9. Juni 2024, 17:55 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Na, heute schon geduscht? Für viele gehört die tägliche, warme Dusche zur grundsätzlichen Haut- und Körperpflege. Viele Menschen freuen sich auf die Minuten unter dem warmen Wasserstrahl. Dabei täte man sich selbst aus gesundheitlicher Sicht viel mehr einen Gefallen, wenn man unter eine kalte statt warme Dusche hüpfen würde.
Der Gedanke an eine kalte Dusche ist für die Verfrorenen unter uns in erster Linie abschreckend. Allerdings entgehen den „Warmduschern“ mit dem Verzicht auf kalte Duschen eine ganze Reihe an gesundheitlichen Vorteilen. Egal ob bei Depressionen, Durchblutung oder Migräne – die kalte Dusche kann bei vielen Beschwerden helfen. FITBOOK zählt die positiven Effekte auf, die in Studien festgestellt wurden.
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Übersicht
- Kalte Duschen können bei Depressionen helfen
- Verbesserung der Durchblutung
- Energie und Fettstoffwechselrate werden gesteigert
- Kalt duschen hat Vorteile für die Haut
- Für schnelle Regeneration
- Kalt duschen gegen Migräne
- Kalt duschen für die Gesundheit – Expertin gibt Tipps
- Selbstexperiment
- Wer besser nicht kalt duschen sollte
- Quellen
Kalte Duschen können bei Depressionen helfen
Schon mal was von Hydrotherapie gehört? Das ist eine holistische Behandlungsmethode, bei der sich alles um Wasser dreht. Bäder mit heißem oder kaltem Wasser, mit oder ohne Zusätze, sollen unter anderem die Muskeln entspannen und bei der Regeneration helfen. Aber auch im Kopf hat die Hydrotherapie eine nicht zu unterschätzende Wirkung. So hat eine kleine klinische Studie (allerdings mit Probanden, die nicht klinisch depressiv waren) aus dem Jahr 2008 gezeigt, dass auch eine kalte Dusche bis zu fünf Minuten zwei- bis dreimal die Woche Symptome einer Depression lindern kann.1
Kälte allgemein kann Einfluss auf die Hirnchemie nehmen. Kälte aktiviert zum einen unser sympathisches Nervensystem (oder Sympathikus), erhöht den Gehalt von Beta-Endorphin und Noradrenalin im Blut und steigert die Freisetzung von Noradrenalin im Gehirn. Die Kälterezeptoren auf der Haut senden zudem extrem viele elektrische Nervenimpulse an das Gehirn und machen uns damit energievoller sowie wacher. Nebenbei werden noch Endorphine freigesetzt, wodurch sich ein nicht zu unterschätzender Vorteil der kalten Dusche ergibt: Sie hebt die Stimmung.2
Verbesserung der Durchblutung
Wenn wir kalt duschen, braucht unser Körper einen extra Aufwand an Energie, um die Kerntemperatur aufrechtzuerhalten. Das macht er, indem er neues, sauerstoffhaltiges Blut in die unterkühlten Teile des Körpers zirkulieren lässt. Kurz: Die Durchblutung wird durch eine kalte Dusche verbessert. Insbesondere Leuten, die unter einer schlechten Durchblutung, an Bluthochdruck oder Krankheiten wie Diabetes leiden, können von regelmäßigem kalten Duschen profitieren.3,4
Nach dem gleichen Prinzip funktioniert übrigens auch das Kühlen nach einer Verletzung mit dem Kühlpack. Durch die verstärkte Durchblutung nach der Kälte kommt es nämlich an der verletzten, gezerrten, entzündeten oder gestressten Stelle des Körpers zu einem gesteigerten Transport von sauerstoffreichem Blut sowie Nährstoffen, Immunzellen und Hormone in die Muskeln und das Bindegewebe, wodurch die Folgen der Verletzung (im Idealfall) weniger schlimm ausfällt oder die Genesung schneller voranschreitet.
Energie und Fettstoffwechselrate werden gesteigert
Zudem wird die Energie- und Fettstoffwechselrate gesteigert, die Atmung und die Herzaktivität wird hochreguliert, das Immunsystem angeregt und die Muskulatur steigert ihren Tonus. Das alles kostet dem Körper viel Energie und damit Kalorien. Da wir auch nach dem kalten Duschen einen leichten Nachbrenneffekt haben, kann der tägliche Kalorienverbrauch bei regelmäßiger Durchführung um bis zu drei Prozent gesteigert werden.
Auch interessant: Wärme oder Kälte – was hilft bei welcher Verletzung?
