9. März 2021, 17:31 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Inzwischen muss man nicht mehr unbedingt ein Testzentrum aufsuchen, um sich auf das Coronavirus testen zu lassen. Seit einigen Tagen sind Selbsttests im Handel erhältlich. Ebenso soll sich jeder Bürger einmal pro Woche kostenlos (bspw. in der Apotheke) testen lassen können. Sind die Ergebnisse solcher Schnelltest zuverlässig?
Einen Antigen-Test pro Woche soll jeder Bürger gratis in Apotheken, Arztpraxen oder Testzentren machen lassen können. Die Kosten dafür übernimmt der Bund – allerdings haben die Länder noch bis Anfang April Zeit für die Umsetzung dieser Maßnahme als Teil der nationalen Teststrategie. Daneben kann man auch Schnelltests zur Selbstanwendung kaufen. Es gibt die sogenannten Selbsttest in Apotheken sowie im Einzelhandel – z. B. in Drogerien und selbst beim Discounter. Sie sind hinsichtlich ihrer Wirkweise mit den gewöhnlichen Schnelltests (= Antigen-Tests) fast identisch. Der Vorteil: Die Tests kann man zuhause machen. Aber wie zuverlässig können ihre Ergebnisse sein?
Übersicht
Wie zuverlässig sind Schnelltests und Selbsttests?
Das Paul-Ehrlich-Institut hat Mindestanforderungen für Antigen-Tests festgelegt: Die Spezifität muss über 97 Prozent liegen. Das heißt, mindestens 97 von 100 Gesunden müssen als solche erkannt werden. Die Sensitivität soll größer als 80 sein, das heißt mindestens 80 von 100 Infizierten muss der Test erkennen. Bei allen sieben Selbsttests, die das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) nach aktuellem Stand zugelassen hat, liegt die Spezifität den Herstellerangaben zufolge bei mindestens 98 Prozent. Es kann demnach in einigen Fällen zu falsch-positiven Ergebnissen kommen.
Antigen-Tests generell nur begrenzt zuverlässig
Laut dem Robert-Koch-Institut (RKI) ist bei richtiger Anleitung die Probeentnahme durch Privatpersonen und daraus resultierende Ergebnisse vergleichbar zuverlässig mit der Entnahme durch medizinisches Personal. Das sollen Studien belegen.
Allerdings können Anwendungsfehler die Aussagekraft des Tests stark einschränken. Und selbst bei korrekter Durchführung sei es „lediglich weniger wahrscheinlich“, ansteckend zu sein, wenn das Ergebnis negativ ausfällt. Zudem sei die Aussagekraft zeitlich begrenzt, betont das RKI. Schon am nächsten Tag kann das Ergebnis anders sein. Daher ist ein negatives Ergebnis alles andere als zuverlässig und längst kein Freifahrtschein, die Corona-Regeln zu missachten.
Wichtig: PCR-Tests sind immer zuverlässiger
Es ist bekannt, dass Schnelltests (= Antigen-Tests) prinzipiell weniger zuverlässig sind als die für die offizielle Corona-Statistik berücksichtigten PCR-Tests. Bedeutend sind dabei die beiden Werte Sensitivität und Spezifität: Die Spezifität gibt an, wie viele Nicht-Infizierte korrekt ein negatives Ergebnis erhalten. Die Sensitivität wiederum gibt den Anteil der mit dem Virus Infizierten an, die tatsächlich korrekt ein positives Testergebnis erhalten.
Auch interessant: Der Unterschied zwischen PCR- und Antigen-Tests
Bei den bisher zugelassenen Selbsttests liegt die Sensitivität liegt laut Herstellerangaben und BfArM-Stichproben bei gut 95 Prozent. Das Problem: Die Tests schlagen am besten bei einer hohen Viruslast an. Infizierte mit geringer Viruslast – etwa zu Beginn oder beim Abklingen der Erkrankung – werden möglicherweise nicht entdeckt.
Gefahr falsch-positiver und -negativer Tests
Geht man davon aus, dass in einer Gruppe von 10.000 Getesteten 1000 tatsächlich das Coronavirus tragen, dann könnten mindestens 50 dieser Infizierten im Selbsttest fälschlicherweise ein negatives Ergebnis bekommen. Sie nähmen an, nicht infiziert zu sein – und stecken so womöglich weitere Menschen an.
Von den 9000 Nicht-Infizierten der Beispielgruppe wiederum erhielten bei einer Spezifität von 98 Prozent rund 180 ein falsches Positiv-Ergebnis. Bis zum Ergebnis des PCR-Tests gehen sie dann davon aus, infiziert zu sein und andere anstecken zu können. Das kann für Frust sorgen.
Inwieweit die angegebenen Prozentzahlen auch unter Realbedingungen zuverlässig sind, lässt sich derzeit kaum absehen. Erst die Erfahrung der kommenden Monate mit Schnelltests wird zeigen, wie groß die Probleme durch falsch-positive und falsch-negative Ergebnisse tatsächlich sind – und auch, wie gut sich mit den Schnelltests die Pandemie in Schach halten lässt.
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Anwendungsbereiche
Kanzlerin Angela Merkel, Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (beide CDU) und die Regierungen in den Bundesländern sehen laborunabhängige Tests als wichtiges Element in ihrer jüngst beschlossenen stufenweisen Strategie, den Lockdown je nach Infektionslage aufzuweichen.
Schnelltests werden bisher schon zum Beispiel vor dem Zutritt in Altenheime gemacht, in Kliniken und nach Infektionsfällen etwa in Schulen. Selbsttests mit negativem Ergebnis könnten mittelfristig etwa für den Besuch im Außenbereich eines Restaurants reichen. Voraussetzung, die regionale Corona-Lage ließe dies zu.
Mit Material von dpa