3. November 2020, 16:33 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Reisen gilt als ein Risikofaktor, sich mit dem Coronavirus anzustecken. Zudem tragen Urlauber durch Aufenthalte in anderen Ländern dazu bei, dass sich mutierte Varianten des Erreger schneller verbreiten. Ein spanisch-schweizerisches Forscherteam hat sich insbesondere mit dem Coronavirus-Typ 20.A.EU1 auseinandergesetzt – quasi einem ungewünschten Urlaubssouvenir aus Spanien, das sich in ganz Europa (und noch weiter) verbreitet hat.
Wenn Viren sich entwickeln, spricht man von Mutation. Beim Coronavirus kommt es durch diesen Prozess etwa alle zwei Wochen zu neuen Varianten des Erregers. Ein Beispiel: der nicht unbedingt gefährlichere, aber immerhin infektiösere Coronatyp D614G, gefunden in Peking, über den FITBOOK im Juni berichtete. Inzwischen hat sich in Europa (und auch darüberhinaus) eine Coronavirus-Mutation aus Spanien ausgebreitet. Und dafür sollen Urlauber verantwortlich sein.
Reisen fördert Verbreitung von Coronavirus-Mutation
Ein Team aus Forschern der Universität Basel, ETH Zürich und von „SeqCovid-Spain“, einem spanischen Unternehmenszusammenschluss, haben sich mit den Auswirkungen von Reisen auf die Corona-Pandemie auseinandergesetzt. Konkret sei es in ihrer Arbeit darum gegangen, die Weiterentwicklung und Verbreitungsmechanismen des Erregers SARS-CoV-2 zu verstehen. Ihre Studie ist auf dem Preprint-Server medRxiv einzusehen.
Es habe sich gezeigt, dass hinter einem bemerkenswerten Anteil der Corona-Infektionen in Europa eine aus Spanien stammende Virusmutation steckt, der Typ 20.A.EU1. Als Ursache dafür nennen die Forscher die im Sommer wieder gewonnene Möglichkeit, im Ausland Urlaub zu machen. Viele Menschen hatten die Lockerungen der Reisebeschränkungen genutzt – und im Gegenzug die Virusmutation an neue, bis dahin noch nicht erschlossene Orte geführt.
20.A.EU1 – von Spanien bis nach Neuseeland
Erstmals soll die Corona-Variante 20.A.EU1 unter Landarbeitern im spanischen Nordosten festgestellt worden sein. Von dort aus habe sie sich durch die dort ansässige Bevölkerung weiter verbreitet. Die Coronavirus-Mutation macht den Forschern zufolge vier Fünftel der Infektionen in Spanien aus. Viele Sommerurlauber von anderswo hatten sich damit infiziert. Inzwischen gebe es den Virustyp in rund 12 europäischen Ländern, außerdem in Asien und selbst im entfernten Neuseeland.
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Was unterscheidet die Virusvariante von anderen?
Wie es in der Abhandlung heißt, ist u. a. sein Spike-Protein (= dieses nutzen Coronaviren, um in die Zellen ihres Wirts einzudringen) anders aufgebaut als bei anderen Typen des Erregers. Ob die Variante 20.A.EU1 dadurch infektiöser ist? Deren rasche Verbreitung könnte diese Vermutung stützen. Noch haben die Wissenschaftler dafür aber keinen Beleg. Hinweise darauf, dass die Mutation besonders gefährlich ist, gebe es noch nicht.
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Folgen für die Entwicklung eines Impfstoffs
FITBOOK hat (bereits im Zusammenhang mit dem chinesischen Coronavirus-Typ D614G) mit Friedemann Weber, dem Direktor des Instituts für Virologie der Justus-Liebig-Universität in Gießen, über Virusmutationen gesprochen. Unsere Sorge: dass die ständige Veränderung des Erregers einer Impfstoff-Entwicklung im Wege stehen könnte. Wenn das Coronavirus immer anders aufgebaut ist, wie soll dann ein Mittel gezielt helfen können?
Doch Weber konnte zum Glück Entwarnung geben. „Wir werden einen ziemlich breit aufgestellten Impfstoff bekommen, der sich nicht nur auf das S-Protein stützt und der auch T-Zell-Antworten induzieren soll. Deswegen bin ich optimistisch, dass das keine Rolle spielen wird“, so der Experte.