Kalt duschen hat Vorteile für die Haut
Ein weiterer Vorteil der Abkühlung: eine rosige und frischer wirkende Haut. Der Effekt ist ebenfalls auf die kurzzeitige flächendeckende Unterkühlung und der daraus resultierenden verstärkten Durchblutung zurückzuführen. Durch kaltes Wasser schließen sich außerdem die Poren und die Schutzbarriere der Haut wird intakt gehalten. Im Gegensatz dazu entzieht warmes – noch schlimmer: heißes – Duschen der Haut Feuchtigkeit. Auch bei Hauterkrankungen wie z. B. Neurodermitis wird davon abgeraten, warm zu duschen.5
Für schnelle Regeneration
Nicht umsonst steigen Spitzensportler in die berühmte Eiswanne. Die niedrigen Temperaturen beruhigen übersäuerte Muskeln und tragen zu einer schnelleren Regeneration bei. Auch der schmerzlindernde und entzündungshemmende Effekt ist nicht zu vernachlässigen, denn das Immunsystem wird bei regelmäßiger Anwendung angeregt. So konnte eine Studie aus dem Jahr 2015 herausfinden, dass eine kalte Dusche schneller den Herzschlag senkt und das Wohlbefinden der Athleten nach dem Training mehr steigert als eine warme Dusche.6
Zusätzlich führt das Herunterkühlen von bestimmten Muskeln im Körper, wie bereits erwähnt, zu einer angeregten Durchblutung. Dadurch werden Abbauprodukte wie z. B. Laktat schneller abtransportiert und mehr frisches und sauerstoffreiches Blut kommt in die Muskeln, was wiederum Entzündungen der Muskeln entgegenwirken und damit auch die Regeneration begünstigen kann. Zudem kann die Kältezufuhr durch kaltes Wasser zu einem subjektiven besseren Erholungsempfinden und einem niedrigeren Muskelschmerzempfinden beitragen.7 Die Vorteile wie eine verkürzte Regenerationszeit, Minderung von Muskelkater, Entzündungshemmung, Schmerzreduktion und weniger Müdigkeit liegen auf der Hand.
Kalt duschen gegen Migräne
Kalte Duschen könnten bei Migräne sowohl bei akuten Attacken als auch vorbeugend helfen. Eine Studie von 2006 konnte herausfinden, dass Kältetherapie (allerdings in Form von Kältekappen) Migräneanfälle lindern und auch vorbeugen kann.8
Obwohl die Studie nicht das kalte Duschen an sich untersucht hat, war es die Kälteeinwirkung, die Einfluss auf die Migräneanfälle hatte. Unter Migräne-Leidenden ist das kalte Duschen gängige Praxis, um auf natürliche Art und Weise Kopfschmerzen zu lindern und auch präventiv Migräneanfälle zu mindern.
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Kalt duschen für die Gesundheit – Expertin gibt Tipps
Natürlich ist kaltes Duschen kein Allheilmittel gegen Depressionen, Durchblutungsstörungen und Migräne. Nichtsdestotrotz scheint die Kälte im Vergleich zur Warmwasserdusche Vorteile zu bieten. Dr. Frank-Chris Schoebel, Kardiologe in der Klinik für Kardiologie, Pneumologie und Angiologie am Universitätsklinikum Düsseldorf, erklärte in diesem FITBOOK-Artikel bereits, wie man sich dem kalten Duschen annähern kann: „Beginnen Sie am besten mit fünf bis zehn Sekunden und steigern Sie die Dauer schrittweise bis zu 30 bis 90 Sekunden. Drehen Sie die Dusche von Warm auf Kalt, wobei die Wassertemperatur, die aus dem Duschkopf kommt, in der Regel etwa 12,5 Grad Celsius beträgt. Achten Sie darauf, den gesamten Körper, insbesondere den Dekolleté-Bereich und den Hals, der Kälte auszusetzen, um das braune Fettgewebe zu aktivieren.“
Die Temperatur, mit der das Wasser bei uns für gewöhnlich aus der Leitung kommt, beträgt in der Regel zwischen zehn und zwölf Grad – das ist auch die optimale Temperatur für die kalte Dusche. Um keinen Kälteschock zu riskieren, ist es wichtig, die kalte Dusche fern vom Herz zu beginnen – also auf der rechten Seite vom Fuß aufwärts zum Gesäß. An der Innenseite des Beins wieder abwärts. Dasselbe geschieht mit dem linken Bein. Dann von der rechten Hand bis hoch zur Schulter und wieder hinunter, auf der linken Seite wiederholen.
Selbstexperiment
Auf YouTube gibt es zahlreiche Videos von YouTubern, die über einen bestimmten Zeitraum kalt geduscht und die Effekte via Video dokumentiert haben. Ganz à la Youtuber hat auch Bodybuilder Paul Unterleitner seine Kalte-Dusche-Reise festgehalten. Er sei direkt kalt gestartet und habe versucht, es so lange wie möglich auszuhalten – für 38 Tage. Sein Fazit: „Mein ganzer Körper war danach krass durchblutet, ich hätte jeden Muskel wieder trainieren können. Ich habe mich regeneriert gefühlt.“ Zum Schluss habe er zwei Minuten ausgehalten – es habe ihm sehr gutgetan.
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Wer besser nicht kalt duschen sollte
Es gibt aber auch Personen, die bezüglich kalter Duschen besser vorsichtig sein sollten, wie Dr. Frank-Chris Schoebel, Kardiologe uns ebenfalls bereits in einem früheren Artikel erklärt hat. „Menschen mit bekannter Herzschwäche, koronarer Herzkrankheit oder höhergradigen Herzklappenerkrankungen sollten vor dem Duschen Rücksprache mit ihrem Arzt halten, da die Kälteexposition eine Belastung für das Herz-Kreislauf-System darstellen kann“, so der Experte