11. November 2024, 13:00 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Im Jahr 2022 zählte man fast 75.000 Prostatakrebs-Neuerkrankungen und 15.000 durch die Krankheit bedingte Todesfälle. Damit gehört dieser bösartige Tumor zu der häufigsten Krebsart bei Männern. Eine neue Studie zeigt nun, dass die hohen Zahlen der Neuerkrankungen im Zusammenhang mit der Verwendung von Pestiziden stehen könnten. FITBOOK-Redakteurin Janine Riedle geht auf die Ergebnisse ein.
Dass die Ernährung einen Einfluss auf das Risiko für Prostatakrebs haben kann, zeigte bereits eine Studie aus dem Jahr 2021. So gab es einen Zusammenhang zwischen Lebensmitteln mit dem Metaboliten Phenylalanin, der z. B. in Milchprodukten, Fleisch und Geflügel enthalten ist, und der Entstehung der Erkrankung. Auch das hauptsächlich in tierischen Produkten enthaltene Cholin sowie Betain, das bspw. in Schalentieren, Weizen, Spinat und Rüben vorkommt, können das Risiko für Prostatakrebs erhöhen. Neue Untersuchungen konzentrierten sich nun weniger auf die in Lebensmitteln enthaltenen Stoffe, sondern auf die Pestizide, mit denen die Produkte häufig belastet sind – und konnten auch diese mit Prostatakrebs in Verbindung bringen.
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Übersicht
Auswahl der Pestizide
Um die weitverbreiteten Pestizide ausfindig zu machen, verwendeten die Forscher der Stanford University die jährlichen Gesamtnutzungsdaten für alle gemeldeten und auf landwirtschaftliche Nutzpflanzen angewendeten Pestizide in den Vereinigten Staaten.1 Auch Informationen der Weltgesundheitsorganisation (WHO), US Geological Survey und Office of Pesticide Program der US-Umweltschutzbehörde (EPA) wurden für die Studie verwendet. Anhand dessen legte man zwei verschiedene Expositionszeiträume fest. Anschließend legte man zwei Verzögerungszeiträume fest, um mögliche Folgeerkrankungen in Form von Prostatakrebs durch die Pestizideinsätze zu untersuchen. Somit ergaben sich folgende Zeitspannen:
- Expositionszeitraum 1: 1997 bis 2001
- Verzögerungszeitraum: 2011 bis 2015
- Expositionszeitraum 2: 2002 bis 2006
- Verzögerungszeitraum: 2016 bis 2020
Die Wissenschaftler konzentrierten sich auf diejenigen Pestizide, die in mehr als 35 Landkreisen der USA vorkamen. Von jedem einzelnen Pestizid berechnete man außerdem die Hauptbelastungen als kumulative 5-Jahres-Belastung. Im Anschluss kategorisierte man die Pestizide wie folgt:
- Nach den Schädlingen, auf die sie abzielen
- Nach den häufigsten Pflanzengruppen, auf die sie angewendet werden
- Nach ihrer chemischen Familie
- Nach ihrer Wirkungsweise
22 Pestizide im Zusammenhang mit Prostatakrebs
Mit diesem Verfahren kamen die Forscher auf insgesamt 295 Pestizide, die sich für die Studie eigneten. Diese setzte man anhand verschiedener wissenschaftlicher, statistischer Analysen in Relation mit den Prostatakrebs-Fällen, die in den jeweiligen Regionen auftraten.
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Unter den fast 300 Pestiziden befanden sich 22, die direkte Assoziationen mit Prostatakrebs aufwiesen. Darunter auch das sogenannte 2,4-D, das in den USA am häufigsten Verwendung findet. In Deutschland ist dieses Herbizid häufig in Rasendüngern und Unkrautvernichtern enthalten. Es wird oftmals gegen zweikeimblättrige Pflanzen im Getreide, auf Grünland, Obstplantagen und Rasen eingesetzt.2 Zu den weiteren Pestiziden, die mit einem erhöhten Risiko für Prostatakrebs in Verbindung stehen, gehörten weitere Herbizide, Fungizide und Insektizide sowie ein Bodenbegasungsmittel.
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Einordnung der Studie
„Diese Forschung zeigt, wie wichtig es ist, Umwelteinflüsse wie den Einsatz von Pestiziden zu untersuchen, um möglicherweise einige der geografischen Unterschiede zu erklären, die wir bei der Häufigkeit und den Todesfällen durch Prostatakrebs in den Vereinigten Staaten beobachten“, erklärt Hauptautor Simon John Christoph Soerensen von der Stanford University School of Medicine in einer Pressemitteilung.3 „Auf diesen Erkenntnissen aufbauend können wir unsere Bemühungen vorantreiben, Risikofaktoren für Prostatakrebs zu ermitteln und darauf hinarbeiten, die Zahl der von dieser Krankheit betroffenen Männer zu verringern.“
Da die Studie aber lediglich auf Daten beruhen, die aus den USA stammen, ist nicht gewährleistet, dass die Ergebnisse auch auf andere Länder zutreffen könnten – demnach zeigen die Untersuchungen nur einen kleinen Ausschnitt davon, wie groß der Einfluss von Pestiziden auf das Risiko für Prostatakrebs sein könnte. Des Weiteren geht die Studie nur auf den Zusammenhang ein, nicht aber auf dahinter steckende Kausalitäten. Auch die Frage, welche Mechanismen diesem zugrunde liegen könnten, bleibt ungeklärt.4