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Selbstversuch

FITBOOK-Autorin: „Das hat zwei Wochen lang kalt duschen mit meinem Körper gemacht“

Zwei Wochen kalt duschen – dieser Challenge stellte sich FITBOOK-Autorin Nina Ponath
Zwei Wochen kalt duschen – dieser Challenge stellte sich FITBOOK-Autorin Nina Ponath Foto: Getty Images/Nina Ponath; Collage: FITBOOK
Nina Ponath
Freie Autorin

26. Juni 2024, 16:35 Uhr | Lesezeit: 10 Minuten

Erst der Hype ums Eisbaden, jetzt kalt duschen: Der kalte Schauer soll angeblich das Immunsystem stärken, Kreislauf sowie Stoffwechsel anregen und dabei auch noch Glückshormone freisetzen. FITBOOK-Autorin Nina Ponath sprach mit einem Experten über die Wirkung – und hat es selbst ausprobiert.

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10 Sekunden noch. Ich muss mich bemühen, dass mein Atem nicht stehen bleibt. „Einatmen, ausatmen“, sage ich mir, während der Duschstrahl auf mich herunterprasselt und meine Arme wie wild kribbeln. 50 Sekunden will ich noch, dann habe ich die drei Minuten voll und mein Ziel ist erreicht. Normalerweise habe ich nicht solche Schwierigkeiten damit, lange unter der Dusche zu stehen. Seit zwei Wochen aber dusche ich jeden Morgen kalt. Warum ich das mache, mag sich nun der ein oder andere Warmduscher fragen?

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Warum ich zwei Wochen kalt dusche

Da gibt es mehrere Gründe. Einer davon hat mit Eisbaden zu tun, das ich letztes Jahr erstmalig ausprobierte und von dem schlichtweg begeistert war. Mein ganzer Körper prickelte nach dieser Erfahrung, ich fühlte mich wie neu und auch wenn ich nicht der größte Fan von Fitnesstrackern und Co. bin, zeigte auch meine Apple Watch einen positiven Effekt und bestätigte mir einen ziemlich starken Entspannungseffekt.

Außerdem motiviert mich, was man allgemein über kaltes Duschen sagt: Es soll die Abwehrkräfte stärken, Kreislauf und Stoffwechsel in Schwung bringen, und manche Menschen meinen sogar, dass kaltes Duschen glücklich macht.

Die Vorteile bestätigt mir Kardiologe Dr. Frank-Chris Schoebel, mit dem ich vor Beginn meines Selbstversuchs spreche. Der Mediziner ist ein Fachmann für Herz-Kreislaufmedizin und war über 16 Jahre Mitarbeiter in der Klinik für Kardiologie, Pneumologie und Angiologie am Universitätsklinikum Düsseldorf, sechs davon als Oberarzt. Ihm stelle ich auch noch weitere Fragen zur kalten Dusche.

Kalt duschen – das sagt der Kardiologe

Sind kalte Duschen für jeden ratsam?

„Kalt duschen ist für die meisten Menschen und durch alle Altersgruppen hindurch geeignet. Allerdings gibt es einige Ausnahmen, bei denen Vorsicht geboten ist. Menschen mit bekannter Herzschwäche, koronarer Herzkrankheit oder höhergradigen Herzklappenerkrankungen sollten vor dem Duschen Rücksprache mit ihrem Arzt halten, da die Kälteexposition eine Belastung für das Herz-Kreislauf-System darstellen kann.“

Wie lange sollte man kalt duschen?

„Beginnen Sie am besten mit fünf bis zehn Sekunden und steigern Sie die Dauer schrittweise bis zu 30 bis 90 Sekunden. Drehen Sie die Dusche von Warm auf Kalt, wobei die Wassertemperatur, die aus dem Duschkopf kommt, in der Regel etwa 12,5 Grad Celsius beträgt. Achten Sie darauf, den gesamten Körper, insbesondere den Dekolleté-Bereich und den Hals, der Kälte auszusetzen, um das braune Fettgewebe zu aktivieren.“

Kaltes Duschen hält gesund

„Der Hauptgrund, warum Sie kalt duschen sollten, ist die Steigerung Ihrer Widerstandsfähigkeit gegen Kälte. Studien zeigen, dass regelmäßiges kaltes Duschen die Fähigkeit des Körpers, mit Kälte umzugehen, deutlich verbessert. Dies kann Ihnen im Alltag und bei Outdoor-Aktivitäten zugutekommen. Darüber hinaus belegen wissenschaftliche Untersuchungen, dass die kalte Dusche die Anfälligkeit für Erkältungskrankheiten reduziert.1 Die Kälteexposition stärkt das Immunsystem und regt die Produktion von Antikörpern an.“

