19. Dezember 2018, 7:03 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Wer ein Ziehen oder Stechen im Ohr spürt, sollte zum Arzt gehen. Ursache ist häufig eine akute Mittelohrentzündung. Doch die Krankheit kann auch chronisch verlaufen – und ist dann viel schwieriger zu erkennen.
Es ist die Kinderkrankheit schlechthin – die akute Mittelohrentzündung mit heftigen Schmerzen im Ohr. Die gute Nachricht: Bei den meisten Kindern heilt sie ohne Folgen ab. Die schlechte: Mittelohrentzündungen können auch Erwachsenen das Leben schwer machen.
Allerdings: „Während akute Mittelohrentzündungen tatsächlich vor allem bei Kindern vorkommen, leiden Erwachsene eher an der chronischen Form“, weiß Prof. Jens Peter Klußmann, Direktor und Lehrstuhlinhaber der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde an der Universität zu Köln.
Was genau geschieht im Ohr?
„Bei der chronischen Form sind die Schleimhäute des Mittelohrs immer wieder und lang anhaltend entzündet“, erklärt Prof. Andreas Gerstner, Chefarzt der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde in Braunschweig. „Außerdem befindet sich im Trommelfell meist ein dauerhaftes Loch.“ Die Tücke der chronischen Mittelohrentzündung: Das schmerzhafte Ohrenstechen tritt in der Regel nicht auf.
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Wie ist das bei der akuten Entzündung?
Da ist die Sache meistens klar: „Die Patienten nehmen starke Ohrenschmerzen und Fieber sehr ernst und stellen sich damit in der Praxis vor“, sagt Sybille Bartelt, Hausärztin in Dortmund. Unkomplizierte, akute Mittelohrentzündungen ließen sich dann meist mit abschwellendem Nasenspray und Schmerzmitteln behandeln.
Vom Fliegen mit akuter Mittelohrentzündung rät Bartelt klar ab: „Der Druckausgleich zum Mittelohr funktioniert nicht mehr. Es können stärkste Schmerzen auftreten.“ Schlimmstenfalls kann es zu einer Schädigung des Innenohres kommen, warnt Gerstner. „Betroffene können einen heftigen Schwindel erleben und sogar ertauben.“
Und wie lässt sich die chronische Mittelohrentzündung erkennen?
„Ein Hinweis kann sein, dass dauerhaft Sekret aus dem Ohr läuft“, erklärt Klußmann. „Häufig verschlechtert sich auch das Hören.“ Stellt der HNO-Arzt eine chronische Mittelohrentzündung fest, sei häufig eine Operation ratsam. „Der Defekt im Trommelfell lässt sich verschließen. Beschädigte Gehörknöchelchen können rekonstruiert werden.“
Aber warum operieren, wenn die Symptome nur schwach sind?
„Weil unbehandelte, chronische Mittelohrentzündungen das Hörvermögen verschlechtern und die Patienten taub werden können“, erklärt Gerstner. Zudem müssten Betroffene im Alltag sehr aufpassen: „Es darf kein Wasser in den Gehörgang gelangen.“ Es könnte durch das Loch im Trommelfell ins Mittelohr eindringen und dort akute Entzündungen auslösen. Außerdem wird das Gleichgewichtsorgan gereizt – häufige Folge: heftiger Drehschwindel.
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„Vorbeugen ist schwierig“, sagt Klußmann. „Einige Menschen neigen stärker zu Mittelohrentzündungen als andere. Wahrscheinlich haben sie eine lokale Abwehrschwäche.“ Außerdem spiele die Anatomie des Ohres eine Rolle. „Betroffene leiden an einer dauerhaften Belüftungsstörung.“
In dem Fall lässt sich allerdings der Druckausgleich trainieren. „Patienten halten sich die Nase zu und atmen bei geschlossenem Mund und angespannter Bauchmuskulatur aus, als würden sie sich schnäuzen.“ Dies führe zu einem Druckausgleich in den Ohren und helfe, die Ohrtrompete zu belüften, sagt Gerstner. Beruhigend zu wissen: Wer an einer chronischen Mittelohrentzündung leidet, hat gute Chancen, sie loszuwerden. „Dank der Operation verschwinden die Beschwerden, und die Patienten können wieder besser hören.“
Mit Material von dpa