16. März 2021, 5:33 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Wer sich andauernd schlapp fühlt, sollte das nicht auf die leichte Schulter nehmen. Denn eine anhaltende vitale Erschöpfung, auch als Burn-out bekannt, kann vor allem für Männer gefährlich werden: Laut einer neuen Studie steht sie im Zusammenhang mit einem erhöhten Herzinfarktrisiko.
Sich hin und wieder mal müde und erschöpft zu fühlen, kennt jeder. Bedenklich wird es, wenn dieser Zustand nicht mehr aufhört. Dann spricht man von vitaler Erschöpfung, die allgemein auch als Burn-out-Syndrom bekannt ist und durch drei Charakteristika definiert wird: Exzessive Müdigkeit und ein ausgeprägter Energiemangel, vermehrte Reizbarkeit sowie ein Gefühl der Demoralisierung. Wie gefährlich das nicht nur psychisch, sondern auch körperlich werden kann, zeigt jetzt eine neue Studie aus Russland. Diese wurde kürzlich auf einem wissenschaftlichen Online-Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) vorgestellt. Sie zeigt, dass für Männer, die unter vitaler Erschöpfung leiden, offenbar ein erhöhtes Risiko besteht, einen Herzinfarkt zu erleiden. Besonders ausgeprägt war Risiko bei unverheirateten, geschiedenen und verwitweten Männern.
Langzeitstudie: Zusammenhänge zwischen Erschöpfung und Herzinfarkt
Wie es zu vitaler Erschöpfung kommen kann, erklärt der Studienautor Dr. Dmitriy Panov vom Institut für Zytologie und Genetik aus dem russischen Nowosibirsk so: „Es wird angenommen, dass es eine Reaktion auf hartnäckige Probleme im Leben der Menschen ist, insbesondere wenn sie nicht in der Lage sind, sich an eine längere Exposition gegenüber psychologischen Stressoren anzupassen.“
In der Studie wurde der Zusammenhang zwischen vitaler Erschöpfung und dem Risiko eines Herzinfarkts bei Männern ohne Vorgeschichte von Herz-Kreislauf-Erkrankungen untersucht. Die Studie verwendete dafür Daten des MONICA-Projekts der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Die Studie bezieht sich auf eine repräsentative Stichprobe von 657 Männern im Alter von 25 bis 64 Jahren in Nowosibirsk. Ihre Symptome der vitalen Erschöpfung wurden 1994 erfasst. Die Teilnehmer wurden nach dem Grad ihrer vitalen Erschöpfung klassifiziert: keine, moderate oder hohe Erschöpfung. Dann beobachtete man sie 14 Jahre lang hinsichtlich des Auftretens von Herzinfarkten.
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2,7-fach höheres Herzinfarktrisiko bei vitaler Erschöpfung
Insgesamt litten zwei Drittel (67 Prozent) der Männer unter vitaler Erschöpfung, 15 Prozent unter einem hohen Grad und 52 Prozent nur moderat. 33 Prozent waren nicht betroffen. Fast drei Viertel (74 Prozent) der Männer mit Bluthochdruck litten an vitaler Erschöpfung, 58 Prozent sehr und 16 Prozent in moderater Ausprägung.
Später wurde dann in der Gesamtgruppe der Zusammenhang zwischen vitaler Erschöpfung zu Beginn der Studie und dem Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, analysiert. Im Vergleich zu denen, die sich nicht erschöpft fühlten, hatten Männer mit mäßiger oder hoher Erschöpfung ein 2,7-fach höheres Risiko für einen Herzinfarkt innerhalb von fünf Jahren. Außerdem ein 2,25-fach höheres Risiko innerhalb von 10 Jahren und ein 2,1-fach erhöhtes Risiko innerhalb von 14 Jahren.
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Fehlender sozialer Beistand als Risikofaktor für Herzinfarkt
Auch soziale Faktoren wie Bildung, Beruf und Familienstand werden für die Studie untersucht. Die Analyse ergab: Das Risiko für einen Herzinfarkt in Verbindung mit Erschöpfung bei unverheirateten, geschiedenen und verwitweten Männern ist höher als bei verheirateten Männern. Studienleiter Panov erklärt das damit, dass Männer, die alleine leben, weniger sozialen Beistand hätten als die in Beziehungen. Man wisse bereits aus früheren Studien, dass das ein unabhängiger Risikofaktor für Herzinfarkt und Schlaganfall sei.
Doch die Studie zeigt noch andere interessante Faktoren auf. So haben Männer mit Grundschulabschluss ein 2,2-fach höheres Risiko, einen Burn-out-bedingten Herzinfarkt zu erleiden als Männer mit einem Universitätsabschluss. Außerdem waren Männer mittleren Alters stärker betroffen als jüngere: Im Vergleich zu den 24- bis 34-Jährigen war das Risiko für einen Herzinfarkt im Zusammenhang mit Erschöpfung bei den 45- bis 54-Jährigen 3,8-fach und bei den 55- bis 64-Jährigen 5,9-fach erhöht.
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Laut Panov deuteten diese Ergebnisse auf ein Muster hin: So hinge soziale Benachteiligung mit vitaler Erschöpfung zusammen. Und die wiederum sei mit einem größeren Risiko für Herzkrankheiten verbunden. „Bemühungen, das Wohlbefinden zu verbessern und Stress zu Hause und am Arbeitsplatz zu reduzieren, können helfen, das Burn-out-Risiko zu senken. Wer in sein Sozialleben investiert, ist weniger anfällig für Stress“, rät Panov. Zusammen mit einem gesunden Lebensstil wäre das eine gute präventive Maßnahme für die Herzgesundheit von Männern.