28. März 2020, 7:34 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Noch gibt es keinen Impfstoff gegen das Coronavirus. Die Forschung ist dran – und vermeldet aktuell optimistisch stimmende Erkenntnisse. Laut der amerikanischen Johns-Hopkins-Universität mutiert der Erreger relativ langsam, und das wäre für die Entwicklung eines immunisierenden Arzneimittels von Vorteil. FITBOOK hat beim Experten nachgehakt, ob wir uns vielleicht lieber nicht zu früh freuen sollten.
Viren verändern sich ständig. Das tun sie zum Selbstschutz: Durch Mutation ihres Erbguts können sie das Immunsystem von Menschen überlisten und somit auch diejenigen krankmachen, die gegen ihre frühere „Version“ geimpft sind und damit zeitweise immun waren.* Das erklärt, welche möglichen Hürden die Forschung im Hinblick auf das neuartige Coronavirus befürchten: Mutiert es schnell, könnte das die Entwicklung eines (nachhaltigen) Impfstoffs gegen Sars-CoV-2 erschweren.
Mutationsrate von Coronavirus untersucht
Um den genetischen Code des neuartigen Coronavirus zu verstehen, haben Wissenschaftler der Johns-Hopkins-Universität rund 1.000 Proben des Erregers analysiert – und Vielversprechendes festgestellt. Offenbar mutiert er wesentlich langsamer als bisher befürchtet. Davon berichtete Molekulargenetiker Peter Thielen der „Washington Post“.
Zwischen dem frühen Coronavirus, das zu Beginn der Epidemie in Wuhan Infektionen ausgelöst hatte, und den Virusstämmen, die inzwischen in den USA identifiziert wurden, habe man nur zwischen vier und zehn genetische Unterschiede festgestellt. „Das ist eine relativ geringe Anzahl an Mutationen, bedenkt man, dass das Virus so viele Menschen durchlaufen hat“, stellt der Forscher fest.
Laut Thielen hoffe man nun, einen Impfstoff mit langer Wirksamkeit gegen Sars-CoV-2 entwickeln zu können, „und nicht einen, der jedes Jahr neu verabreicht werden muss wie der Grippeimpfstoff“.
Auch interessant: Wie lange kann man das Coronavirus im Körper nachweisen?
Experte bestätigt geringe Mutationsrate von Coronaviren
FITBOOK hat bei Dipl. Molekularbiologe Enrico Zessin nachgefragt. Und auch er bezeichnet Coronaviren als genetisch relativ stabil, ihre Mutationsrate sei gering. „Aktuelle Vergleiche der Genom-Sequenzen des neuen Coronavirus zeigen ebenfalls eine sehr große Ähnlichkeit. Aufgrund der bereits weltweiten Verbreitung und hohen Anzahl der Infizierten besteht eine entsprechend große Vergleichsgruppe. Daher kann man auch bei Sars-CoV-2 davon ausgehen, dass es sich um ein Virus mit geringer Variabilität handelt.“
Variante B.1.1.7 Drosten gibt Einschätzung zur neuen Virusmutation aus Großbritannien
Forschung Neuer Impfstoff kann sogar vor noch nicht existierenden Coronavarianten schützen
Gefährlicher Virustyp? Nerze können Corona-Mutation auf den Menschen übertragen
Mutationen in Zukunft nicht auszuschließen
Aber auch wenn das vielversprechende Vorzeichen für die Impfstoff-Entwicklung sein mögen – wir sprechen immer noch von mehreren Monaten, bis ein flächendeckender Impfstoff zur Verfügung stehen könnte, erinnert uns Zessin. Und auch dann sollten wir uns nicht in absoluter Sicherheit wähnen.
„Man muss immer im Hinterkopf behalten, dass Viren unter extremen Bedingungen zur Anpassung an ihre Umwelt fähig sind“, warnt der Experte, „und dass bestehende Impfstoffe dann unter Umständen ihre Wirksamkeit verlieren.“ Sollte eine Mutation in dem genetischen Bereich stattfinden, der relevant für den Impfstoff ist, wäre dieser weniger bis gar nicht mehr effektiv.
Könnte das denn jetzt plötzlich passieren? „Davon ist zunächst einmal nicht auszugehen“, glaubt der Experte.
* Virenmutation ist einer der Gründe, weshalb eine Grippeimpfung jedes Jahr wiederholt werden sollte. Das Influenzavirus ist sehr wandlungsfähig, folglich muss man die Zusammensetzung des Impfstoffs anpassen. Anders ist es bspw. beim Masernimpfstoff, der über viele Jahre vor der Infektionskrankheit schützen soll.