29. August 2022, 8:08 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Ist Kaffee gut oder schlecht für den Blutdruck? Und sollte man den beliebten Muntermacher bei Bluthochdruck meiden? Was die Wissenschaft bis jetzt darüber weiß.
Wer nur gelegentlich eine Tasse Kaffee trinkt, spürt die Wirkung womöglich sofort: Das Herz schlägt schneller und es kommt zu einem kleinen Adrenalinkick, der hellwach und tatendurstig macht. Und logischerweise steigt mit dem Kaffee-Konsum auch der Blutdruck. An Schlaf ist nicht mehr zu denken und das ist auch meist so gewollt. Bei Koffein-Junkies ist der „Rausch“ nicht mehr ganz stark ausgeprägt, da der Körper bereits eine gewisse Toleranz aufgebaut hat. Kann zu viel Kaffee der Gesundheit schaden?
Übersicht
Ja, Kaffee lässt den Blutdruck in die Höhe schnellen, aber …
Tatsächlich ist es erwiesen, dass der Blutdruck bereits nach wenigen Schlucken Kaffee ansteigt. So hat eine Überprüfung von 34 Studien ergeben, dass 200 bis 300 Milligramm Koffein (zwei Tassen Kaffee) zu einem durchschnittlichen Anstieg des systolischen bzw. diastolischen Blutdrucks um 8 mm Hg bzw. 6 mm Hg führten.1 Dieser Zustand dauerte allerdings nur etwa drei Stunden an, sodass die Werte sich schnell wieder normalisierten. Interessanterweise ist der Effekt umso dramatischer, je seltener man Kaffee trinkt. Bei Vieltrinkern fallen die Schwankungen geringer aus. Die Studie kommt daher zu dem Schluss, dass das tägliche Tässchen keinen signifikanten Einfluss auf den Blutdruck hat und damit auch die Herzgesundheit nicht gefährdet.
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Was passiert da genau im Körper?
Selbst Menschen mit normalen Werten haben nach dem Kaffeekonsum mitunter für kurze Zeit Bluthochdruck, schreibt die Mayo Clinic.2 Es ist weiterhin unklar, was den Anstieg verursacht. Einige Forscher vermuten, dass Koffein ein bestimmtes Hormon blockiert, welches die Arterien weitet. Andere glauben, dass es die Nebennieren mehr Adrenalin freisetzen, was ebenfalls zu einem erhöhten Blutdruck führt. Weil der Effekt von Person zu Person völlig unterschiedlich ausfallen kann, gibt es auch keine genauen Antworten darauf.
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Mögliche langfristige Folgen
Fans von Espresso und Co. dürfen also aufatmen: Wer das beliebte Heißgetränk gut verträgt und es bei höchstens vier Tassen täglich belässt, hat keine negativen Auswirkungen zu befürchten. Wer allerdings zu Bluthochdruck neigt, sollte direkt vor sportlichen Aktivitäten oder sonstigen körperlichen Anstrengungen darauf verzichten, rät die Mayo Clinic weiter. Dramatisch kann es bei künstlich zugeführten Koffein werden. Anfang dieses Jahres starb ein Personal Trainer aus Wales, nachdem er sich Unmengen Koffeinpulver in seinen Sportdrink gemixt hatte. Die Obduktion ergab: Er hatte 392 Milligramm Koffein pro Liter im Blut. Laut Experten können etwa 78 Milligramm Koffein pro Liter Blut tödlich sein. Der Personal Trainer nahm also knapp die fünffache tödliche Dosis zu sich (FITBOOK berichtete).
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Die gesundheitlichen Vorteile von Kaffee überwiegen
Dass Kaffee für eine kurze Zeit den Blutdruck erhöht, halten Wissenschaftler für vernachlässigbar. Denn neuere Forschungen zeigen immer wieder, wie gesund der flüssige Wachmacher eigentlich ist. So soll er nicht nur vor neurodegenerativen Erkrankungen wie Parkinson und Demenz schützen, sondern offenbar profitiert auch die Leber von einem moderaten Kaffee-Konsum.3,4,5 Eine ganz neue Studie aus dem Jahr 2022 hat ergeben, dass bis zu fünf Tassen täglich das Risiko eines frühzeitigen Todes um bis zu 15 Prozent senken könnten.6 Wer allerdings mehr trinkt, neigt zu Nervosität und Gereiztheit, was wiederum die Lebensqualität einschränkt.
Laut Studie So viele Tassen Kaffee pro Tag können das Leben verlängern
Japanische Studie Wie viel Kaffee bei Bluthochdruck gut ist, wie viel schlecht
Schwedische Studie Wie sich Kaffee auf das Risiko für Typ-2-Diabetes und das Körperfett auswirkt
Quellen
- 1. Steven G. Chrysant (2017): The impact of coffee consumption on blood pressure, cardiovascular disease and diabetes mellitus, Expert Review of Cardiovascular Therapy
- 2. Mayo Clinic: Caffeine: How does it affect blood pressure? (aufgerufen am 26.8.2022)
- 3. Mancini R.S., Wang Y., Weaver D.F. (2018). Phenylindanes in Brewed Coffee Inhibit Amyloid-Beta and Tau Aggregation. frontiers.
- 4. Gardener, S.L., Rainey-Smith, S.R., Villemagne, V.L. et al. (2021). Higher Coffee Consumption Is Associated With Slower Cognitive Decline and Less Cerebral Aβ-Amyloid Accumulation Over 126 Months: Data From the Australian Imaging, Biomarkers, and Lifestyle Study. Frontiers in Aging Neuroscience.
- 5. Kennedy, Oliver J. et al. (2021). All coffee types decrease the risk of adverse clinical outcomes in chronic liver disease: a UK Biobank study. BMC Public Health.
- 6. Dan Liu, Zhi-Hao Li, Dong Shen et al. (2022). Association of Sugar-Sweetened, Artificially Sweetened, and Unsweetened Coffee Consumption With All-Cause and Cause-Specific Mortality, Annals of Internal Medicine