Positiver Nebeneffekt: Sie müssen kräftig zerkaut werden, was das Gebiss trainiert, den Speichelfluss anregt und so Säuren und Bakterien im Mundraum neutralisiert. Im Sinne der Zahngesundheit ist es außerdem sinnvoll, mit Süßem und säurehaltigen Lebensmitteln sparsam umzugehen. Sogenannte „Tooth-Conditioner“ aus der Apotheke enthalten zahnschmelzähnliche, remineralisierende Stoffe. Sie werden mit einem Wattestäbchen auf die Zahnoberfläche gestrichen und lassen die Säure einfach abgleiten.
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Wie wichtig ist Fluorid für die Zähne?
Ohne intakte Schutzschicht würde sich der Zahnschmelz verfärben und, schlimmer noch, langfristig abbauen. Ist er erst einmal weg, bleibt das schmerzempfindliche Zahnbein – also die Grundsubstanz des Zahns unterhalb des Zahnschmelzes – schutzlos zurück und schimmert gräulich durch. Um widerstandsfähig gegenüber Säuren zu sein, braucht der Zahnschmelz Fluorid.
Tipp: Dr. med. dent. Schwitalla rät zur Verwendung von fluoridhaltigen Zahnpasten und dazu, die Zahncreme-Reste nach dem Putzen ohne Spülen auszuspucken. So können sich die Wirkstoffe besser am Zahn anlagern und dort ihre Schutzwirkung entfalten. Zusätzlich dazu sollten Sie einmal pro Woche ein Fluoridgel auf die Zähne geben und ohne ausspülen einwirken lassen. Das unterstützt die Substanz des Zahnschmelz nachhaltig.