4. Mai 2020, 17:17 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Jeder Bürger, der eine Infektion mit dem Coronavirus hinter sich hat (oder aus anderen Gründen immun gegen den Erreger ist), soll das mit einem entsprechenden Dokument belegen können. So lautet zusammengefasst das Konzept des Immunitätsausweises. Die Idee von Gesundheitsminister Jens Spahn hat scheinbar einige Vorteile, aber es gibt auch ethische und praktische Gründe dagegen.
„Wenn wissenschaftlich bewiesen ist, dass nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 Immunität besteht und man niemanden mehr anstecken kann, lassen sich Schutzmaßnahmen zielgenauer ergreifen. Dafür kann man sich künftig Immunität bescheinigen lassen – analog zum Impfpass.“ So steht es im „Entwurf eines Zweiten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ auf der Website des Bundesministeriums für Gesundheit, der vor wenigen Tagen durch das Kabinett beschlossen wurde.
Der Gesetzesentwurf beinhaltet einige weitere Maßnahmen, die darauf abziehen, Infektionsketten zu durchbrechen. Unter anderem sollen mehr Tests ermöglicht und durchgeführt werden. Außerdem ist die Stärkung des öffentlichen Gesundheitsdiensts sowie eine Erweiterung der Meldepflicht geplant. Am meisten diskutiert wird der Teil mit der Einführung einer Immunitätsbescheinigung.
Wichtig hierbei zu erwähnen ist, dass wissenschaftlich (noch) nicht bestätigt ist, ob Corona-Genesene wirklich immun gegen das Virus sind. Und falls doch, wäre auch unklar, wie lange eine solche Immunität bestünde. Vor Einführung eines solchen Dokumentes müsste dies natürlich abgeklärt sein.
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Vorteil eines „Immunitätsausweises“
Sollte die Immunität wissenschaftlich erwiesen werden, könnten Immune sich und andere nicht mehr mit dem Coronavirus infizieren. Damit wären sie von Unternehmen, Behörden und im Gesundheitsbereich relativ uneingeschränkt einsetzbar. Dies könnte dabei helfen, die Handlungsfähigkeit der Wirtschaft und anderer wichtiger Bereiche der Gesellschaft wiederherzustellen.
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Die Nachteile eines solchen Dokuments
Falls der Immunitätsausweis kommen sollte, wären diejenigen, die einen haben, theoretisch von den vorgegebenen Verhaltensmaßnahmen (Kontakte meiden, Mundschutzpflicht, etc.) befreit. Das könnte dazu führen, dass Personen bewusst eine Ansteckung mit dem Coronavirus in Kauf nehmen, um den Ausweis zu erhalten.
Ein Immunitätsausweis hätte auch eine ethische Komponente: Die Immunen bekämen Vorteile gewährt, die denen ohne Ausweis verwehrt blieben. Man kann also von einer Art Bevorzugung sprechen, welche sich auch auf andere Bereiche des gesellschaftlichen Lebens ausweiten und zu Ausgrenzung führen könnte.
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Was befindet der Ethikrat?
Gesundheitsminister Spahn erntete für seinen Vorschlag einige Kritik, u. a. von anderen Politikern. Sie fürchten eine Spaltung der Gesellschaft und sehen auch ein Problem beim Thema Datenschutz. Zumindest den ethischen Aspekt will er nun offiziell abklären, wie das „Ärzteblatt“ berichtet. Spahn habe sich zu diesem Zweck mit einem Schreiben an den Deutschen Ethikrat gewandt.
Am Donnerstag will der Bundestag über diesen und die weiteren Punkte des neuen Gesetzesentwurfes beraten.