Kaltes Duschen regt den Stoffwechsel an

„Erfahrungen zeigen, dass die Körpertemperatur nach dem kalten Duschen um 0,5 bis 1,0 Grad Celsius ansteigt, was den Energieumsatz und die Fettverbrennung fördert“, so der Mediziner, „darüber hinaus wird durch die Aktivierung des braunen Fettgewebes, insbesondere im Dekolleté-Bereich und am Hals, der Fettstoffwechsel weiter angekurbelt.“

Kaltes Duschen macht glücklich

„Kaltes Duschen führt zur Ausschüttung von Neurotransmittern wie Noradrenalin und Endorphinen, die sich positiv auf die Psyche auswirken.“ Viele Menschen berichten über ein gesteigertes Wohlbefinden und eine Verbesserung der Laune nach der kalten Dusche. „Nicht zuletzt kann eine kalte Dusche auch Ihr Selbstwertgefühl stärken“, sagt Dr. Schoebel. „Die Überwindung der Kälteexposition und das Durchhalten der Prozedur können ein Gefühl der Selbstbeherrschung und Leistungsfähigkeit vermitteln.“

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Zwei Wochen kalt duschen – mein Selbstversuch

In der Wirksamkeit durch den Experten bestätigt, wollte ich es nun selbst ausprobieren. Um wirklich einen guten Eindruck zu gewinnen, was so kalte Schauer mit dem Körper machen, reicht ein einmaliger Versucht natürlich nicht aus. Ich beschließe daher, es direkt zwei Wochen lang zu testen. Wie schwer kann das schon sein, sich kurz der Kälte auszusetzen, denke ich zunächst noch wagemutig. Aber da wurde ich dann doch eines besseren belehrt.

Meine erste kalte Dusche

Denn meine erste kalte Dusche ist tatsächlich ein ziemlicher Schreck. Sie findet morgens nach dem Joggen statt, was wahrscheinlich meine Rettung ist: So ist mir nicht ganz so kalt. Vorher habe ich bereits eine Weile warm geduscht, sodass ich gut aufgeheizt bin. Trotzdem komme ich nicht dagegen an, dass meine Atmung unweigerlich hektischer wird. Ich versuche mich mit meinem inneren Mantra „Du schaffst das“, zu animieren, aber so recht will mir das nicht gelingen. Mein Blick klebt die ganze Zeit über gebannt auf dem Timer meiner Uhr, den ich auf 30 Sekunden eingestellt habe. Nach haargenau 30 Sekunden – nicht eine Millisekunde länger – steige ich aus der Dusche. Geschafft. Reicht jetzt auch.

Dr. Schoebel hat gesagt, gerade am Anfang habe er sich nach der kalten Dusche gefühlt wie „Supermann“. Ich verstehe, was er meint. Ich habe direkt das Gefühl, etwas für mich getan und etwas Großes geschafft zu haben. Das fühlt sich unglaublich gut an.

30 Sekunden unter der kalten Brause – Strategien zur Ablenkung helfen

Die nächsten zwei Tage dusche ich erneut 30 Sekunden kalt und komme damit schon ein bisschen besser zurecht. Mitverantwortlich dafür ist mein Ablenkungsprogramm während der kalten Dusche: Breath Work und noch viel besser: singen! Bei den Atemübungen probiere ich es zuerst mit Nadi Shodana, einer Atmung, die ich aus dem Yoga kenne und die auf mich unglaublich beruhigend wirkt. Weil es aber schwierig ist, sich unter der Dusche abwechselnd die Nasenlöcher zuzuhalten und konzentriert zu zählen gehe ich zu meiner Lieblings-Ablenkung und Gute-Laune-Garant über: singen! Mit Taylor-Swift-Ohrwürmern vergeht die Zeit wie im Fluge und ich fühle mich gewappnet für die nächste Steigerung.

Tag 4 – ich halte schon eine Minute lang durch

Eigentlich wollte ich mich erst auf 45 Sekunden kalt duschen steigern, aber am Tag 4 genieße ich den kalten Schauer bereits so sehr, dass ich mich auf eine Minute steigere. Jetzt zeigt sich auch der erste Effekt: Bei 30 Sekunden Duschzeit war der kalte Film schnell wieder von der Haut gewischt, und ich fühlte mich nur kurzzeitig runtergekühlt. Nach meiner ersten einminütigen kalten Dusche fühle ich mich tatsächlich ein wenig „high“. Meine Haut kribbelt, ich habe die innere Stimme, die anfangs darum fleht, die Dusche wieder heiß aufzudrehen, ignoriert und fühle mich unglaublich selbstwirksam.

