6. September 2022, 4:47 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Die Frage treibt Menschen mit Bluthochdruck und Wissenschaft gleichermaßen um: Sollte man morgens oder abends Blutdrucksenker einnehmen? Eine neue Studie kommt zu überraschenden Ergebnissen.
Wer gesund sein und bleiben möchte, sollte seinen Blutdruck im Blick haben. Ist dieser nämlich zu dauerhaft zu hoch, drohen Schäden an Blutgefäßen und Herz. Um den Blutdruck zu senken, hilft in vielen Fällen ein gesünderer Lebensstil – bspw. Gewichtsreduktion bei Übergewicht, gesunde Ernährung oder Stressreduktion. Bei Bluthochdruck kann aber auch der Einsatz blutdrucksenkenden Medikamenten nötig sein. Betroffene stellen sich dabei häufig die Frage, ob sie diese morgens oder abends einnehmen sollten. Die Wissenschaft gibt widersprüchliche Antworten. Eine neue Studie könnte es allen Betroffenen mit ihren Ergebnissen nun besonders einfach machen.
Inhaltsverzeichnis
Wann spricht man von Bluthochdruck?
Rund 9,4 Millionen Todesfälle sind jährlich auf arterielle Hypertonie, sprich erhöhten Blutdruck, zurückzuführen. Meistens entsteht eine Hypertonie durch das Zusammenwirken von Erbanlagen, Alter, Geschlecht und verschiedenen ungünstigen Ernährungs- und Lebensbedingungen. Dazu zählen Übergewicht, hoher Kochsalz- und Alkoholkonsum, Bewegungsmangel und Stress. Diese Faktoren führen schließlich dazu, dass der Druck innerhalb der Arterien, durch die das Blut im Körper fließt, ansteigt und Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Niereninsuffizienz folgen können. Von Bluthochdruck spricht man, wenn der systolische Wert über 140 liegt und der diastolische über 90 liegt – oder wenn beide Werte erhöht sind.1
Blutdrucksenker morgens oder abends?
Einige Menschen mit Bluthochdruck nehmen deshalb Blutdruck senkende Medikamente ein und fragen sich womöglich, ob sie ihre Blutdrucksenker lieber morgens oder abends einnehmen sollten. So wurde in der Wissenschaft sowohl das eine als auch das andere schon empfohlen. Auch FITBOOK berichtete bereits von einer groß angelegten Studie, die Hinweise darauf lieferte, dass die Einnahme entsprechender Medikamente am Abend eine wirksamere Blutdruckkontrolle in der Nacht ermögliche. Als Grund wurde der zirkadiane Rhythmus‘ genannt. Vorher hieß es wiederum, dass Blutdrucksenker besser morgens eingenommen werden sollten. Am Vormitten wäre die Konzentration der Stresshormone nämlich am höchsten und könne durch Betablockern abgefangen bzw. der Blutdruckanstieg vermieden werden.
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Zeit der Einnahme nicht relevant
Eine neue Studie unterstützt nun weder die eine noch die andere Behauptung. Auf der Jahrestagung der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) in Barcelona präsentierten Forscher nun Ergebnisse, die darauf schließen lassen, dass es für die Herzgesundheit keinen großen Unterschied macht, ob Blutdrucksenker morgens oder abends eingenommen werden.2 Viel wichtiger sei, so die Forscher, dass die Medikamente überhaupt eingenommen werden. Demzufolge empfehlen die Experten, die Uhrzeit danach zu richten, wann man sich am besten an die Einnahme erinnern kann, heißt es in einer Pressemitteilung des ESC.
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21.000 Menschen mit Bluthochdruck
Die Forscher beobachteten mehr als 21.104 Menschen mit Bluthochdruck und ähnlichen körperlichen Ausgangsmerkmalen über einen Zeitraum von fünf Jahren. Das Durchschnittsalter der Teilnehmer betrug 65 Jahre, 58 Prozent waren Männer und 98 Prozent waren Weiße. Die Probanden wurden nach dem Zufallsprinzip angewiesen, ihre Blutdruckmedikamente morgens bzw. abends einzunehmen. Anschließend untersuchten sie, wie häufig Personen der beiden Gruppen jeweils wegen eines Herzinfarkts, Schlaganfalls oder Todesfalls aufgrund einer Herz-Kreislauf-Erkrankung ins Krankenhaus mussten.
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Blutdrucksenker morgens oder abends? Egal
Die Variablen der beiden Gruppen waren zu Beginn der Studie vergleichbar und haben sich auch danach nicht signifikant verändert. Herzinfarkt, Schlaganfall und vaskulärer Tod traten schließlich unabhängig von der Einnahmezeit in ähnlichem Maße auf. So ergab die Studie, dass 3,4 Prozent der Teilnehmer, die ihre Medikamente abends einnahmen, nach fünf Jahren wegen eines Herzinfarkts oder Schlaganfalls ins Krankenhaus eingeliefert wurden oder an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung starben. Im Vergleich dazu waren es 3,7 Prozent bei jenen, die ihre Medikamente morgens einnahmen. Wann genau Patienten ihre Blutdrucksenker nehmen, hatte damit also keinen Einfluss auf Herz-Kreislauf-Komplikationen.
Fazit
Die Forscher nahmen auch Bezug auf die früheren Studienergebnisse, die auf den großen Nutzen der Einnahme von Medikamenten hingewiesen hatten. Für Thomas MacDonald, Professor an der Universität von Dundee in Schottland und einer der Forscher des Projekts, liefern die Studienergebnisse allerdings endgültige Antworten. Schließlich sei diese Studie eine der größten jemals durchgeführten kardiovaskulären Untersuchungen und zeige deutlich, dass es keinen Unterschied mache, ob entsprechende Medikamente morgens oder abends eingenommen würden. Hauptsache die Betroffenen nehmen sie überhaupt ein. Als gesichert gelten die Forschungsergebnisse aber erst, wenn sie von unabhängigen Fachleuten geprüft und in einer Fachzeitschrift publiziert wurden.
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Quellen
- 1. Robert-Koch-Institut. Hypertonie (aufgerufen am 05.09.2022)
- 2. European Society of Cardiology. Pressemitteilung. Evening dosing of blood pressure medication not better than morning dosing. (aufgerufen am 05.09.2022)