4. März 2021, 12:03 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Der BOLT-Wert soll eine Aussage über die Sauerstoffverwertung im Körper zulassen; und diese hängt von der persönlichen Atemmechanik ab. Was das bedeutet, wie Sie den Test durchführen – und Ihren BOLT-Wert ggf. verbessern können? Alles dazu lesen Sie bei FITBOOK.
BOLT steht für „Body Oxygen Level Test“, grob übersetzt also für die Überprüfung des „Körper-Sauerstoff-Niveaus“. Konkret soll der BOLT-Wert aufzeigen, wie sensibel die Rezeptoren auf den steigenden CO2-Gehalt im Blut reagieren. Keine Sorge, das erklären wir natürlich noch genauer. Der BOLT funktioniert jedenfalls so, dass Sie die Sekunden zwischen Ihrem letzten Ausatmen und dem nächsten Atemreiz zählen.
Wie funktioniert der „Body Oxygen Level Test“?
Um beim BOLT ein zuverlässiges Ergebnis zu erhalten, sollten Sie bereits in den fünf Minuten vorher entspannen. Halten Sie eine Stoppuhr (bzw. ein Smartphone mit Stoppuhr-Funktion) bereit.
• Nun legen Sie sich hin und atmen möglichst bewusst und gleichmäßig. Bereit?
• Einen normalen Atemzug nehmen, ruhig ausatmen – und halten. Nicht erneut einatmen.
• Starten Sie nun die Zeitmessung. Und bleiben Sie ganz ruhig. Sobald Sie ein deutliches Signal wahrnehmen, wieder einatmen zu müssen – stoppen Sie die Zeit. Und natürlich weiteratmen…
Welcher BOLT-Wert ist ideal?
Der BOLT-Wert entspricht der (An-)Zahl an Sekunden zwischen Ihrem letzten Atemzug und dem nächsten eindeutigen Atemreiz. Es geht nicht darum, zu sehen, wie lang man die Luft anhalten kann. Die meisten Menschen erreichen beim Test einen BOLT-Wert um die 20 Sekunden. Dabei gilt ein BOLT-Wert von 40 Sekunden als ideal.
Aber warum soll es überhaupt besser sein, seltener zu atmen? Welchen Sinn macht es, sich mit der Atmung bzw. mit der persönlichen Atemleistung zu befassen?
Was bedeutet überhaupt Atemleistung?
FITBOOK hat über das Thema mit Helena Hefti gesprochen. Sie arbeitet in der Schweiz als Trainerin (u. a. nach der Methode des bekannten niederländischen Extremsportlers Wim Hof), und dabei viel mit Atemtechniken. Um zu verstehen, wie sinnvoll die Ermittlung des BOLT-Werts ist, hat sie uns zunächst an Wesentliches rund um unsere Atmung erinnert.
Was bei der Atmung passiert
Die Atmung ist ein instinktiver Prozess, den der gesunde Mensch in der Regel nicht bewusst steuert. Durch Einatmen führen wir uns Sauerstoff zu, welcher über das „frische“ Blut vom Herzen aus in den gesamten Körper geleitet wird. Sämtliche Zellen, unser gesamter Stoffwechsel ist zur Funktionsfähigkeit auf Sauerstoff angewiesen.
„Ein Irrglaube ist, dass wir einatmen müssen, weil uns Sauerstoff fehle“, erklärt uns die Expertin. Tatsächlich könnten die meisten von uns viel länger aushalten, bis sie ein nächstes Mal Luft holen. Dadurch würde das CO2-Niveau steigen – und in der Folge der aufgenommene Sauerstoff besser genutzt.
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Die wichtige Rolle des „Abfallprodukts“ CO2
Bei der Verwertung von Sauerstoff entsteht CO2, sprich Kohlendioxid. Dieses gilt es zwar, durch ausatmen wieder aus dem Körper zu verabschieden. Um ein reines „Abfallprodukt“ handelt es sich deshalb aber noch lange nicht.
Steigt der CO2-Pegel an, deuten bestimmte Rezeptoren im Gehirn dies als Signal, eine erneute Atemschleife anzustoßen. Gleichzeitig profitiert der Körper von einer CO2-Anreicherung im Blut, da dadurch Sauerstoff besser in die Zellen transportiert wird – und konsequenterweise von einer höheren CO2-Toleranz.
Höhere CO2-Toleranz für verbesserte Sauerstoffverwertung
„CO2-Toleranz bewirkt, dass wir – ohne uns bewusst darauf konzentrieren zu müssen – weniger atmen“, so Hefti. Sie steht somit für unsere Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Atemreiz. Je höher die CO2-Toleranz, desto langsamer geben die Rezeptoren in unserem Hirn den Impuls, wieder einzuatmen. Und langsames Atmen sorgt für ein höheres CO2-Niveau im Blut.
