10. Februar 2025, 17:39 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Bisherige Studien zeigen, dass ein niedrigerer Intelligenztestwert (ITS) tendenziell mit einem höheren Body-Mass-Index (BMI) und einem erhöhten Risiko für Übergewicht zusammenhängt. Doch mit der weltweit zunehmenden Adipositas stellt sich die Frage: Hat sich dieser Zusammenhang über die Jahrzehnte verändert? Das untersuchte eine neue dänische Studie.
Die Adipositas-Rate ist in den vergangenen Jahren weltweit gestiegen.1 Gleichzeitig gibt es seit Langem Hinweise darauf, dass Menschen mit niedrigeren Intelligenztestwerten häufiger adipös sind.2 Frühere Untersuchungen aus Dänemark deuteten darauf hin, dass der Zusammenhang zwischen Übergewicht und Intelligenz in der Vergangenheit möglicherweise stärker war als heute und mit steigenden Adipositas-Raten abgeschwächt wurde.
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Übersicht
Frühere Erkenntnisse
Frühere Untersuchungen mit dänischen wehrpflichtigen Männern zeigten eine inverse, also umgekehrte, Beziehung zwischen Intelligenz und BMI: Die Intelligenzwerte erreichten ihr Maximum bei einem BMI von etwa 20 und nahmen mit höheren BMI-Werten ab.3 Nun stellten sich die Wissenschaftler aber die Frage, ob sich dieses Muster in späteren Kohorten verändert hat – insbesondere im Kontext der steigenden Adipositas-Raten. Man ging davon aus, dass sich der Zusammenhang zwischen niedriger Intelligenz und höherem BMI möglicherweise abgeschwächt haben könnte, da Adipositas heute weit verbreiteter ist als früher.
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Tests mit wehrpflichtigen Männern
Die Studie untersuchte, ob sich der Zusammenhang zwischen Intelligenz und Übergewicht über die Jahrzehnte hinweg verändert hat. Dafür wertete man Daten von insgesamt 419.319 jungen Männern aus, die in Dänemark zwischen 1939 und 1959 bzw. zwischen 1983 und 2001 geboren wurden – so ergab sich eine frühere Kohorte aus der dänischen Wehrpflichtdatenbank und eine spätere Kohorte aus dem dänischen Wehrpflichtregister.
Alle Teilnehmer durchliefen im Rahmen der Musterung für den Militärdienst im Alter von etwa 18 bis 27 Jahren eine standardisierte Untersuchung, bei der man unter anderem Größe, Gewicht und Intelligenz testete. Der Intelligenztest namens „Børge Priens Prøve“ war in beiden Kohorten derselbe und umfasste vier Untertests:
- Buchstabenmatrizen
- Verbale Analogien
- Zahlenreihen
- Geometrische Figuren
Höherer BMI und niedriger Intelligenzwert stehen im Zusammenhang
Die Forscher beobachteten einen Anstieg des BMI zwischen der früheren und der späteren Kohorte: Bei der ersten Gruppe lag der durchschnittliche Wert bei 21,7, bei der zweiten dagegen bei 23,5. Und auch die Adipositas-Rate nahm drastisch zu: In der frühen Kohorte waren 0,8 Prozent adipös, in der späten Kohorte lag die Quote bei 6,7 Prozent. Die Prävalenz von Übergewicht (einschließlich Adipositas) stieg von 7,9 Prozent auf 21,3 Prozent.
Trotz dieser Veränderungen blieb der Zusammenhang zwischen Intelligenz und BMI in beiden Kohorten stabil. Menschen mit niedrigeren Intelligenzwerten hatten in beiden Gruppen ein höheres Risiko für Adipositas und Übergewicht – unabhängig davon, wann sie geboren wurden. Der Intelligenztestwert zeigte weiterhin eine inverse Beziehung zum BMI: Er erreichte sein Maximum bei einem BMI von etwa 20 und sank mit zunehmendem BMI. In der späten Kohorte war dieser Rückgang jedoch etwas weniger drastisch als in der frühen Kohorte.
Welche Bedeutung haben die Ergebnisse?
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass der Zusammenhang zwischen Intelligenz und BMI trotz des drastischen Anstiegs der Adipositas-Rate über die Jahrzehnte hinweg konstant geblieben ist. Das bedeutet, dass der Anstieg von Übergewicht und Adipositas nicht dazu geführt hat, dass Menschen mit höherer Intelligenz stärker von Adipositas betroffen sind.
Auch dass diese Beziehung bei beiden Kohorten auftritt, spricht für grundlegende biologische oder verhaltensbezogene Mechanismen, die diesen Zusammenhang über Jahrzehnte hinweg stabil halten. Die Ergebnisse legen nahe, dass es Faktoren gibt, die sowohl Intelligenz als auch BMI beeinflussen, möglicherweise über genetische, soziale oder bildungsbezogene Mechanismen.
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Einordnung der Studie
Die Studie zeichnet sich durch ihre große Stichprobengröße aus. Durch die Verwendung derselben Testverfahren und standardisierten BMI-Messungen in beiden Kohorten können die Ergebnisse als weitgehend zuverlässig angesehen werden.
Dennoch gibt es einige Einschränkungen: Die Studie umfasst bspw. ausschließlich Männer, sodass die Ergebnisse nicht auf Frauen übertragbar sind. Und auch, dass die Probanden nur aus Dänemark stammen, stellt nicht sicher, dass die Ergebnisse auch auf andere Bevölkerungsgruppen zutreffen würden. Außerdem berücksichtigte man Personen mit bestimmten Erkrankungen nicht, die vom Wehrdienst ausgeschlossen wurden. Dies könnte insbesondere in der späten Kohorte zu Verzerrungen geführt haben. Des Weiteren liefert diese Studie keine Beweise für einen kausalen Zusammenhang zwischen der BMI und Intelligenz.