Tag 10 – diese Effekte stelle ich fest

Dieser Effekt steigert sich, je länger ich unter der Dusche stehe. Nach zehn Tagen schaffe ich es, zwei Minuten kalt zu duschen. Die Zeit unter der Dusche fällt mir gar nicht mehr so schwer. Ich schließe dabei die Augen und träume mich kurz weg – meine eigene Art der Mediation, bevor der Tag so richtig beginnt.

Tag 12 – drei Minuen kalt duschen bleibt herausfordernd

An Tag 12 ist es dann so weit: Ich stehe ganze drei Minuten unter der kalten Dusche. Während der kalte Strahl auf meine Haut niederprasselt, atme ich ganz ruhig – das habe ich in den letzten Tagen ja schon üben können. Die erste Minute ist die schwierigste und ich komme gedanklich immer wieder zur Frage, wie lange ich hier wohl noch bleiben muss. Nach diesen 60 Sekunden ist es dann geschafft und mein Körper und mein Geist haben sich dem kalten Schauer ergeben.

So wirken drei Minuten Kälte auf meinen Körper

Was jetzt kommt, gleicht dem Gefühl beim Sport: Ich fühle mich gut, lebendig und habe das Gefühl, es hier noch stundenlang aushalten zu können. Meine Beine und meine Arme stört die Kälte überhaupt nicht mehr, einzig mein Schlüsselbein meldet sich zur Beschwerde und wird merkwürdig steif. Egal, die paar Sekunden schaffe ich auch noch. Nach drei Minuten steige ich happy und zufrieden aus der Dusche.

Schon während ich mich abtrockne, heize ich innerlich wieder auf und der norddeutsche Regen vor dem Fenster stört mich nicht groß. Ich habe eben drei Minuten eiskalt geduscht. Was soll mir das Wetter da noch anhaben?

Auf Dauer besser nicht täglich kalt duschen

Übrigens: Täglich kalt zu duschen, ist ein wenig ambitioniert und muss gar nicht sein, wie mir Dr. Schoebel verrät: „Beim täglichen kalten Duschen kann sich ein Gewöhnungseffekt einstellen. Der Körper ist dann irgendwann nicht mehr so geschockt.“ Eine Sache sollten wir laut dem Experten außerdem beachten: An Tagen, an denen wir Muskelaufbautraining machen, sollten wir nach dem Training auf die kalte Dusche verzichten, weil die Kälte sonst den notwendigen entzündlichen Prozess beim Muskelaufbau ungewollt unterbricht. Alles klar. Was aber, wenn man sich so gar nicht zum kalt duschen überwinden mag? In dem Fall weiß Coachin und Heilpraktikerin für Psychotherapie, Ellen Lutum, einen Rat.

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Was, wenn ich mich einfach nicht überwinden kann? Das sagt Motivations-Coachin Ellen Lutum

„Ich bin ein totaler Fan von saunieren und anschließendem kaltem Duschen“, sagt Krankenschwester, Heilpraktikerin für Psychotherapie, und Coachin Ellen Lutum: „Manchmal habe ich aber trotzdem keine Lust. Dann denke ich an meine Oma, die immer gesagt hat: ‚Na, dann machst du es halt ohne Lust.‘ Wenn das nicht hilft, versuche ich, das Gefühl danach zu visualisieren und mich so richtig reinzufühlen.“ So schön es jedoch ist, sich selbst auszutricksen, ist die Coachin jedoch auch sehr dafür, sich selbst liebevoll und mit Nachsicht zu behandeln: „Viel wichtiger als Motivation ist aber die Intuition: Wenn ich absolut keine Lust habe, will der Körper mir ja vielleicht damit etwas sagen.“

Nina Ponath
Freie Autorin

Meine Erfahrung mit der kalten Dusche

Kalt zu duschen, bedarf einiges an Überwindung. Gerade zu Beginn fiel es schwer, die Temperatur auf kalt zu drehen und die angepeilte Zeit durchzuhalten. Was dabei helfen kann, ist der motivierende Gedanke an das Gefühl danach, denn ganz ehrlich: kalt geduscht zu haben, fühlt sich einfach gut an! Der ganze Körper ist danach wach und heizt ordentlich nach, die Sinne sind scharf und auch der Psyche gibt so viel Selbstwirksamkeit einen ordentlichen Kick. Damit das Duschen keine Qual ist, sollte der Körper schonend darauf vorbereitet werden. Lieber vorsichtig starten und dann steigern, statt sich gleich zu Beginn zu viel abzuverlangen. Nicht kalt duschen sollte man bei akuten Erkrankungen, einschließlich Erkältungskrankheiten, da die Kreislaufreaktion in diesem Fall schwer zu kalkulieren ist.

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Quellen

  1. Buijze, G.A., Sierevelt, I.N., van der Heijden, B.C., et al. (2016). The Effect of Cold Showering on Health and Work: A Randomized Controlled Trial. PLoS One. ↩︎
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