Bildlich gesprochen hat der Sauerstoff, der sich über die roten Blutkörperchen in unserem Körper bewegt, durch eine höhere CO2-Toleranz mehr Gelegenheit, wirklich etwas zu bewirken. Und umgekehrt: Je schneller CO2 und Sauerstoff verstoffwechselt werden, desto ungenutzter.
Folgen von (extrem) hastigem Atmen
Wie kontraproduktiv zu hastiges Atmen ist, veranschaulicht Hefti uns am Beispiel einer Überventilation oder eines Asthmaanfalls. Das typische, sehr hektische Ausatmen durch den Mund führt bei den Betroffenen zu einem erniedrigten CO2-Niveau. Das deutet der Körper im nächsten Schritt so, dass ihm zu wenig Sauerstoff zur Verfügung steht. Mögliche ungesunde Folgen sind Muskelkrämpfe, Schwindel – und: das Gefühl von Atemnot. Dabei findet Atmung statt, allerdings von schwacher Qualität.
Warum wir beim Sport schneller atmen
Dass wir beim Sport schneller atmen, ist ein anderer Fall. Doch auch hier gehe es nicht darum, dass der Körper nach Sauerstoff lechzt. Vielmehr ist durch den Stoffwechsel-Boost auch die CO2-Produktion deutlich erhöht – und dieses CO2 versucht bspw. der Joggende, abzuatmen. Sinnvoller wäre jedoch auch hier eine langsamere Atmung, versichert Hefti.
Probieren Sie es einfach! Schon vor dem Run möglichst bewusst und langsam einatmen, durch die Nase. Auch beim Laufen immer daran denken, die Atemintervalle lang zu halten. Das wird schneller zur Gewohnheit, als Sie denken.
BOLT-Wert (Atemleistung) kann man verbessern
Wem es speziell um seinen BOLT-Wert geht, dem empfiehlt Hefti die Lektüre von „The Oxygen Advantage“ (auf Deutsch: „Erfolgsfaktor Sauerstoff“). Darin erkläre Autor Patrick G McKeown sehr genau, wie man den Körper lehrt, Sauerstoff bestmöglich zu nutzen. Sowohl im Alltag als auch für Bestleistungen beim Sport.
Nasenatmung
„Das ist die Grundprämisse“, so Hefti, auch unabhängig von einem etwaigen Ergebnis beim BOLT-Test: wann immer es geht durch die Nase einzuatmen. Durch die Nase werden Erreger und Fremdkörper gefiltert, die Atemluft angenehm temperiert, und vieles mehr.
Daneben soll Nasenatmung u. a. das zentrale Nervensystem stimulieren, und spielt daher nicht grundlos in verschiedenen Entspannungsdisziplinen eine wichtige Rolle. Etwa beim Yoga. Versuchen Sie aber auch, bei anderen Sportarten an die Nasenatmung zu denken. „Sie hilft automatisch, den BOLT-Wert zu verbessern, da man durch die Nase langsamer atmet“, verspricht die Expertin.
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Höhentraining
Worum es beim Höhentraining geht? Den Sauerstofftransport zu optimieren. Ab ca. 2500 Metern Höhe nimmt aufgrund der Luftdruckveränderung der Sauerstoffpartialdruck im Körper ab, die Sauerstoffkonzentration im Blut reduziert sich. Dadurch werden Anpassungsmechanismen in Gang gesetzt, die das Atmen so effizient wie möglich machen. Davon soll auch die sportliche Leistung im Flachland profitieren, und im Übrigen auch die Atemleistung bzw. der BOLT-Wert.
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Lungentraining kann generell sinnvoll sein
FITBOOK hat auch mit dem deutschen Fitnesscoach Ralf Rotzek gesprochen. Er hält es generell für sinnvoll, seine Lungenfunktion zu stärken – und insbesondere vor dem Hintergrund der Gefahren durch die Coronavirus-Pandemie.
Mit seinen Kunden führt Rotzek verschiedene Übungen zur Verbesserung der Lungenaufnahmekapazität durch. Techniken und Atemübungen, die den Brustkorb weiten. Beispielsweise lasse es sich durch sehr tief Atmen („bis zum Zwerchfell herunter“) trainieren, die Lunge bis zu den letzten Spitzen mit Sauerstoff zu füllen.“ Seine generelle Empfehlung lautet: „Herz-Kreislauf-Training absolvieren, da dadurch automatisch mehr Sauerstoff im Körper zirkuliert.
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Berücksichtigen Sie Ihre Verfassung!
Wichtig ist es aber natürlich immer, das persönliche Fitness- und Gesundheitsniveau zu berücksichtigen. Vorbelastete sollten jegliche Maßnahmen zwecks Lungentraining mit einem Arzt besprechen.