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Nachgefragt beim Experten

Wie gefährlich ist es, sich einrenken zu lassen?

Mann wird eingerenkt
Nicht nachhaltig, risikobehaftet und überholt: Orthopäde und Unfallchirurg Mathias Schettle ist kein Fan von Einrenken Foto: Getty Images / miniseries
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FITBOOK Redaktion

7. November 2023, 16:16 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Viele Patienten mit einem steifen Nacken oder einer Blockade im Rücken erhoffen sich Linderung durch Einrenken. Doch die orthopädische Maßnahme birgt ein hohes Restrisiko. Der Orthopäde und Unfallchirurg Mathias Schettle hält die Methode für überholt und geht an Blockaden anders heran.

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Eine falsche Bewegung und …  knack … Nichts geht mehr. Viele Erwachsene haben es schon einmal erlebt, dass jeder noch so kleine Versuch, den steifen Hals zu bewegen oder sich irgendwie aufzurichten, Tränen in die Augen treibt. Was dagegen helfen soll: Das Einrenken des Halses – in der Chirotherapie millionenfach angewandt. Also eine gezielte, ruckartige Krafteinwirkung von außen, die Blockaden lösen soll. Ob und gegebenenfalls wann man sich aus Sicht eines Experten überhaupt einrenken lassen sollte, welche Risiken bestehen und welche Methode möglicherweise sinnvoller ist, erfahren Sie hier.

Welche Risiken die Manipulation der Halswirbelsäule birgt

Die Schauergeschichten, die man rund um das Einrenken (auch Manipulation genannt) und dessen gravierenden Folgen hört (Stichwort: Schlaganfall, Querschnittslähmung) seien meist auf die Manipulation der Halswirbelsäule zurückzuführen, erklärt der Münchner Facharzt für Orthopäde und Unfallchirurgie Dr. med. Mathias Schettle gegenüber FITBOOK. In Bereich der hinteren Wirbelsäule laufen Schlagadern durch den Knochen, die sehr empfindlich sind. „Wenn man da nicht vernünftig manipuliert oder beim Patienten eine Vorschädigung im Bereich der knöchernen Strukturen oder der Gefäße selbst besteht, kann das zu Verletzungen dieser Gefäße führen“, erklärt Schettle. Ein Schlaganfall oder eine Lähmung könne die Folge sein.

Doch damit nicht genug: Durch das Einrenken können auch die Nerven geschädigt werden. Nervenreizungen und Nervenschädigungen, die mit Gefühlsstörungen einhergehen können, seien mögliche weitere Folgen der Manipulation. „Außerdem haben Wirbelgelenke sie umgebende Gelenkkapseln, die durch das Einrenken verletzten werden können, wenn man nicht vorsichtig ist.“

Experte hält das Einrenken als Methode überholt

Auch wenn diese schweren Risiken des Einrenkens nach Aussage des Experten „nicht sehr groß“ sind, hält er die Behandlungsmethode alleine aufgrund des inzwischen reichlich vorhandenen Wissens darum für „überholt“. Hinzu kommt: Wenn es schmerzt und man unter Verspannungen leidet, sei ein schnelles Einrenken schon alleine deshalb nicht die ideale Lösung, weil man zunächst eine Schmerzursache herausfinden müsse, um nachhaltig therapieren zu können, so Schettle zu FITBOOK. „Nicht jeder Schmerz, beispielsweise im Nackenbereich oder auch im Brustbereich, ist gleich immer eine Blockade“, warnt der Mediziner vor falschem Aktivismus.

Bei Schmerzen und Verspannungen sei deshalb eine ausführliche ärztliche Diagnostik wichtig. Erst, wenn die Schmerzursache klar ist, sollte man einen möglichen Therapieansatz diskutieren. Ganz grundsätzlich rät der Orthopäde und Unfallchirurg zu einer sanfteren Herangehensweise als dem schnellen „Knick-Knack“: der sogenannten Mobilisation.

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Blockaden mit sanfterer Methode lockern und lösen

Anders als bei der Manipulation wird das Gelenk bei der Mobilisation nicht mit Kraft und schnellem Impuls in die richtige Richtung gelenkt, sondern wesentlich langsamer mittels Dehnen und Stabilisation. Schettle erklärt die Methode so: „Man geht mit repetitiven [sich wiederholenden, Anm. d. Red.] Bewegungen ganz sanft an das Gewebe ran, um damit Blockaden zu lockern und zu lösen.“ Zwar dauere eine Mobilisations-Therapie etwas länger als eine klassische Chirotherapie – der Experte hält sie aber für die „beste Alternative“.

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Mobilisation vs. Manipulation – die Unterschiede im Überblick

Die Deutsche Gesellschaft für Manuelle Medizin beschreibt auf ihrer Internetseite die Unterschiede der beiden Therapieformen. Bei der Mobilisation werden Gelenke mit eingeschränkter Beweglichkeit sanft bewegt; anfänglich langsam, dann mit zunehmender Geschwindigkeit und erhöhtem Druck. Bei der Manipulation werden mit einer hohen Geschwindigkeit Bewegungen ausgeführt, die einen Impuls mit geringer Kraft und minimalem Weg vermitteln.

Was bringen Schmerzmittel, Wärmezufuhr und Akupunktur?

Bei einer bestehenden Blockade rät der Fachmann zur Ruhigstellung mit einer weichen Halskrawatte sowie Wärmezufuhr. Erste Abhilfe schaffen außerdem Schmerzmittel oder muskelentspannende Medikamente. Auch mit klassischer Triggerpunkt-Akupunktur, bei der man die Akupunkturnadeln in die verhärteten Muskulaturstrukturen steckt, kann laut Schettle viel erreicht werden.

Fazit: Sollte man sich einrenken lassen?

Klassisches Einrenken birgt ein gewisses Restrisiko mit teilweise fatalen Folgen – Stichwort: Schlaganfall, Lähmung. Trotzdem: Auch wenn man schon häufiger entsprechende Schauergeschichten rund um das Thema Einrenken gehört hat, schätzt Orthopäde Mathias Schettle das Risiko dafür „in Anbetracht der Gesamtheit aller manipulierten Patienten als insgesamt gering“ ein. Dennoch rät der Experte davon ab. Er empfiehlt die Mobilisations-Therapie als sanftere und gleichsam nachhaltigere Methode für die Lockerung einer Blockade. Natürlich alles in Absprache mit einem Arzt, der vorher eine Diagnose gestellt hat.

Themen Rückenschmerzen
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