24. Juni 2022, 17:42 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Wenn es im Unterbauch sticht, denken viele Menschen zunächst an eine Blinddarmentzündung. In Wahrheit deuten aber meist andere, weniger spezifische Symptome darauf hin. FITBOOK hat einen Experten gefragt, was man alles über die Entzündung wissen muss.
Eine unbehandelte Blinddarmentzündung (Fachbegriff: Appendizitis) kann zu ernsthaften und lebensgefährlichen Komplikationen führen. Im schlimmsten Fall durchbricht der Blinddarm und Fäkalien und Bakterien gelangen in die Bauchhöhle. Was verursacht eine Blinddarmentzündung und bei welchen Symptomen sollte man auf jeden Fall einen Arzt aufsuchen?
Übersicht
Welche Ursachen stecken hinter einer Blinddarmentzündung?
Bei einer Blinddarmentzündung ist nicht der gesamte Blinddarm, sondern sein Anhängsel – der sogenannte Wurmfortsatz (Appendix) – entzündet. Wie Notfall- und Allgemeinmediziner Dr. med. Falk Stirkat im FITBOOK-Interview erklärt, sind die Ursachen für eine Blinddarmentzündung nicht wirklich geklärt. „Man nimmt an, dass Kotklümpchen den Eingang zum Blinddarm versperren und es infolgedessen zu einer relativen Blutunterversorgung kommt, die eine Infektion mit Darmbakterien begünstigt.“ Der Wurmfortsatz kann relativ leicht verstopfen, da er keinen Ausgang hat. Was man früher annahm – dass Kirschkerne oder verschluckte Kaugummis den Eingang zum Blinddarm verstopfen – sei mittlerweile widerlegt.
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Was für Symptome deuten auf eine Blinddarmentzündung hin?
Leider ist auch nicht eindeutig einzugrenzen, wie sich eine Blinddarmentzündung bemerkbar macht. Laut Stirkat ist sie eine der am schwersten zu diagnostizierenden Erkrankungen überhaupt. „Bauchschmerzen an sich sind immer ein sehr diffuses und oft nicht sonderlich gut zuzuordnendes Zeichen.“ Solche, die auf eine Blinddarmentzündung hindeuten können, beginnen meist im Bereich um den Nabel herum und wandern in den linken Unterbauch.
Ein weiterer Hinweis auf eine Blinddarmentzündung sind Schmerzen beim Anheben des Beins, weshalb Patienten beim entsprechenden Verdacht oft hüpfen sollen. Außerdem zählen Fieber, Übelkeit, Appetitlosigkeit und Erbrechen zu den typischen Symptomen. Wenn die Bauchschmerzen von Durchfall begleitet werden, macht das eine Blinddarmentzündung laut Stirkat eher unwahrscheinlich, schließt sie aber dennoch nicht ganz aus.
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Was ist zu tun, wenn plötzlich Symptome auftreten?
Auch wenn die Beschwerden auszuhalten sind – Stirkat rät beim Auftreten der genannten Symptome dringend zur Vorstellung bei einem Arzt. Wird eine Blinddarmentzündung nicht aufgehalten, drohen Eiterablagerungen an verschiedenen Stellen des Bauchraums, die bleibende Entzündungen mit sich bringen können. Dadurch kann die Darmtätigkeit gestört und sogar gelähmt werden. „Der entzündete Darm kann durchbrechen, was zu einer bakteriellen Entzündung des Bauchfells und in der Folge zu einer Blutvergiftung führen kann“, fügt Stirkat hinzu, „schlimmstenfalls mit Todesfolge.“
Generell sollte man akute Bauchschmerzen immer ärztlich abklären lassen, „insbesondere wenn sie nicht mit Durchfall einhergehen“. Laut dem Notfallmediziner könnten sie von möglicherweise noch schwereren Erkrankungen abgelenkt haben.
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Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Die Diagnose Blinddarmentzündung bedeutete früher eines: operieren, und zwar schnell. Wie Stirkat berichtet, hätten Studien inzwischen gezeigt, dass unkomplizierte Blinddarmentzündungen in vielen Fällen auch ohne Eingriff wieder vorübergehen. Manchmal handelt es sich auch nur um eine Blinddarmreizung – in manchen Fällen eine Vorstufe der Blinddarmentzündung, die in der Regel aber ohne Behandlung nach wenigen Tagen überstanden ist.
Vor allem bei Kindern und Jugendlichen versucht man natürlich, eine Operation zu umgehen. Und auch bei Erwachsenen arbeite man – zumindest im sehr akuten Stadium, um die Entzündung im Hinblick auf eine OP zu lindern – mit Antibiotika und Schmerzmitteln. Schlägt die Therapie nicht an, muss man den Wurmfortsatz operativ entfernen.
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Was passiert bei einer Blinddarm-Operation?
Ist es noch nicht zu einem Blinddarmdurchbruch gekommen, entscheiden sich viele Ärzte bevorzugt für eine Bauchspiegelung (Laparoskopie). Diese bringt weniger Wundschmerzen mit sich und hat zudem (bei weiblichen Patienten) den Vorteil, dass man dabei auch den Zustand der Geschlechtsorgane überprüfen kann. Es kann sein, dass etwaige vorhandene bösartige Veränderungen in diesem Bereich von den Symptomen der Blinddarmentzündung verdeckt worden sind. Nach einer Bauchspiegelung darf das Krankenhaus in der Regel nach drei Tagen verlassen werden.
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Nach einem Blinddarmdurchbruch geht es nicht mehr ohne Bauchschnitt. Der Chirurg muss den Bauchraum großzügig öffnen und spülen (zur Beseitigung der Keime), um das entzündete Gewebe zu entfernen. „Glücklicherweise handelt es sich um eine Routine-OP mit sehr geringem Risiko“, beruhigt Stirkat. Mögliche Komplikationen beschränken sich weitestgehend auf die typischen einer Operation (z.B. Wundheilungsstörungen) beziehungsweise einer Narkose. Nach dem Eingriff muss der Patient meist ein paar Tage länger im Krankenhaus bleiben und wird bis zu zwei Wochen krankgeschrieben. Dann ist Schonen angesagt!