31. August 2022, 13:25 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Aktuell ist Omikron die vorherrschende Coronavariante und verantwortlich für die Corona-Welle im Sommer. Besorgt blicken Experten aber schon wieder auf eine neue Variante, die in Indien aufgetaucht ist. Doch wie entwickeln sich Coronavarianten eigentlich? Eine neue Studie liefert spannende Hinweise.
Mit Alpha fing Ende 2019 alles an. Nach Beta, Gamma und Delta sind wir nun bei Omikron angekommen. Mit BA.2.75, auch „Centaurus“ genannt, scheint bereits eine neue Variante in den Startlöchern zu stehen. Die Weiterentwicklung und Veränderungen des Coronavirus sind auf Mutationen zurückzuführen. Jetzt fand eine neue Studie Hinweise darauf, dass Langzeitinfektionen maßgeblich für die Entstehung immer neuer Coronavarianten verantwortlich sind.
Übersicht
- Viele Fragen zur Entstehung neuer Coronavarianten noch offen
- Zufällige Mutationen
- Zwei unterschiedliche Theorien auf dem Prüfstand
- Langzeitinfektionen begünstigen Entstehung neuer besorgniserregender Varianten
- Das Ziel, neue Varianten zukünftig vorhersagen können
- Fazit: Die Genesung chronisch Covid-Kranker zu fördern, ist wichtig
- Quellen
Viele Fragen zur Entstehung neuer Coronavarianten noch offen
Nicht nur, dass mit jeder neuen Virusvariante neue Symptome hinzukommen bzw. sich die Hauptsymptome verändern, sie wurden auch von Mal zu Mal ansteckender. Hinzu kommen verkürzte Inkubationszeiten, veränderte Krankheitsdauer oder auch asymptomatische Verläufe, bei denen Personen ihre Infektion gar nicht bemerken. All dies stellt eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit dar. Zu verstehen, wie es zu immer neuen Coronavarianten kommt, sei daher enorm wichtig, um der Pandemie Herr zu werden – so die Verantwortlichen der als Preprint in der Fachzeitschrift „frontiers“ veröffentlichten Studie.1
Zufällige Mutationen
Ein Virus vermehrt sich, indem es sich repliziert. Dabei kommt nicht immer eine perfekte Kopie heraus und es entwickeln sich gelegentlich Mutationen im genetischen Code. Diese zufälligen Mutationen kommen dem Virus normalerweise nicht zugute und beunruhigen Virologen deshalb auch nicht weiter, heißt es in der Pressemitteilung der Emory University (USA) zur Studie.2 Grund zur Sorge besteht, wenn eine Mutation gelegentlich dann doch zu einer Variante des Virus führt, die es übertragbarer, schwieriger zu erkennen und zu behandeln und sogar tödlicher macht. Solche werden als besorgniserregende Coronavarianten eingestuft – und um ebendiese ging es in der Studie.
Zwei unterschiedliche Theorien auf dem Prüfstand
Ausgangspunkt der Untersuchung waren zwei vorherrschende Theorien zur Entstehung neuer Coronavarianten. Eine lautete, dass die anhaltende Übertragung akuter Infektionen Treiber neuer Varianten sei. Da jedoch zumindest einige Mutationen besorgniserregender Virusvariationen bei chronischen Covid-Fällen gefunden wurden, entwickelte sich noch eine zweite Hypothese: dass Langzeiterkrankungen Quelle neuer Coronavarianten sein könnten. Beide überprüften die Wissenschaftler der Emory University in ihrer Forschungsarbeit.
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Langzeitinfektionen begünstigen Entstehung neuer besorgniserregender Varianten
Um die Theorien zu prüfen, erstellten die Forscher ein theoretisches Modell, das die Entstehung neuer Coronavarianten erklärt. Dazu arbeiteten sie mit einer Software, mit der sie vorliegende Daten zu den Varianten Alpha, Beta und Gamma einpflegten.
Ihr Ergebnis schließt die Theorie aus, dass die besorgniserregenden Varianten aus der anhaltenden Übertragung akuter Infektionen entstanden sind. Dagegen unterstützt es die Theorie, dass sich jede neue Coronavariante innerhalb eines einzelnen Individuums mit einer chronischen Infektion entwickelt hat. Das Modell zeigt, dass mehrere Mutationen erforderlich waren, von denen jede entweder neutral oder leicht vorteilhaft für das Virus sein konnte. Auf diese Weise erwirbt eine Variante schließlich eine Konstellation von Mutationen, die es ihr ermöglicht, übertragbarer zu werden.
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Das Ziel, neue Varianten zukünftig vorhersagen können
Obwohl sich das Modell auf Informationen zu Alpha, Beta und Gamma stützt, kann das Modell laut den Studienverantwortlichen auch die Entstehung von Delta und Omikron erklären. Damit auch andere Experten die Evolution weiterer Coronavarianten genauer untersuchen können, haben die Wissenschaftler ihre Software und das Modell öffentlich für weitere Forschung zugänglich gemacht. Auf diese Weise, so die Hoffnung, werde das Verständnis für das Coronavirus immer weiter wachsen. So könne man ihm irgendwann einen Schritt voraus sein. „Im Idealfall möchten wir irgendwann in der Zukunft in der Lage sein, den Zeitpunkt des Auftretens neuer Varianten zu quantifizieren“, erklärt Daniel Weissman, ein an der Studie beteiligter Professor der Emory Universität.
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Fazit: Die Genesung chronisch Covid-Kranker zu fördern, ist wichtig
Menschen mit Immunschwäche haben nicht nur ein höheres Risiko, sich mit Corona zu infizieren und einen ernsteren Krankheitsverlauf zu haben. Ihre Covid-Erkrankung kann auch deutlich länger anhalten als bei anderen Personen.3 Schon alleine deshalb brauchen sie besonderen Schutz vor dem Virus und im Krankheitsfall Unterstützung für eine schnelle Genesung. Die Modellstudie liefert nun ein weiteres starkes Argument dafür: So ließe sich womöglich die Entstehung neuer besorgniserregender Coronavarianten bremsen.
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Quellen
- 1. Ghafari, M., Liu, Q., Weissmann, D. et al. (2022). Investigating the evolutionary origins of the first three SARS-CoV-2 variants of concern. frontiers.
- 2. Clark, C. (2022). Chronic COVID-19 infections are source of variants of concern, study shows. Emory University (aufgerufen am 31.8.2022)
- 3. Centers for Disease Control and Prevention. Covid-19. People Who Are Immunocompromised. (aufgerufen 31.8.2022)