9. Februar 2024, 18:11 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Antibiotika haben den Zweck, im Körper ihrer Anwender krankmachende Bakterien zu töten bzw. an einer Verbreitung zu hindern. Daneben bringen sie aber oft auch unerwünschte Nebenwirkungen mit. Welche davon auftreten (und bei wem), lässt sich nur schwer vorhersagen. Sind es Schlafstörungen, könnten die Ursache dafür die Auswirkungen von Antibiotika auf die Darmflora sein.
Wer ein Antibiotikum einnehmen muss, bekommt in dem Zusammenhang oft die Empfehlung, parallel etwas für die Darmflora zu tun. So soll etwa der Verzehr von probiotischem Joghurt oder fermentierter Lebensmittel wie z. B. Kimchi dazu beitragen können, die Barrierefunktion des Darms und somit die Abwehrkräfte zu stärken. Denn neben den speziellen Bakterien, auf deren Zerstörung die medikamentöse Behandlung abzielt, geraten oft auch gute (Darm-)Bakterien in Mitleidenschaft. Über eben diesen Umweg können Antibiotika offenbar Schlafstörungen auslösen.
Übersicht
Warum Antibiotika Schlafstörungen auslösen können
Antibiotika können bekanntlich verschiedene Nebenwirkungen haben. Zu den häufigsten zählen Magen-Darm-Probleme wie Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Anwender klagen aber auch häufig über allergische Hautreaktionen (z. B. Ausschläge), anhaltende Müdigkeit und nicht zuletzt Schlafstörungen. Die Beschwerden klingen meist unmittelbar nach Absetzen des Mittels ab und sind dann auch bald vergessen. Forscher der Universität Tsukuba wollten es dennoch genauer wissen.
Dass eine gestörte Bakterienbesiedelung im Darm verschiedene physiologische Prozesse beeinflusst, „einschließlich der Gehirnfunktionen“, das habe man bereits aus früheren Studien gewusst. So ist es in der Dokumentation der Arbeit nachzulesen.1 Das Team habe nun weiterführende Untersuchungen angestellt. Den Ergebnissen zufolge können Veränderungen der Darmflora mit Bluthochdruck sowie Schlafstörungen in Verbindung gebracht werden – teilweise von schwerem Ausmaß.
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Studie mit Mäusen
Forschungsleiter Professor Masashi Yanagisawa und seine Mitarbeiter stützen ihre Erkenntnisse auf eine Untersuchung mit Mäusen. Ein Teil der Versuchstiere war im Vorfeld mit starken Antibiotika behandelt worden, mit dem Ziel, Veränderungen der Darmflora zu bewirken. Einige weitere, unbehandelte Mäuse dienten als Kontrollgruppe. Später maßen die Forscher bei allen der Mäuse im schlafenden Zustand mit Elektroden die Aktivität im Bereich der Hirnrinde. Und tatsächlich zeigte sich: Bei den Tieren, die Antibiotika eingenommen hatten, waren sowohl der Serotoninspiegel gesunken als auch der Schlafrhythmus gestört. Sie wechselten häufiger zwischen Schlaf- und Wachphasen als die nicht behandelten Tiere.
Erkenntnisse
„Wir haben herausgefunden, dass der Bakterienabbau im Darm das Serotoninvorkommen eliminiert“, so Professor Yanagisawa in einer Pressemitteilung.2 Und dass der Serotoninspiegel die Schlaf- und Wachzyklen beeinflusst, gelte bereits als bestätigt. Auch die Schlafstörungen der Antibiotika-Mäuse seien damit zu erklären. Die Erkenntnisse legten nahe, dass eine Bakterienkur für die Darmflora gezielt zur Behandlung von Schlafstörungen zum Einsatz kommen könnte.
Sollten Sie unter Magen-Darm-Beschwerden leiden und/oder ein Antibiotikum eingenommen haben: Informieren Sie sich in der Apotheke über die verschiedenen Möglichkeiten von Probiotika-Kuren.
Experte: »Schlaf und Darmflora beeinflussen sich gegenseitig
„Die Zusammenhänge sind vice versa“, sprich wechselseitig. Das erklärt der Allgemeinarzt und Schlafmediziner Dr. med. Michael Feld im Gespräch mit FITBOOK. Es handele sich um ein durchaus komplexes Thema. Dies veranschauliche bereits, dass es mehr Mikroben im Darm des Menschen gibt, als er insgesamt Körperzellen hat.
Noch wesentlicher jedenfalls als der Einfluss der Darmflora auf den Schlaf sei der des Schlafs auf die Darmflora, so die Einschätzung des Experten. Denn: „Wenn ich schlecht schlafe, dann kann mein Darm sich nachts nicht richtig erholen.“ Es sei das Organ mit der höchsten Neubildungs- und Umsatzrate und der Nachtschlaf die wichtigste Erholungsphase für den Menschen – es wird sich nicht bewegt, keine Nahrung zu sich genommen, dadurch kann der Körper ungestört neue Zellen bilden. Studien sollen bereits gezeigt haben, dass der Magen-Darm-Trakt seine Kontraktionen, die gesamte Peristaltik, aufeinander abstimmt. Schlechter Schlaf bringe diese Rhythmik durcheinander, mahnt Dr. Feld, und damit auch die Darmflora.