8. September 2020, 15:14 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Forscher haben einen Corona-Schnelltest entwickelt, dessen Ergebnis in 30 bis 40 Minuten auf dem Smartphone angezeigt wird. Dort, wo kaum oder keine Labore vorhanden sind, könnte der neue Test im Kampf gegen das Coronavirus helfen.
Wissenschaftler haben einen Corona-Schnelltest entwickelt, der das Ergebnis innerhalb von 30 Minuten auf das Smartphone liefert. Dabei ist nicht die Zeit der interessante Aspekt – es gibt bereits Schnelltests, die das Ergebnis in wenigen Minuten liefern. Das Forscherteam um Rashid Bahir von der Universität in Illinois (USA) betont, dass der neu entwickelte Test einen anderen Vorteil bietet: die Mobilität.
In vielen Teilen der Welt hapert es an Fachwissen, Infrastruktur und Labor-Ausrüstung im Kampf gegen das Coronavirus. Der neue, mobile Corona-Schnelltest könnte dort den Zugang zu bezahlbaren Tests erleichtern. Die zeitaufwendige Einsendung der Proben in ein Labor ist dann nicht mehr nötig. Die Auswertung erfolgt auf dem Smartphone. Veröffentlicht haben die Wissenschaftler ihre Studie im Fachjournal „Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America“ (PNAS).
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Wie funktioniert der Corona-Schnelltest mit Smartphone?
Das Testverfahren an sich ist nicht ganz neu. Seit rund 20 Jahren können Wissenschaftler mithilfe des sogenannten LAMP-Verfahrens Tuberkulose, Malaria und HIV nachweisen. Dabei wird eine Probe auf 65 Grad Celsius erhitzt, wodurch vorhandene Viren abgetötet werden. Anschließend brechen die Forscher das Virus auf und identifizieren die genetische Sequenz, in diesem Fall die des Coronavirus SARS-CoV-2.
Um den Analysevorgang zu starten, braucht man kleine Abschnitte von Nukleinsäuren. Diese sogenannten „Primer“ entsprechen den gesuchten DNA-Sequenzen, die das Coronavirus bestimmen. Für einen gewöhnlichen PCR-Test werden zwei Primer verwendet, bei der LAMP-Methode müssen es hingegen bis zu sechs sein. Neben der ungenaueren Treffersicherheit eines Schnelltests sehen Experten darin die größte Einschränkung dieser Art des Testverfahrens.
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Kein Thermocycler erforderlich
Vorteil des mobilen Corona-Schnelltests: Ein sogenannter Thermocycler ist für die Testung nicht mehr erforderlich. Thermocycler stehen quasi in jedem Labor. Diese Geräte sind unerlässlich beim normalen PCR-Testverfahren, bei welchen die Probe viele Test-Runden durchläuft, bis das endgültige Ergebnis steht. Übrigens: Das ist ein Grund, warum herkömmliche Tests so lange dauern. Dabei hält der Thermocycler die Temperatur der Proben pro Test-Durchgang konstant. Währenddessen vervielfältigen sich die untersuchten RNA- und DNA-Bausteine in der Probe und können schließlich ein eindeutiges Ergebnis liefern.
Beim neuen LAMP-Verfahren braucht man anstelle eines – zumeist sehr teuren – Thermocyclers nur handelsübliche Produkte. Diese können mit etwas Geschick umfunktioniert werden. Beispielsweise wird bei der neuen LAMP-Methode eine einfache Farbpatrone eingesetzt. Solch eine Kartusche haben die Forscher zudem selbst hergestellt – mithilfe eines 3D-Druckers. Mit einem Smartphone als optisches Lesegerät konnten Bahir und sein Team anschließend die Proben auswerten.
Und zwar so: Die Probe wird verflüssigt und in die Kartusche gespritzt. Der Anwender legt diese dann in eine tragbare Smartphone-Halterung, die über eine Heizkammer verfügt. Ist eine Temperatur von 65 Grad erreicht, erscheint das Ergebnis nach 30 bis 40 Minuten auf der Halterung. Sendet das Smartphone fluoreszierendes Licht aus, ist das Testergebnis positiv.
Klingt alles furchtbar technisch. Vielleicht hilft zum besseren Verständnis das Video, in dem die Forscher demonstrieren, wie das Testverfahren abläuft.
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Wann lohnt ein Corona-Test und wer bezahlt ihn?
Wo kann der mobile Corona-Schnelltest eingesetzt werden?
Überall dort, wo keine oder kaum Labore verfügbar sind. Oder auch dort, wo diese bereits bis zum Anschlag mit Tests ausgelastet sind. Und schließlich auch da, wo schnell ein Ergebnis vorliegen muss, könnte der neue Corona-Schnelltest mithilfe des Smartphones gute Dienste erweisen: In Schulen, Einrichtungen für ältere Menschen und Menschen mit Behinderung. Aber auch bei Großveranstaltungen im Sport oder in der Kultur könnten die Tests sinnvoll sein. Nicht zu vergessen: Gastronomie, Einzelhandel – und so weiter.